Sanft berührt – und schon verführt?
Unfall?“
„Nein. Es geht ihnen gut.“
„Aber was ist es dann?“ Sie sah, wie er nach Worten suchte, und das ängstigte sie mehr als alles andere.
Er strich ihr sanft über den Handrücken. „Der Kerl, der deine Mutter verfolgt, hat gestern Nacht dein Haus angezündet. Es ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Es ist nichts mehr da.“
Was? Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! „Du musst dich irren! Das ist nicht möglich. Alles weg? Die Fotoalben, meine Bilder? Cammies Spielsachen? O Gott …“ Sie ließ den Kopf sinken, die Tränen traten ihr in die Augen.
Kieran legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie an sich. Ihr Körper bebte in wilden Weinkrämpfen. „Beruhige dich, Baby“, flüsterte er. „Ganz ruhig. Ich bin bei dir. Es wird alles gut.“
Sie klammerte sich an ihn, um nicht in den Abgrund zu stürzen, der sich unter ihr auftat. Es ist nichts mehr da … Es ist nichts mehr da … Das erschien ihr unmöglich, und dennoch war es die Wahrheit. „Hat man ihn schon gefasst?“, stieß sie schluchzend hervor.
„Noch nicht. Aber es kann nicht mehr lange dauern. Er wusste, dass du nicht zu Hause warst. Also geht man davon aus, dass er niemanden verletzen, sondern nur auf sich aufmerksam machen wollte.“
„Und meine Eltern?“
„Die stehen jetzt rund um die Uhr unter Polizeischutz. Die Polizei meint, du solltest mit Cammie da bleiben, wo du gerade bist, zumindest so lange, bis der Mann verhaftet ist.“
Die bittere Ironie an der ganzen Situation entging ihr nicht. Ohne sein Zutun hatte Kieran genau das erreicht, was er wollte. Er konnte mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen. Brüsk löste Olivia sich aus seiner Umarmung und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich muss nach Santa Monica. Ich muss mein Haus sehen, das heißt das, was davon übrig ist. Und wenn du mich nicht hinbringst, fliege ich allein.“
„Natürlich bringe ich dich hin, aber ich halte nichts von der Idee. Das willst du ganz sicher nicht sehen.“
„Ich will nicht, das kannst du mir glauben. Aber ich muss.“
Ein paar Stunden später standen sie vor dem, was gestern noch Olivias Zuhause gewesen war. Fassungslos stolperte Olivia durch die Trümmer. Kieran war nicht klar gewesen, dass man so sehr mit jemand anderem mitleiden konnte. Er versuchte, ihr Kraft zu geben, wusste zugleich jedoch, dass er sie nicht trösten konnte.
Kreidebleich kam sie schließlich zu ihm zurück. „Wenigstens waren wir nicht zu Hause …“, stieß sie kaum hörbar hervor. „Ich wollte, dass Cammie hier aufwächst. Ich fühlte mich hier immer so sicher, es war unser kleines Nest, in dem uns nichts passieren konnte. Aber man ist wohl nirgends ganz sicher.“
Kieran schwieg. Diese grausame Wahrheit hatte er schon mit vier Jahren erfahren müssen. Nein, es gab keine absolute Sicherheit auf dieser Welt. Dennoch, diese Art der Zerstörung war absolut sinnlos, und ihn packte die Wut, wenn er daran dachte. Gleichzeitig fühlte er so etwas wie Schuld. Sollte ein Mann seine Familie nicht beschützen? Plötzlich verstand er seinen Vater sehr viel besser. Obgleich sie vielleicht manchmal über das Ziel hinausgeschossen waren, er und sein Bruder Vincent hatten alles getan, um ihren Besitz und vor allem ihre Kinder zu schützen.
Nachdem ihre Frauen den blutigen Mordanschlägen zum Opfer gefallen waren, hatten sie sich auf Wolff Mountain zurückgezogen. Und Kieran konnte nun Olivia und Cammie dort ein sicheres Zuhause bieten, zumindest bis der Verbrecher gefasst war. Bei dem Gedanken, der Kerl könne den beiden eventuell dorthin folgen, lief es ihm eiskalt über den Rücken. Das soll er nur wagen …
Einer der Polizisten kam auf sie zu und hielt ihnen eine Tüte hin. „Hier, das habe ich gefunden. Das möchten Sie doch bestimmt haben.“
„Danke“, sagte Olivia tonlos und nahm die Plastiktüte entgegen. Vorsichtig zog sie einen silbernen, leicht verrußten Gegenstand heraus. Bei seinem Anblick liefen ihr neue Tränen über die Wangen. „Das ist Cammies Babyrassel. Ich habe sie ihr zur Geburt gekauft und gravieren lassen.“ Sie wischte den Ruß ab, und Kieran las: Für Cammie in Liebe von Mommy und Daddy . Erstaunt sah er Olivia an.
„Ich wollte nicht, dass sie später denkt, ihr Vater habe sie nicht geliebt.“
„Lass uns gehen“, sagte er schroff. „Cammie wird dich vermissen.“
Sie war zu schwach, um etwas einzuwenden. In dem kleinen Jet ließ sie sich willig anschnallen und schluckte sogar brav eine
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