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San Miguel: Roman (German Edition)

San Miguel: Roman (German Edition)

Titel: San Miguel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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meine ich.«
    Die Lösung – oder wenigstens der Ansatz zu einer Lösung – kam in Form eines Geschenks von Ed Vail. Er war eines Abends mit zum Haus gekommen, nachdem er Herbie geholfen hatte, Lebensmittel von der Vaquero zu entladen, und irgendwie – vielleicht, weil sie es gar nicht aus dem Kopf bekommen konnte – bewegte sich die Unterhaltung von Wind, Wetter und gemeinsamen Bekannten zu dem beunruhigenden Brief der Schulbehörde. »Ihr braucht ein Schulhaus«, sagte Ed und sah von den Lammkoteletts auf, über die er sich immer besonders freute, wenn er zum Abendessen bei ihnen blieb, weil Rindfleisch ihm, wie er sagte, »bis hier« stand. Er hielt kurz inne, griff dann zu Messer und Gabel und begann zu schneiden. »Ich hab genau das, was ihr braucht.«
    Als die Vaquero das nächstemal kam, stand ein hellgestrichenes Gebäude auf dem Vordeck. Aus der Ferne sah es aus wie ein zweites Ruderhaus, aber das war unmöglich – immerhin war die Vaquero ein Viehtransporter, und das Deck wurde für Rinder und Schafe gebraucht. Als das Schiff näher kam, sah sie, was dort stand: ein Spielhaus aus Holz, weißlackiert, mit himmelblauen Fensterrahmen und einer nur eineinhalb Meter hohen Tür. Das Ganze war nicht viel größer als der Werkzeugschuppen, und es musste teils demontiert werden, damit es vom Schiff an Land und den Hügel hinauf zur Ranch gebracht werden konnte, aber sie war begeistert. Ed hatte es für seine eigenen Kinder gebaut, die inzwischen erwachsen waren. Es war ein richtiges kleines Haus mit einem spitzen, robusten Dach und Fenstern genau in der Mitte einer jeden Wand. Herbie stellte es auf dem Hof auf, neben dem Fahnenmast, an dem er, als das Schulhaus schließlich stand, feierlich die amerikanische Fahne hisste. Dann ging er zur Scheune und kehrte mit Buck und dem Schlitten und der dreihundertfünfzig Pfund schweren Schiffsglocke zurück, die er im Jahr zuvor mitsamt ihrem Gestell am Strand ausgegraben hatte.
    Die Mädchen, die in das neue Schulhaus hinein- und wieder herausstürmten, als hätten sie Ferien (was ja auch stimmte, jedenfalls vorerst: Sie würde Pulte, Karten, einen Globus und eine Wandtafel besorgen müssen, um dieses Haus in ein echtes Schulhaus zu verwandeln), blieben wie angewurzelt stehen, als Herbie das Pferd durch das Tor führte. »Wofür ist das?« fragte Marianne und zeigte auf die Glocke, und Herbie, der vor Anstrengung schwitzte, obgleich es ein windiger, bedeckter Tag war, tat, als wüsste er nicht, wovon sie redete.
    »Was meinst du?«
    »Das da«, sagte sie und berührte zögernd mit dem Finger das schimmernde Messing, während ihre Schwester sich zurückhielt, als könnte das Ding jeden Augenblick zum Leben erwachen.
    »Ach, das?« sagte Herbie, als hätte er die Glocke auf dem Schlitten gerade erst entdeckt. »Das ist unsere Schulglocke. Und weißt du auch, wofür eine Schulglocke da ist?«
    »Nein.«
    »Damit du nie eine Entschuldigung hast, wenn du zu spät kommst. Und deine Schwester auch nicht.«
    Von da an gab es regelmäßigen Schulunterricht, von acht bis zwölf und von eins bis vier, mit einer Stunde Mittagspause, und sie hielten sich an den Lehrplan und die Bücher, die die Schulbehörden ihnen schickte. Und am Ende eines jeden Halbjahrs prüfte Elise ihre Schülerinnen und übermittelte die Ergebnisse nach Santa Barbara. Sie war zwar keine Lehrerin, doch angesichts der besonderen Umstände verzichtete die Schulbehörde auf den Nachweis dieser Qualifikation, und so bekam die San Miguel Island School (Schülerzahl: 2 ) die behördliche Genehmigung.
    Das größte Problem? Keines der Mädchen wusste irgend etwas über die Welt dort draußen, und darum unterbrachen sie das Lesen immer mit Fragen nach Dingen, die jedes andere Kind gekannt hätte. (»Mutter, was ist eine Münze? Was ist ein Auto? Was ist ein Schwein? So eine Art Schaf?«) In der Enzyklopädie waren natürlich Abbildungen, und dann gab es noch die Bilder, die sie aus Zeitschriften ausschnitt und mit Reißnägeln an den Wänden befestigte, aber das war nicht annähernd so gut wie eigene Anschauung und eigenes Erleben – die beiden hatten noch nie einen Baum gesehen; Marianne vielleicht, aber sie war zu klein gewesen, um sich daran zu erinnern –, und so sagte sie Herbie im nächsten Sommer, am Ende des Schuljahrs, er solle Bob Brooks und Jimmie bitten, nach der Abfahrt der Scherer noch ein paar Tage zu bleiben, damit sie mit den Mädchen nach Santa Barbara fahren könnten. Urlaub. Sommerferien. Sie

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