Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
Jemand, dem sie an diesem abgelegenen Ort vertrauen konnte. »Hi!«, begrüßte sie ihn. »Gott sei Dank, dass Sie gerade vorbeikommen.«
»Haben Sie ein Problem?«
Nun ja, Sherlock Holmes war er offenbar nicht. Aber in dieser Situation durfte sie schließlich nicht wählerisch sein.
»Ja. Mein Wagen springt nicht an. Gibt keinen Mucks von sich.«
»Soll ich’s mal versuchen?«
Als ob sie zu dumm oder zu ungeschickt oder zu weiblich war, um ihren eigenen Wagen zu starten. Männer! Doch sie setzte ein Lächeln auf und trat beiseite in den harschigen, knöcheltiefen Schnee. »Bitte sehr«, forderte sie ihn auf und wies auf die offene Fahrertür, als ein eiskalter Windstoß ihr den Atem verschlug. »Wenn Sie meinen Wagen in Gang bringen, sorge ich dafür, dass Lou Ihnen für den Rest Ihres Lebens einen Rabatt von zehn Prozent einräumt.«
»Das wird nicht nötig sein«, entgegnete er, beugte sich zu ihr vor und drückte etwas Hartes an ihre Jacke. Bevor sie noch ein Wort herausbrachte, schoss ein weiß glühender Blitz durch ihren Körper. Schmerz überwältigte sie. Panik explodierte in ihrem Gehirn. Sie versuchte zu schreien, doch er legte ihr seine behandschuhte Hand über den Mund. Sie roch etwas widerlich Süßes, Erstickendes, hustete, konnte nicht mehr atmen … Was tat er da nur? Und warum? O Gott, dachte sie, außer sich vor Angst. Er will mich vergewaltigen … oder noch schlimmer … Nein, o Gott, nein , schrie sie stumm, versuchte, nach ihm zu treten und sich zu wehren, aber ihre Gliedmaßen gehorchten ihr nicht, ihre Beine und Arme waren schwach und wie losgelöst von ihrem Körper. Nein! Nein! Nein!
Sie konnte ihn nicht abwehren. Konnte nicht schreien. Muskeln, hart wie Stahl, umklammerten sie, und sie sank hilflos zappelnd gegen ihn. Ihr Körper schien zu schmelzen und reagierte nicht mehr. Inmitten dieser Panik schoss ihr der Gedanke an ihre Kinder durch den Kopf. Das alles konnte doch nicht wahr sein. Unmöglich!
»Wehr dich nicht dagegen, Faye. Es ist ohnehin zwecklos«, flüsterte er.
Faye? Ich bin nicht Faye! Er hat die falsche Frau erwischt … oh, bitte. Sie versuchte, ihm zu sagen, dass ihm ein schrecklicher Fehler unterlaufen war, doch der Lappen über Nase und Mund ließ ihr Bewusstsein schwinden. Ihre Zunge war wie gelähmt, die Worte kamen als winselndes Flehen aus ihrer Kehle. Ich bin nicht Faye! Verstehen Sie denn nicht? Schauen Sie mich doch bitte an! ICH BIN NICHT DIE, FÜR DIE SIE MICH HALTEN!
Ihr Kopf fiel schlaff in den Nacken. Sie versuchte, ihn anzusehen, ihn zu zwingen, ihre Gedanken zu lesen, doch es war zu spät. Durch niederprasselnden Schnee und Eisregen drehte sich die Welt gespenstisch. Riesige, bedrohliche, von Eis überzogene Neunachser, hohe Straßenlaternen und die Weihnachtsbeleuchtung am Giebel des Imbisses verschmolzen und verschwammen vor ihren Augen. Die letzte schwache Gegenwehr erlahmte, ihre Beine gaben völlig unter ihr nach. Schwärze flutete in ihren Geist, schlug über ihr zusammen.
Als ihr Bewusstsein schwand, wusste Sonja Hatchell, dass sie verloren war.
13. Kapitel
U m 4:15 Uhr schrillte das Telefon neben dem Bett.
Carter, aus dem Tiefschlaf gerissen, griff nach dem Gerät und stieß es von der Basisstation. »Verdammt«, knurrte er, bekam den Hörer zu fassen und drückte ihn ans Ohr. Wer immer ihn um diese Zeit anrief, hatte bestimmt keine guten Nachrichten für ihn. »Carter.«
»Hallo, Sheriff, hier ist Palmer aus der Zentrale.«
»Was gibt’s, Dorie?«, fragte Carter, fuhr sich mit der freien Hand übers Gesicht und versuchte, die Schläfrigkeit abzuschütteln.
»Habe gerade einen Anruf von Lester Hatchell bekommen, und ich dachte, Sie sollten Bescheid wissen. Sonja ist nach ihrer Schicht nicht nach Hause gekommen. Er hat sich gerade eben gemeldet. Völlig verstört. Ihr Wagen steht nicht mehr auf dem Parkplatz beim Imbiss; er hat schon nachgesehen. Er ist auch ihre übliche Strecke abgefahren und hat sie nirgends gefunden. Ich habe Hixx zum Imbiss rausgeschickt, um nachzusehen. Das alles passt so gar nicht zu Sonja.«
»Sind von den Straßen in der Umgebung Unfälle gemeldet?« Plötzlich war Carter hellwach. Er war mit Lester Hatchell befreundet.
»Ja. Seit Mitternacht einer. Nur ein einziges Fahrzeug beteiligt. Eine männliche Person, der Fahrer, wurde ins Krankenhaus gebracht. Der Unfall hat sich zehn Meilen nördlich von Falls Crossing ereignet.«
»Scheiße.« Er warf die Bettdecke zurück, stellte die bloßen Füße auf
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