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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Erinnerung an jene eine Nacht voller Liebe und Hingabe.
    »Gute Nacht, Jean«, sagte Gregoria sanft.
    Er ließ sie los. Doch sie konnte immer noch die Wärme seiner Hand auf ihrer spüren.
    »Ich wünsche dir angenehme Träume.«
    Sie ging hinaus. Jean lauschte ihren Schritten, verfolgte ihren Weg anhand der Geräusche, bis sie auf der Treppe nach oben stand. Er hörte, wie sie dort verharrte, und glaubte zu spüren, dass sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Um ihn zu bitten, mit nach oben zu kommen.
    Doch dann setzte das Knarren der Treppe ein, und Gregoria verschwand im oberen Geschoss.
    Seufzend nahm Jean ihr volles Glas und leerte es in einem Zug. Es verlangte ihm viel ab, so nah bei Gregoria zu sein und dadurch nur umso grausamer vor Augen geführt zu bekommen, dass er ihr nicht näher kommen durfte. Aber natürlich war es besser, als getrennt voneinander leben zu müssen, sie im Kloster, er irgendwo in der Welt und auf der Jagd nach Wandelwesen.
    Er nahm die Blätter zur Hand, die sie ihm hingelegt hatte, und wollte sich ablenken. Seine Augen wanderten über die handgeschriebenen Zeilen. Mit jeder Zeile stiegen seine Verwunderung, sein Entsetzen und die Gewissheit, dass er die Seraphim gegen die Wandelwesen benötigte. Eine Armee von Seraphim. Diese fünf reichten nicht aus, sie mussten eine Vielzahl mehr finden und ausbilden, um die scheinbare Übermacht der Wandelwesen einzukreisen und zu vernichten.
    Schaudernd fragte sich Jean, weswegen sich die Kreaturen verbargen und versteckt hielten, wenn man von Exemplaren wie dem Comte und Antoine absah. Es wäre ihnen ein Leichtes, sich als wahre Krone der Schöpfung auszurufen und die Menschheit Untertan zu machen.
    Hat Gott euch gemacht oder seid ihr ihm vom Teufel untergeschoben worden?
    Jean goss sich Wein nach und las weiter. Als er seine Lektüre beendet hatte, formte sich ein neues Bild von seinem Gegner. Demnach gab es vergleichsweise harmlose Exemplare, die sich mit dem Leben in Abgeschiedenheit und gelegentlichen Eskapaden zufrieden gaben. Die Berichte erzählten von Friedhofsschändungen in der Nähe von Wandelwesen. Auf diese Weise versorgten sie sich mit frischem Menschenfleisch, um ihrer Gier nachzukommen, ohne morden zu müssen. Und scheinbar war diese Gruppe den bestialischen Schlächtern wie dem Comte zahlenmäßig um ein Hundertfaches überlegen. Jean widerte die Vorstellung trotzdem an, wie sie sich mit den Klauen durch den Boden wühlten, um an die Leichen zu gelangen und sie zu fressen. Ganz egal, wie sie ihr verfluchtes Leben führten: Wandelwesen waren seine Feinde.

    25. Oktober 1767, Italien, Rom
    »Ihr wisst, auf was es ankommt.« Jean betrachtete die jungen Frauen, die in einfachen Kleidern vor ihm standen. Zwei von ihnen trugen kleine Hüte, die anderen Hauben und Kopftücher, mit denen sie im Treiben der Gassen zwischen den Menschen verschwinden würden. Nichts an ihnen durfte auffällig sein. »Ich werde immer in eurer Nähe sein und überprüfen, wie ihr euch verhaltet. Wer bis heute Abend die meisten markiert hat, ist die Siegerin. Aber eins merkt euch: Unter keinen Umständen dürft ihr in die Finger der Stadtwache geraten.« Er legte die Hand auf die Klinke und öffnete die Tür. »Hinaus mit euch.« Eine nach der anderen verließ den Innenhof und verschwand in der Gasse, über der ein trüber grauer Himmel hing und mit Regen drohte. Der Geruch, der zwischen den Häusern schwebte, war muffig und schlecht und würde erst mit dem Guss von oben verschwinden. Jean vermisste die klare Luft des Gevaudan.
    Er schaute sich um und sah Gregoria aus dem Eingang kommen. Sie würde heute die Waisen-und Armenhäuser besuchen und sich auf die Suche nach Anwärterinnen für die Schwesternschaft begeben. Jean beneidete sie nicht um diese Aufgabe. Niemand trug die Reinheit oder die Verdorbenheit seiner Seele im Gesicht oder auf der Haut. »Viel Erfolg, Gregoria«, sagte er zu ihr, als sie neben ihn trat.
    »Danke. Ich habe die ganze Nacht dafür gebetet, dass Gott meine Suche unterstützt.« Sie lächelte ihn an. »Und doch werde ich mich auf mein Gefühl verlassen müssen … und auf die Augen der Mädchen. Die Augen eines Wesens verraten viel über das, was in ihm vorgeht. Aus diesem Grund habe ich dich damals, bei aller Ruppigkeit, von Anfang an für einen ehrlichen Mann gehalten. Ich bin nicht enttäuscht worden.« Sie schritt an ihm vorbei und verließ den Hof.
    Jean lächelte glücklich und machte sich ebenfalls auf den Weg.
    Zunächst

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