Sanctum
waren es breite Flecken, mal lang gezogene Striche. Er musste um sich getreten und geschlagen haben.
Eric seufzte, nahm den Brausekopf aus der Halterung und betätigte den Hahn. Warm sprühte das Wasser gegen ihn, wusch das Blut von seinem Körper und der Emaille der Badewanne.
»Herr von Kastell? Sind Sie wach?«, hörte er Emanuelas Stimme durch die geschlossene Tür.
Er sah auf die Uhr, die über dem Spiegel hing und ihm 12:10 entgegenblinkte. »Sie sollten mich doch wecken.«
»Ich habe mich nicht getraut«, gab sie zurück. »Ich musste den Fernseher einschalten und laut stellen, um diese furchtbaren Geräusche zu übertönen. Der Vermieter war schon zweimal hier und hat mehr Geld verlangt, wenn wir noch eine Nacht hier bleiben möchten.«
Eric schaute zu seinen Sachen, die unordentlich auf dem Boden lagen. Die Jacke hatte er nicht so hingeworfen, das wusste er ganz genau.
»Interessant«, murmelte er, stieg aus dem Wasser, verließ die Wanne und tastete nach dem Fundstück aus dem Wald. Es fehlte. Damit hatte Emanuela schon wieder gelogen. Sie hatte sich sehr wohl zu ihm getraut und seine Kleidung durchwühlt, während er im Griff der Bestie hing. Dazu war es nötig gewesen, das Schloss der Tür zu knacken. Eine Frau mit verborgenen Talenten.
»Herr von Kastell?«
»Ich habe Sie gehört. Es wird nicht nötig sein, dem Mann mehr zu bezahlen«, entgegnete er und trocknete sich mit schmerzenden Gliedern und Gelenken ab. Jede Muskelkontraktion sandte dieses unangenehme Stechen an einen Punkt hinter seinen Augen, und es tat verdammt weh.
Nun war es an der Zeit, Emanuela auf neue Weise zu befragen. Sie wusste weit mehr, als sie zugab, sowohl ihm als auch ihrer Vorgesetzten gegenüber. Eric würde ihr etwas geben, das Panik auslöste und Fehler zur Folge hatte.
Nur mit Slip und Hose bekleidet öffnete er die Badtür, seine Linke hielt die Jacke. »Sie werden mir auf der Stelle sagen, welches Spiel Sie treiben.« Seine Rechte packte sie hart an der Kehle, er streckte den Arm aus und hielt sie auf Abstand, dann rammte er sie hart gegen die Wand. »Sie haben gelogen und gestohlen!«
Er sah an ihren erschrockenen Augen, dass sie sich vor ihm fürchtete. Die Bestie in ihm nutzte seine Wut aus, drängte durch die kleinsten Ritzen seiner Selbstbeherrschung und zeigte sich mit einem irren Funkeln in seinen Pupillen.
»Vade retro, satanas!«, krächzte sie und schlug das Kreuz.
»Ich bin gewiss nicht der Satan.« Er verstärkte den Druck auf seine Finger, um ihr noch mehr Luft zu rauben und sie glauben zu machen, dass er sie töten würde. »Sag, wohin du den Anstecker gebracht hast!«, grollte er. »Oder du wirst vor deinen Schöpfer treten. Was weißt du über den Besitzer?«
»Ich …« Tränen traten in ihre Augen.
»Wem gehörte er? Was hast du mit ihnen zu schaffen? Wer hat den Welpen?«, schrie er und erlaubte seiner Stimme, jegliches Menschliche zu verlieren. Die Bestie in ihm jubelte und warf sich gegen die Ketten, die ihr sein starker Wille noch aufzwang. »Rede, Nonne! Oder …«
Eric ließ sie abrupt los, keuchte auf und brach vor ihr zusammen. Zuckend lag er auf dem Boden, die Augen drehten sich nach oben weg, so dass nur das Weiße zu sehen war; dann schloss er die Lider und erschlaffte.
Besser konnte man eine Ohnmacht nicht vortäuschen.
»Herr, ich danke dir«, hörte er Emanuela krächzen. Sie stieg über ihn hinweg, ihre Schritte bewegten sich zum Tisch, auf dem das Telefon stand. Ein kurzes Klackern der Tasten, das Freizeichen erklang leise, dann nahm jemand den Anruf entgegen. Die Verbindung war schlecht, Eric verstand nur, dass eine Männerstimme am anderen Ende der Leitung sprach.
»Ich muss sofort verschwinden«, sagte sie aufgeregt und heiser. »Er hat mich ertappt. Ich habe ihm den Anstecker abgenommen, den er gefunden hat, und da ist er auf mich losgegangen. Ich …« Der Mann sprach und sie lauschte. »Ich soll wohin kommen? Es sind zu viele Störungen in der … Die Straße nach Slunj? Ich werde abgeholt?«, vergewisserte sie sich. »Aber dann kann ich nicht mehr zur Schwesternschaft zurück.« Sie lauschte. »Gut, einverstanden. Es wird sich etwas finden, um den Willen des Herrn zu erfüllen.« Ihre Kleidung raschelte, anscheinend drehte sie sich zu ihm um. »Was mache ich mit Kastell? Liegen lassen oder …? Gut, ich überlasse es Ihnen, ihn zu richten.« Sie beschrieb die Pension. »Aber beeilen Sie sich. Ich weiß nicht, wie lange die Ohnmacht … nein, warten Sie. Ich lege
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