Sanft will ich dich töten: Thriller (German Edition)
musterte Josh Sykes, Ian Swaggart und ein paar andere, die sich bemühten, ihre Gesichter abgewandt zu halten.
»Also, sie alle behaupten, sie hätten sich hier oben nur so getroffen. Ohne besonderen Grund. Ein paar geben an, nicht gewusst zu haben, dass hier polizeiliche Ermittlungen laufen.«
»Ja, sicher.« Shanes Atem kondensierte an der kalten Luft. Er warf einen viel sagenden Blick auf das gelbe Flatterband, das immer noch von einem Baum zum nächsten gespannt war. »Vermutlich können sie nicht lesen.«
Das brachte ihm einen wütenden Blick von Sykes ein.
Carter schnorrte eine Zigarette, zündete sie an und sog den warmen Rauch in die Lunge. »Hast du ihre Aussagen?«
»Wenn man es als solche bezeichnen kann. Auf Band.«
»Rechte verlesen?«
»Ja.«
»Gut. Sonst noch was Gesetzwidriges, außer ihrer Anwesenheit hier oben?«, fragte er. Der Wind wehte schneidend kalt vom Fluss herauf. Zwei Mädchen gehörten zu der Gruppe. Sie drängten sich eng an die Jungen.
»Minderjährige, Alkohol und Marihuana. Ein paar nicht identifizierte Pillen.«
Na großartig , dachte Carter und nahm noch einen tiefen Zug. Genau das, was uns jetzt noch gefehlt hat. »Können sich alle ausweisen?«
»Ja.«
Aus der Ferne ertönte das Heulen eines Motors.
»Wahrscheinlich die Staatspolizei«, sagte Carter. »Ich habe Sparks informiert. Dieser Tatort fällt unter die Zuständigkeit der Staatspolizei von Oregon.«
»Offiziell schon.« Montinello stampfte mit den Füßen und steckte sich eine Zigarette an. »Ein paar der Kids hier sind minderjährig. Will sagen, unter achtzehn. Zwei Mädchen. Eine ist BJs Tochter. Ich habe sie bereits angerufen. Sie tobt vor Wut und ist schon auf dem Weg hierher.«
»Heilige Scheiße«, knurrte Shane. Vor seinem inneren Auge sah er bereits die Schlagzeile in der Falls Crossing Tribune : TOCHTER EINER POLIZISTIN UNTER ANKLAGE WEGEN GROBEN UNFUGS. Da Megan unter achtzehn war, durfte zumindest ihr Name nicht in der Zeitung preisgegeben werden. Das hoffte er jedenfalls. »BJ wird im Achteck springen.«
»Das tut sie bereits, aber warte ab, es kommt noch besser«, versicherte Montinello, und ein weiterer heftiger Windstoß fuhr die Hänge herauf.
Carter machte sich auf einiges gefasst. »Wie das?«
»Das andere Mädchen ist die Tochter von Jenna Hughes.« Montinello deutete auf das größere der beiden Mädchen. »Die mit der violetten Strumpfmütze.«
»Scheiße.« Natürlich steckte die Tochter der berühmtesten Einwohnerin von Falls Crossing mit drin. Er musterte die zusammengedrängte Schar der Jugendlichen, die sich immer noch cool gaben, obwohl ihnen die Zähne klapperten und sie vor Angst genauso high waren wie von anderen Dingen. Sein Blick blieb an der kleinen Hughes hängen. Tochter Nummer eins, die im Pick-up saß, als er Miss Hollywood angehalten hatte.
Das Mädchen hatte eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit seiner berühmten Mutter. Die gleichen hohen Wangenknochen, die geschwungenen Augenbrauen. Eine etwas größere Nase, aber ebenso ausdrucksvolle Augen. Widerspenstiges gesträhntes Haar quoll unter ihrer Strickmütze hervor und wehte über ihr jetzt schon wunderschönes Gesicht. Sie hatte den Kragen ihrer Jacke gegen die Kälte hochgeschlagen und stand neben dem kleinen Sykes, einem hoch gewachsenen, schlaksigen Jungen, der den Starken markierte und sonst nicht viel im Kopf hatte.
Carter war lange genug Bulle in dieser Gegend, um Josh Sykes’ Familie zu kennen. Rein beruflich. In seinen Augen war Josh ein Musterbeispiel für das, was aus einem vernachlässigten Kind wurde, das tun und lassen konnte, was es wollte. Josh war im Grunde gar kein schlechter Kerl, doch er langweilte sich und brauchte Anleitung. Sonst würde er früher oder später in größte Schwierigkeiten geraten. Eher früher als später.
Während Carter seine Zigarette rauchte, parkte Lieutenant Sparks seinen Wagen. Er war ein großer Mann mit dunklem, krausem Haar und eindringlichen dunklen Augen. Nachdem er ausgestiegen war, schaute er sich zunächst um, wobei ihn die jungen Leute aufgrund seiner Uniform und Haltung wachsam im Auge behielten. Er stieß einen lang gezogenen Pfiff der Enttäuschung aus, während er sich der Gruppe bibbernder Teenager näherte. »Was zum Teufel habt ihr euch dabei gedacht?«, fragte er rein rhetorisch und ohne eine Antwort zu erwarten. Kopfschüttelnd ordnete er an, dass die Älteren in die Stadt gebracht und die beiden Sechzehnjährigen ihren Eltern übergeben und später
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