Sanctum
was dir widerfahren ist«, verlangte sie freundlich.
Jean berichtete, angefangen von der Verfolgung in den Katakomben über das Zusammentreffen mit dem Comte bis zu seinen Erlebnissen im Haus des Legatus, die mit dem Tod Francescos und der Verwundung Rotondas geendet hatten.
»Ich bin mir nicht sicher, ob der Kardinal mir die Wahrheit sagte, als er mir den Aufenthaltsort von Florence verriet, aber die Seraphim und ich werden nachsehen. Selbst wenn es eine Falle ist, kann sie uns einen weiteren wichtigen Hinweis geben.« Er fühlte sich nicht erschöpft, die Erinnerung an den Triumph hielt seinen Geist und seinen Körper wach. Und auch der Kuss, reiner Balsam für seine Seele, trug seinen Teil zum Hochgefühl bei. »Aber nun du, Gregoria.«
Sie lächelte und streichelte sein Haar. »Ich habe das Kind gefunden, zu dem die Vision mich führen wollte, und brachte es hierher. Es heißt Marianna und ist auserkoren, nach mir die Schwesternschaft zu leiten«, erklärte sie glücklich.
»Du warst lange weg.« Es klang nach einem Vorwurf, obwohl sie die Sehnsucht erkannte, die aus Jean sprach.
Sie nickte. »Ich weiß. Es fiel mir schwer, ohne dich und die anderen zu sein. Aber es ging nicht früher. Die Suche war nicht leicht.«
»Und die Mutter gab dir Marianna einfach mit?«
»Es ist ein Waisenkind, seine Eltern kamen zwei Tage vor meinem Eintreffen bei einem Brand ums Leben.« Es passte Gregoria nicht, dass sie ihn anlügen musste, den Vater des Mädchens. »Um ehrlich zu sein, Jean …« Sie nahm innerlich bereits Anlauf, ihm alles zu sagen – als es klopfte.
»Herein«, rief Jean und stand schon auf, um sich frische Sachen aus dem Schrank zu holen.
Sarai trat ein, ihre Kleider waren voller Dreck und Staub. »Monsieur Chastel! Gepriesen sei der Herr«, brach es erleichtert aus ihr heraus. »Wie ist es Euch gelungen, aus dem Labyrinth zu entkommen? Ich fürchte, wir hätten Euch niemals gefunden.« Sie verneigte sich vor Gregoria. »Wir haben gehört, dass Ihr wieder hier seid, ehrwürdige Äbtissin. Es ist gut, Euch bei uns zu haben. Hattet Ihr Erfolg und den Beistand des Herrn?«
»Ja, hatte sie«, entgegnete Jean. »Aber darüber sprechen wir später. Wir müssen auf der Stelle aufbrechen und noch einmal in die Katakomben steigen, dieses Mal an einer anderen Stelle.« Er nannte ihr den Namen, und Sarai nickte. »Ich kann es euch leider nicht ersparen, mit mir dorthin zu gehen. Wir haben die Gelegenheit, das Mündel zu befreien.«
»Die Seraphim sind bereit«, antwortete sie sofort. »Wir sind aus dem letzten Gefecht alle ohne schwere Verletzungen hervorgegangen, und die paar Wunden verheilten dank des Sanctums innerhalb kürzester Zeit.« Sie schlug das Kreuz. »Gepriesen sei der Herr Jesus Christus. Es ist ein Wunder, was sein Blut vermag.«
»Es ist in der Tat ein Wunder.« Jean erinnerte sich an die Kraft des Legatus. Er warf sich ein Hemd über, knöpfte es mit fliegenden Fingern zu und schlüpfte in die Jacke. Auch wenn sein Körper schmerzte, er durfte sich nicht schonen. »Ich werde mir neue Waffen aus der Rüstkammer holen. Versammle die Seraphim am Tor, es wird sofort losgehen.« Sarai eilte davon, Jean sah zu Gregoria. »Entschuldige, dass ich dir das Wort geraubt habe.«
Sie hörten leises Kinderschreien. »Das macht nichts. Es wird später genügend Zeit sein, die Ereignisse der letzten Wochen zu besprechen.« Sie erhob sich. »Viel Glück«, wünschte sie ihm, dann verschwand sie aus dem Zimmer, um nach Marianna zu sehen.
Gregoria nahm das schreiende Kind aus der Wiege und schaukelte es sanft hin und her, ging dabei zur Tür und schloss sie; mit einer Hand drehte sie den Schlüssel herum. Erst dann öffnete sie ihr Hemd und gab Marianna die Brust; das Weinen endete und ging in ein zufriedenes Schmatzen über.
Sie streichelte ihr über die kurzen schwarzen Haare. Wenn sie gefragt wurde, würde sie sagen, dass sie der Kleinen Ziegenmilch gäbe und dass sie daran gewöhnt sei. Gregoria hatte sich in den letzten Wochen vorab Dutzende mögliche, passende Ausreden ersonnen, um den Fragen standzuhalten, die aus Neugier und nicht aus Boshaftigkeit gestellt würden. Sie durfte keinen Fehler begehen, um Misstrauen zu vermeiden.
Ihr Vorteil war, dass niemand damit rechnete, dass eine Äbtissin – noch dazu eine Frau ihres Alters – ein Kind gebar. »Und wir werden niemandem dein Geheimnis verraten, Marianna«, sagte sie sanft zu ihr und beobachtete sie beim Trinken.
Gregoria beschloss, Jean die
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