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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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verschwörerisch zu ihm heran, »ich habe ein paar dieser Schriftrollen und -tafeln aus der prähistorischen Sektion genommen, wie du verlangt hast.«
    »Ah, gut«, erwiderte Thomas.
    »Darf ich fragen, warum ich sie habe rausnehmen sollen?«
    »Ja, natürlich«, antwortete Thomas, der Schwierigkeiten hatte, seine Stimme zu beherrschen. »Die Sensoren haben ein paar anormale Luftfeuchtigkeitswerte in diesem Teil der Höhle registriert. Ich habe die Quelle dieses Phänomens lokalisiert und brauche jetzt freien Zugang zu den Regalen, um eine Diagnose an der Klimaanlage durchzuführen. Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
    Bruder Malachi schaute ihn mit leeren Augen an. Für den alten Bibliothekar war nach wie vor die Druckerpresse der Gipfel des technischen Fortschritts. Alles andere versetzte ihn nur in Erstaunen. »Ich verstehe«, sagte der Bibliothekar. »Lass mich wissen, wenn du mit der Arbeit fertig bist; dann lasse ich die Texte wieder zurückbringen.«
    »Natürlich«, erwiderte Thomas. »Das dürfte nicht allzu lange dauern. Ich mache mich gleich an die Diagnose.« Er verneigte sich knapp, drehte sich dann um und ging so gelassen, wie es ihm sein pochendes Herz erlaubte, zum Überwachungsraum.
    Ein Mann in der roten Soutane der Zitadellenwachen saß am Schreibtisch, den Blick fest auf den Computerbildschirm gerichtet.
    »Guten Abend, Bruder«, sagte Thomas fröhlich und ging an dem Mann vorbei zur gegenüberliegenden Tür. »Irgendwelche Probleme?« Der Wachmann schüttelte den Kopf. Er kaute auf einem Stück Brot, das irgendjemand ihm gebracht hatte. »Gut«, sagte Thomas, als er an der Tür ankam und den Sicherheitscode eingab. »Ich will nur die Lichtmatrix überprüfen«, sagte er und deutete auf den Tischrechner. »Das sollte nicht allzu lange dauern.« Er öffnete die Tür und verschwand im nächsten Raum, bevor der Wachmann etwas darauf erwidern konnte.
    Im Inneren der Kammer war die Luft kühl, und die Elektronik summte. Jede Wand war mit Rechnern vollgestellt, dem Gehirn der Bibliothek. Von hier aus wurde alles kontrolliert: Beleuchtung, Klimaanlage und Sicherheitssystem. Thomas ging einen Gang voller Kabel und Kühlkreisläufe hinunter zum Userterminal an der rechten Wand.
    Er loggte sich ein, und ein Drahtgitterplan der Bibliothek erschien auf dem LCD-Bildschirm. Kleine Punkte zitterten auf dem Schirm und schwebten durch die Schwärze wie Pollen. Jeder dieser Punkte repräsentierte jemanden, der sich gerade in der Bibliothek befand. Thomas bewegte die Maus über einen dieser Punkte, und ein Pop-up-Fenster identifizierte ihn als Bruder Barabbas, einen der Bibliothekare. Thomas wiederholte den Prozess, parkte den Cursor über jedem Punkt, bis er in dem Gewölbe mit den römischen Texten schließlich denjenigen fand, den er suchte. Nervös schaute Thomas zur Tür, obwohl er wusste, dass der Wachmann nicht den Code für diesen Raum besaß. Dann drückte er drei Tasten gleichzeitig, um die Befehlseingabe zu öffnen, und startete ein kleines Programm, das er zuvor auf einem angeschlossenen Terminal geschrieben hatte. Kurz erstarrte der Bildschirm, als das Programm initialisiert wurde; dann erwachten die winzigen Punkte wieder zum Leben und schwebten weiter durch die Dunkelheit.
    Es war getan.
    Trotz der Kälte im Serverraum spürte Thomas Schweiß auf seiner Stirn. Er atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen; dann schloss er die Befehlseingabe wieder und verließ den Raum.
    »Ist noch alles online?«, fragte er, als er durch die Tür kam. Die Wache nickte, den Mund voller Brot. »Gut«, sagte Thomas und huschte aus dem Raum und durch die Eingangshalle, um allen weiteren Diskussionen aus dem Weg zu gehen.
    Beim Rausgehen sah er Athanasius vor dem Gang stehen, der zu den älteren Texten führte. Der Kammerherr studierte gerade den Bibliotheksplan an der Wand. Konzentriert hatte er die Stirn in Falten gelegt. Vater Thomas trat neben ihn und tat so, als würde auch er den Plan betrachten. »Er ist bei den römischen Texten«, sagte er leise, drehte sich dann um und ging.
    Athanasius wartete ein paar Sekunden lang, dann folgte er seinem Freund, den Blick fest auf die Lichtblase gerichtet, die immer tiefer in die Große Bibliothek von Trahpah vordrang.

K APITEL 102
    Liv starrte die Narben auf der dunklen Haut des alten Mannes an. Dann schaute sie ihm in die Augen und legte fragend die Stirn in Falten.
    »Ich habe vier Jahre lang in der Zitadelle gelebt«, erklärte Oscar. »Der Termin für meine

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