Sanctum
uns zu oft zusammen sieht.«
Er runzelte die Stirn. »Und warum haben wir uns auf dem Camposanto getroffen?«
»Ich sagte: Nicht zu oft.« Sie lächelte, verschränkte die Arme und versteckte die Hände in den Ärmeln ihres Habits. Sie hatte ihm nichts mehr zu sagen.
»Das Heilmittel, das Sie bei Lena zum Einsatz bringen«, sagte er langsam und ging zum Van, »werden Sie nur in meiner Anwesenheit benutzen. Ich möchte dabei sein und sehen, was geschieht, wenn Sie es verabreichen.«
»Das ist kein Problem, Herr von Kastell. Justine wird Sie kontaktieren, wenn es so weit ist.« Sie trat hinter das Gitter, das Schloss rastete klackend ein. »Viel Glück.« Sie machte einen Schritt zurück und verschmolz mit dem Halbdunkel des Gangs.
»Ihnen auch.« Eric stieg in den Van, in dem die Piaf immer noch sang, und die Fahrt begann.
Nach fast einer Stunde wurde Eric von Justine irgendwo in Rom abgeladen. Er stand auf dem breiten Bürgersteig, an dem die Fahrzeuge auf vier Spuren vorbeizogen. Das normale Leben hatte ihn wieder, abseits von Geheimnissen und Katakomben.
Und doch gab es das andere Gesicht der Ewigen Stadt.
IV.
KAPITEL
23. August 1767, Italien, Rom
Es war ein erhebender Anblick.
Gregoria stand zum ersten Mal in ihrem Leben auf dem Petersplatz. Vor ihr schimmerte die gewaltige Kuppel des Doms, und obwohl sie wusste, dass es das Licht der Sommersonne war, schien es ihr, als würde das Bauwerk von innen erstrahlen und seine Umgebung in göttliche Helligkeit tauchen.
Gregoria faltete die Hände zum Gebet und dankte Gott, dass er sie sicher hierher geleitet hatte, allen Schwierigkeiten zum Trotz. Die Überfahrt mit dem Schiff nach Civitavecchia und die Reise nach Rom hatte sie bewältigt, auch wenn es sie viel Geduld und Geld gekostet hatte.
Sie atmete erleichtert auf. Bald sollte der Heilige Vater aus ihrem Mund von den Machenschaften des Legatus hören und was er ihr, dem Kloster und Florence angetan hatte. Gregoria verspürte keine Angst, ihre Finger schlossen sich um die kleine Phiole in ihrer Tasche, die sie um den Körper gehängt hatte. Dieses Mittel gab ihr Kraft, Glaube und unerschütterliche Zuversicht, die sie bis in den letzten Winkel ihres Körpers durchströmten.
Vorher wollte sie den Petersdom besuchen und sich die Pracht anschauen, danach würde sie sich auf die Suche nach Menschen begeben, die ihr erklärten, wie sie zum Heiligen Vater vorgelassen wurde. Dieser Teil ihrer Mission würde bestimmt schwierig werden.
Sie passierte die Schweizer Garden, ging auf die Stufen zum Eingang zu, betrat den Petersdom und blieb nach wenigen Schritten stehen. Der Anblick war zu beeindruckend, die Schönheit zu gewaltig und die spürbare Allmacht Gottes zu überwältigend, um nicht zu verharren und zu staunen.
Das goldene Nachmittagslicht fiel schräg von oben durch die großen Glasfenster und sandte helle, milchige Lanzen durch den hohen Raum bis auf die Marmorplatten, als wollte Gott jeden, der durch diese Strahlen lief, besonders segnen und aus der Menge hervorheben; die Werke Michelangelos, die Mosaikbilder, die Marmorstatuen erhielten durch die Beleuchtung eine überirdische Heiligkeit. Ein Chor sang, das Echo der wohltönenden Stimmen schwebte durch den Dom und würde auch den letzten Zweifler zum wahren Glauben führen.
»Ein solcher Dom in jedem Land dieser Erde, und alle Völker würden an den wahren Gott glauben«, flüsterte Gregoria, beugte das Knie, bekreuzigte sich und erhob sich ergriffen. Alles in ihr erklang und schwang, sie fühlte sich so nahe bei ihrem Gott wie noch niemals zuvor. Sie wandelte umher, ließ ihre Füße entscheiden, wohin sie sich wandten, und erfreute sich wie ein kleines Kind an dem Bauwerk und dem Geist, der es beseelte.
Einer der Benediktiner-Brüder, der abgebrannte Kerzen gegen neue ersetzte, lächelte und sprach sie auf Italienisch an, bevor er bemerkte, dass sie ihn nicht verstand.
Zuerst hatte Gregoria geglaubt, er hätte sie an ihrem Habit erkannt, bis sie sich entsann, dass sie ihn noch immer nicht trug. Sie musste wirken wie eine gewöhnliche Pilgerin. »Versucht es mit Latein«, bat sie. »Aber sprecht langsam, es ist lange her.«
Der Mönch nickte freundlich. »Ich sagte: Es ist immer wieder schön, die strahlenden Augen von Menschen zu sehen, die zum ersten Mal in den Petersdom kommen.«
»Er ist herrlich!«
Der Benediktiner – auf dem einen Arm ein Holzkästchen mit Kerzen, in der anderen Hand einen langen Greifer, um die höher gelegenen
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