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Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)

Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition)

Titel: Samurai 2: Der Weg des Schwertes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Bradford
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ließen Angst und Verwirrung dich zögern. Du musst lernen, dem Tod ins Auge zu blicken und trotzdem sofort zu handeln. Ohne Angst, Verwirrung, Zögern und Zweifel.«
    »Aber woher sollte ich wissen, dass Sie mich angreifen würden? Ich habe mich auf die Übung mit Tadashi konzentriert.«
    »Mushin«, sagte Sensei Hosokawa.
    »Mushin?«
    »Mushin ist der geistige Zustand der Bewusstseinslosigkeit.«
    Sensei Hosokawa begann auf und ab zu gehen wie immer, wenn er zu einer längeren Erklärung ansetzte. »Wenn ein Samurai seinem Gegner gegenübersteht, darf er nicht an den Gegner denken, nicht an sich selbst oder an die Bewegungen des gegnerischen Schwertes. Ein Samurai, der mushin besitzt, überlegt nicht, was der nächste Zug seines Gegners sein könnte, sondern handelt intuitiv. Mushin ist das spontane Begreifen einer Situation im Augenblick ihrer Entstehung.«
    »Aber woher weiß ich, was in einem Kampf passieren wird? Müssen Samurai in die Zukunft sehen können?«
    Sensei Hosokawa gluckste belustigt.
    »Nein, Jack-kun, obwohl es manchmal den Anschein hat, als könnten sie das. Dein Bewusstsein muss nur wie Wasser sein und jede Möglichkeit umspielen. Der ideale Geisteszustand des Kriegers im Kampf ist es, nichts zu erwarten, aber auf alles gefasst zu sein.«
    »Und wie erwerbe ich mushin ?«
    »Du musst die Bewegungsabfolgen des Schwertkampfes viele Tausend Mal üben, bis du sie instinktiv, ohne darüber nachzudenken und ohne zu zögern, ausführen kannst. Bis dein Schwert ›kein Schwert‹ wird.«
    Jack warf Tadashi einen verstohlenen Blick zu, der stumm neben ihnen stand und aufmerksam zuhörte. Ob Tadashi das verstanden hatte?
    »Das begreife ich nicht«, sagte Jack und hoffte, nicht als Dummkopf dazustehen. »Wie kann mein Schwert zu ›keinem Schwert‹ werden? Wie kann es auf einmal nicht mehr da sein?«
    »Dein Ziel ist es, mit dem Schwert eins zu werden.«
    Sensei Hosokawa zog sein Schwert und hielt es hoch.
    »Wenn es das Schwert nur noch in deinem Herzen und deinem Unterbewusstsein gibt«, sagte er und hielt die Spitze der Klinge genau an die Stelle von Jacks Brust, unter der
sein Herz schlug, »dann wird es zu ›keinem Schwert‹. Dann schlägt nicht Jack zu, sondern das Schwert in der Hand deines Unterbewusstseins.«
    Jack verstand nur wenig von den Worten des Lehrers. Er spürte einerseits, dass der Schwertmeister etwas sehr Wichtiges sagte, etwas, was er für sein Fortkommen unbedingt brauchte. Zugleich war er verwirrt. Wenn er es verdiente, zum Kreis der Drei zu gehören und die Vorstellung von ›keinem Schwert‹ so wichtig war, warum ließ der Sensei ihn dann nicht mit einem echten Schwert üben?
    »Aber mit Verlaub, wie soll mir das gelingen, wenn Sie mich nicht mit meinem richtigen Schwert üben lassen?«
    Sensei Hosokawas Gesicht erstarrte zu Stein. »Wenn du zu verstehen beginnst, was mushin bedeutet, darfst du mit einem echten Schwert üben.«
    Ein Hoffnungsschimmer tat sich auf und Jack hakte sofort nach. »Wie lange dauert es, bis ich mushin beherrsche?«
    »Fünf Jahre«, antwortete Sensei Hosokawa.
    »Fünf Jahre!«, wiederholte Jack verzweifelt. »So lange kann ich nicht warten. Und wenn ich mich ganz besonders anstrenge?«
    »Dann brauchst du zehn Jahre.«
    »Und wenn ich meine ganze Zeit nur darauf verwende?«, fragte Jack verwirrt.
    »Zwanzig Jahre.«

34
Ganjitsu
    Wieder erfüllte die gewaltige Tempelglocke, die so groß war wie ein Findling, die Nacht mit ihrem Dröhnen. Sie hatte soeben zum hundertachten Mal geschlagen. Gekräuselter Rauch stieg auf und überall in der Buddha-Halle brannten flackernd Kerzen wie Sterne am Nachthimmel.
    Schweigend warteten Jack und die anderen Schüler darauf, dass der lange hölzerne Hammer zur Ruhe kam.
    »Viel Glück für das neue Jahr!«, rief Masamoto.
    Gekleidet in seinen feuerroten Festtagskimono mit dem Phönixwappen stand er vor einer großen, bronzenen Buddha-Statue.
    Die Niten Ichi Ry ū feierte ganjitsu , den Neujahrstag. In Japan wurde Neujahr nicht wie in den meisten westlichen Ländern am ersten Januar, sondern nach dem chinesischen Kalender einige Wochen später in Erwartung des Frühlings gefeiert.
    Sensei Yamada hatte die Ehre gehabt, die Tempelglocke um Mitternacht das letzte Mal zu läuten. Jetzt kniete er vor dem Buddha-Schrein, um die Schule zu segnen.
    Die Schüler waren mit ihren besten Kimonos angetan und knieten in einer langen Reihe, die sich wie ein farbenprächtig funkelnder Drache durch die Halle wand. Jack trug den

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