Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sand & Blut

Sand & Blut

Titel: Sand & Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xander Morus , Isabell Schmitt-Egner
Vom Netzwerk:
Erfahrung voraus, wie er gesagt hatte. Sie hatte getötet, mit eigenen Händen. Konny hatte es getan und wieder tun wollen. Vincent hatte nur Bedingungen hergestellt, das Blut ins Wasser geschüttet, aber seine Hand hatte nie eine Waffe geführt. Im Nachhinein zweifelte sie, ob er überhaupt dazu fähig gewesen wäre.
    Wenn sie allen die Wahrheit gesagt hätte, was wäre mit Vincent passiert? Konnte ihn ein Gericht des Mordes anklagen, wenn er es nicht selbst getan hatte? Fahrlässigkeit, Vorsatz, Körperverletzung mit Todesfolge ... diese ganzen lebensfernen Vokabeln ... Notwehr. Sie selbst hatte in Notwehr gehandelt. Sie war keine Mörderin, obwohl sie getötet hatte und Vincent war ein Mörder, obwohl er niemanden eigenhändig getötet hatte? Verzögerte Notwehr, auch Rache genannt ...
    Meike grübelte, aber sie kam nicht vom Fleck mit ihren Erkenntnissen. Es wurde einfach nicht besser und das unruhige, quälende Gefühl blieb.
     
    Bald rückte ihr erstes Weihnachten nach dem Erlebnis heranund Konnys Eltern hatten Einladungen zum gemeinsamen Gedenken geschickt, weil Konny kurz nach Sylvester Geburtstag hatte.
    Meike saß an ihrem Schreibtisch und fuhr den PC hoch. Sie würde krank sein, wenn die Gedenkfeier stattfand. Das wusste sie jetzt schon. Sie konnte und wollte Konnys Eltern nicht ansehen. Ihre leicht defensiven, trauernden Gesichter.
    Ihr habt einen Killer großgezogen.
    Meike hatte Angst, dass ihr dieser Satz über die Lippen kommen würde. Zu gern hätte sie gewusst, ob Konnys Eltern etwas geahnt hatten, ob sie in Wirklichkeit, im Grunde ihrer Seele, ihren Sohn gefürchtet hatten. Waren sie erleichtert, dass er fort war? Ein bisschen? Wenn ja, konnten sie das in der richtigen Welt nicht zugeben. Schlimme, böse Eltern, die ihr Kind (ihr böses Kind) nicht mehr wollten. Das ging natürlich nicht. Und diese erneute Trauerfeier stimmte Meike nachdenklich. Repräsentatives, offizielles Trauern. Schaut, wir vermissen ihn wirklich. Er fehlt uns wirklich. Er war so ein guter Junge. Gott sei Dank ist er gestorben, bevor er ein ganz schlimmer Junge werden konnte ... wir sind alle erleichtert ...
    Meike öffnete ihr Postfach und ging ihre Emails durch. Eine fiel ihr sofort auf. Der Betreff lautete: Sandbank
    Sie öffnete die Nachricht mit klopfendem Herzen und einer zarten Hoffnung.
     
    Hallo,
     
    Ich hoffe, du hast das Richtig wiedergefunden. Ich leider noch nicht. Aber dafür kenne ich jetzt den einen Unterschied, den ich vorher nie erlebt habe. Zumindest habe ich eine Ahnung davon.
    Ich denke oft an dich und an unser Gespräch. Ich würde gerne noch mal mit dir reden, aber ich weiß nicht, ob das geht.
    V.
     
     
    Meikes Hände zitterten. Er kannte ihre Mailadresse. Er war noch da. Aber wo? Vielleicht in der Nähe? Oder weit weg, in einem fremden Land, in einem Internetcafé ... Sie stellte sich vor, wie er dort saß, unerkannt und mit seinen großen Augen auf den Bildschirm sah. Seine Finger drückten in einer besonderen Art die Tasten und erstellten eine Nachricht. Oder er saß doch im Restaurant gegenüber. Alles war möglich. Er konnte sie beobachtet haben, wenn sie einkaufen ging. Er tarnte sich. Damals in der Bar trug er Kleidung in den Farben der Bar-Möbel. Deshalb hatten sie ihn kaum wahrgenommen und auch sonst niemand würde sich an ihn erinnern. Auf dem Schiff trug er weiß und in der Stadt ... vielleicht grau. Ein unauffälliger junger Mann in einem grauen Herbstmantel, der auf dem Alexanderplatz den Tauben zusah. In Wirklichkeit schaute er einer jungen Frau hinterher. Vielleicht folgte er ihr sogar ein paar Schritte, aber er sprach sie nicht an.
    Meike starrte auf den Bildschirm, auf seine Worte.
    Er dachte an sie und es ließ ihn nicht los. Sie waren unfreiwillige Verbündete. Zwei Mörder, die sich gegenseitig zweimal das Leben geschenkt hatten. Meike fühlte, dass das Richtig im Begriff war, sich wieder zu verabschieden. Eine Email von ihm genügte und das Richtig reichte Urlaub ein und fing an zu packen.
    »Ein Maledivenurlaub«, murmelte Meike und erschrak, weil sie es laut ausgesprochen hatte.
    Meike klickte auf »antworten«.
     
    Es könnte gehen. Denke auch oft an unser Gespräch.
    Meike
     
    Mehr konnte sie erst mal nicht schreiben. Die Welten waren noch zu weit voneinander entfernt. Aber sie näherten sich an, langsam. Aus dem Nebenzimmer hörte sie ihre Mutter rufen. Es gäbe jetzt Essen und alle sollten aufhören mit ihrem Kram und endlich runterkommen.
    Ich bin verrückt. Das darf

Weitere Kostenlose Bücher