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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gedreht halten, weil er sonst mit seinen breiten Schultern nicht ganz durch die schmalen Gänge der Katakombe gekommen wäre.
    Die Seraphim hatten ganze Arbeit geleistet und waren sogar einen Schritt weitergegangen, als es ihnen aufgetragen war. Sie waren nach langer Ereignislosigkeit rund um Florences altes Gefängnis kurzerhand in die jüdische Begräbnisstätte eingebrochen; dabei hatten sie den Gang auf eigene Faust erkundet und eine Entdeckung gemacht.
    Es war eine einfältige Eingebung gewesen, seine Muskete mitzunehmen; ständig verkantete und verhakte sie sich in den schmalen Gängen. In die Hand nehmen wollte er sie aber auch nicht, falls er ins Stolpern geriet und sich rasch abstützen musste.
    »Bist du sicher?«, vergewisserte er sich vorsichtshalber.
    »Ja, Monsieur. Wir haben so etwas wie einen zweiten Unterschlupf in einer Krypta gefunden. Die Spuren auf dem Boden sind frisch, was heißt, dass vor kurzem jemand vorbeigekommen ist.« Sie bog nach rechts in einen Seitengang.
    »Sagte ich nicht, dass ihr den Eingang beobachten sollt?«, meinte er gespielt vorwurfsvoll. »Das hier sieht mir aber mehr danach aus, als hättet ihr eine Expedition unternommen.«
    Sarai lachte leise. »Nein, Monsieur. Aber wir sahen eine Bewegung hinter der Tür und mussten wohl oder übel in die Unterwelt steigen … . Wenn man beobachten möchte, muss man da hin, wo es etwas zu beobachten gibt.«
    Jean lächelte. Es war fast sicher, dass sie in ihrem Tatendrang eigenmächtig in das Gängegewirr vorgedrungen waren, ohne einen Anlass zu haben. Das spielte für ihn keine Rolle. Es schien, als hätten sie damit einen Erfolg erzielt. Er würde es vor ihnen nicht zugeben, doch er war stolz auf sie. Trotz des Erkundungseifers behielten sie die Übersicht, hielten sich zurück und gingen äußerst besonnen vor.
    »Du weißt, dass es ebenso irgendwelche Räuber oder Diebe sein können, denen wir nachstellen?«
    »Das kann sicher sein, aber mein Gefühl täuscht mich selten.« Sarai verlor keinen Herzschlag lang die Zuversicht. Sie hatte wie die anderen Seraphim ihren langen Rock gegen Lederhosen eingetauscht, um beweglicher zu sein. Über der braunen Bluse trug sie eine kurze Jacke aus dickem Leder, die vor Messerstichen und Abschürfungen Schutz bot.
    »Ich bin jedenfalls sehr gespannt.« Jean musste wieder stehen bleiben, um die Muskete zur Seite zu schieben.
    Nach längerem Marsch verbreiterte sich der Gang, und sie sahen eine zweistöckige Grabkammer, die, den Zeichen an Wänden und Decken nach zu schließen, von Christen genutzt worden war. Jean und Sarai standen auf einer Empore und überblickten den darunter liegenden Raum. Es roch nach Stein und nach Staub, achtlos herausgeräumte Gebeine lagen am Boden, viele waren zerbrochen und zertreten.
    »Hier ist es. Wir haben in den Steinsarkophagen in der Wand dort drüben Kerzen und Anzünder gefunden, auf dem Boden sind reichlich Wachstropfen«, sagte sie und lenkte den Strahl ihrer Blendlaterne auf die Spuren. »In einer anderen lagerten Eisenketten, Schwarzpulver und Silberkugeln, Monsieur. Die Stiefelabdrücke, von denen ich berichtete, führen quer durch den Raum.« Sie schloss die Klappe vor dem Glas ihrer Lampe, sofort wurde es deutlich dunkler. »Wir werden warten müssen, Monsieur.«
    Er war sich unschlüssig. Die Bestie könnte sie in der dunklen Krypta aufspüren und in der Finsternis anfallen, ohne dass sie die Gelegenheit bekamen, sich zur Wehr zu setzen. »Wo sind die anderen Seraphim?«
    »Ich habe sie in den umliegenden Gängen verteilt, Monsieur. Sie eilen sofort hierher, wenn sie ein Geräusch hören, und legen sich mit uns auf die Lauer.« Sarai sah absichtlich lange auf seine Laterne, die beruhigend hell strahlte.
    Jean schwankte zwischen Bewunderung für den Mut der jungen Frauen und Ärger über die Leichtsinnigkeit, die sie nun doch zeigten. Er hatte sie zu früh gelobt, das würde nach diesem Einsatz eine gehörige Standpauke geben; jetzt war dafür jedoch der falsche Moment.
    Wortlos klappte er die Metallblende vors Licht, und sofort warf sich die Dunkelheit auf sie. Was blieb, war ein schwaches, garndünnes Schimmern, das durch die Längsritzen der Lampe drang. Jean stellte sie hinter sich, damit der helle Strich nicht gesehen würde.
    Er nahm seine Muskete von der Schulter, legte sie neben sich und zog stattdessen seine Pistole. Mehr konnte er zur Vorbereitung nicht tun.
    Die Zeit verrann zäh. In der Finsternis gab es außer dem zunehmenden Gefühl von

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