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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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und fiel wieder hin. Das von der Silberkugel zerstörte Knie verweigerte plötzlich seinen Dienst. Es war wie ein Initialschmerz, der alle anderen Qualen wieder zum Leben erweckte: Sein ganzer Körper tat weh, mikroskopische Silberpartikel suchten sich ihren Weg durch die Blutbahn und verteilten sich, schnitten in sein Gehirn und legten sich um sein Herz wie eine langsam schließende Faust. Eric hatte noch nie solche Qualen erdulden müssen, doch er war sich sicher, was es war: eine Silbervergiftung. Er spürte, dass sich die Bestie in ihm ebenfalls vor Schmerzen wand, und zwang sich ein grimmiges Lächeln auf die Lippen. Verreck dran, Drecksvieh.
    Vor dem Wagen tauchte eine sehr bekannte Gestalt auf, die ein Ml6 in den Händen hielt und einen weißen Mantel trug. Sie ging unsicher an ihm vorbei, ohne ihn zu sehen.
    Eric schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Severina?«
    Sie wirbelte herum und riss das Gewehr hoch. »Eric!«, rief sie erleichtert. »Mein Gott, ich dachte schon …« Severina schaute sich um. »Was ist hier geschehen?«
    »Ich hatte hier noch eine alte Rechnung offen.« Er rutschte aus dem Wagen, humpelte zur ersten Leiche von Zanettinis Stoßtrupp und zog sie aus. Er benötigte neue Kleidung, wenigstens Hosen und eine Jacke. »Und dann ging so ziemlich alles schief.«
    »Das sieht man.« Sie half ihm beim Anziehen und erkannte jetzt erst, wie viele Verletzungen er davongetragen hatte. »O Gott! Du musst sofort zu einem Arzt.«
    »Wie kommst du hierher?«
    »Ganz Saugues ist auf den Beinen. Man hat die Leichen von zwei Männern gefunden, und dann begann das Schießen. Du warst nicht da, und da nahm ich an, dass das sicherlich etwas mit dir und deiner Suche zu tun hat.«
    »Und die Dorfbewohner?«
    »Einige sind mit Gewehren unterwegs, aber die meisten sitzen in ihren Häusern und warten, bis die Gendarmerie kommt. Es klang, als wäre hier ein Krieg ausgebrochen.« Sie betrachtete die Leichen und schüttelte sich. »Sieht ganz danach aus.«
    Eric bewunderte ihren Mut. »Danke.«
    »Wofür?«
    Er zeigte auf das Ml6. »Dass du mich retten wolltest.«
    »Ich bin froh, dass ich es nicht einsetzen musste. Ich kann damit nicht umgehen. Notfalls hätte ich es in die richtige Richtung gehalten und abgedrückt.« Sie schluckte, ihre eigene Verwegenheit kam ihr nicht geheuer vor. »Was machen wir jetzt?«
    »Hast du Fremde durchs Dorf fahren sehen? Männer in schwarzen Klamotten?«
    »Es sind mir drei Transporter aufgefallen. Sie standen am Ortsausgang in Richtung …«
    »Dann los!« Eric humpelte auf die nächste Zugmaschine zu, zerschoss die Scheibe und öffnete die Verriegelung. Severina folgte ihm und stieg auf der anderen Seite ein, während er den Motor kurzschloss; dröhnend erwachte er zum Leben.
    Eric lenkte den LKW auf die Straße, die groben Stollenräder mit den Ketten fraßen sich in den Schnee und brachten sie rasch vorwärts. Sie rasten durch die engen Straßen von Saugues, Männer mit Gewehren wichen dem Lkw aus, schossen aber nicht nach ihm.
    Severina lotste ihn an die Stelle, wo sie die Transporter gesehen hatte. Als sie ankamen, fehlte einer.
    »Scheiße!« Eric schlug auf das Lenkrad. Nach kurzem Nachdenken stieg er aus, schwang sich unter Schmerzen auf das Dach der Kabine und starrte in die Nacht, lauschte und witterte. Plötzlich entdeckte er in der Ferne zwei helle Punkte, die kurz aufleuchteten.
    Er sprang hinters Steuer und löste die Bremse. »Ich hoffe, dass wir den richtigen Wagen verfolgen«, sagte er und trat aufs Gas. »Das war jetzt gerade die letzte Möglichkeit, auszusteigen.« Severina schwieg und hielt das M16 umklammert, das sie im Zusammenspiel mit ihrer Brille wie eine intellektuelle Freischärlerin aussehen ließ.
    Der Truck gehorchte Eric weitestgehend, nur in den engeren Kurven scherte er aus, dreimal krachten sie gegen Felswände und verpassten dem Blech Kratzer und Beulen. Dass sein Knie nicht so funktionierte, wie er es gewohnt war, machte es noch schwieriger. Eric spürte Schweißtropfen auf seiner Stirn. Aber das war ihm egal. Sie holten auf!
    »Ich wette, dass sie nach Clermont-Ferrand wollen«, mutmaßte er.
    »Was machen wir, wenn wir sie eingeholt haben?«
    »Wir drängen sie ab.« Er schaute neben sich, wo nicht einmal eine Leitplanke zu sehen war, die den Autofahrer vor einem Sturz in die Tiefe bewahrte. »Schluchten gibt es hier genug.«
    Als sie sich bis auf hundert Meter an den Transporter herangekämpft hatten, schien der Mond unvermittelt einen vollen,

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