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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Kuriosität nicht zu überbieten ist. Elisabetta, die jüngste Tochter von M., die seit zehn Jahren streng abgeschirmt hinter Klostermauern lebt, trägt angeblich einen Sukkubus in sich, der von einer Buhlschaft mit dem Teufel zeugt. Tatsächlich konnte ich mich bei meinem Besuch von einer möglichen Schwangerschaft des Mädchens überzeugen, ebenso wie von einem leicht verwirrten Geisteszustand. Während die Äbtissin, die mein volles Vertrauen genießt und eine Frau von gesundem Menschenverstand zu sein scheint, eine natürliche Erklärung für das Phänomen nicht ausschließt, kommt der Verdacht der Hexerei ausgerechnet vom Vater des Mädchens.. Mit eigenen Augen will er gesehen haben, wie der Teufel in Gestalt eines jungen Mannes das Mädchen im Garten umarmt und sich dann in einer Rauchwolke' entmaterialisiert hat und einen leichten Schwefelgeruch hinterließ. Zwei weitere Klosterschülerinnen sollen bezeugen, dass sie den Teufel mehrfach in Gesellschaft von Elisabetta gesehen haben und dass er ihr Geschenke in Form von kostbaren Edelsteinen gemacht habe. So unwahrscheinlich die Geschichte auch klingen mag: Angesichts der engen Bindung von M. zu R. M.  und diversen Freunden im Vatikan fällt es mir schwer, offiziell seinen Verstand anzuzweifeln und seine Tochter lediglich der Unzucht zu bezichtigen. Ab morgen werde ich daher Verhöre mit allen Betroffenen führen.
     

3
    Xemerius?« Das nasse Gefühl um meinen Hals war verschwunden. Rasch knipste ich die Taschenlampe an. Aber der Raum, in dem ich gelandet war, war bereits erleuchtet, von einer schwachen Glühbirne, die von der Decke baumelte. »Hallo«, sagte jemand.
    Ich fuhr herum. Der Raum war mit allerlei Kisten und Möbeln gefüllt und an der Wand neben der Tür lehnte ein blasser junger Mann.
    »Ddd. . . dabei sein ist alles«, stotterte ich.
    »Gwendolyn Shepherd?«, stotterte er zurück.
    Ich nickte. »Woher wissen Sie das?«
    Der junge Mann nahm ein zerknittertes Blatt Papier aus seiner Hosentasche und hielt es mir hin. Er sah genauso aufgeregt aus, wie ich mich fühlte. Er trug Hosenträger und eine runde kleine Brille, sein blondes Haar war mit einem Seitenscheitel und viel Pomade nach hinten gekämmt. Er hätte gut in einem alten Gangsterfilm mitspielen können, als der altkluge, aber harmlose Assistent des kettenrauchenden abgebrühten Kommissars, der sich in das Gangsterliebchen mit den vielen Federboas verliebt und am Ende immer erschossen wird.
    Ich beruhigte mich ein bisschen und sah mich kurz um. Sonst war niemand im Raum, auch von Xemerius war keine Spur zu entdecken. Offensichtlich konnte er zwar durch Wände gehen, aber nicht in der Zeit reisen.
    Zögernd nahm ich das Blatt entgegen. Es war vergilbt, ein kariertes Ringbuchblatt, das schlampig aus der Perforation gerissen war. Darauf stand, ziemlich krakelig, in verblüffend vertrauter Schrift:
     
    Für Lord Montrose – wichtig !!!
    12. August 1948, 12 Uhr Mittag. Alchemielabor. Bitte kommt allein.
    Gwendolyn Shepherd
     
    Sofort begann mein Herz wieder schneller zu klopfen. Lord Lucas Montrose war mein Großvater! Er war gestorben, als ich zehn Jahre alt gewesen war. Besorgt betrachtete ich die geschwungene Linie der L. Leider gab es keinen Zweifel: Die Krakelschrift sah meiner eigenen Handschrift zum Verwechseln ähnlich. Aber wie konnte das sein?
    Ich schaute zu dem jungen Mann hoch. »Woher haben Sie das? Und wer sind Sie?«
    »Hast du das geschrieben?«
    »Könnte sein«, sagte ich und meine Gedanken begannen fieberhaft, sich im Kreis zu drehen. Wenn ich es geschrieben hatte, warum konnte ich mich dann nicht daran erinnern? »Woher haben Sie es?«
    »Ich habe das Blatt seit fünf Jahren. Jemand hat es zusammen mit einem Brief in meine Manteltasche gelegt. An dem Tag, an dem die Zeremonie für den zweiten Grad stattgefunden hat. In dem Brief stand:
Wer Geheimnisse bewahrt, sollte auch das Geheimnis hinter dem Geheimnis kennen. Beweise, dass du nicht nur schweigen kannst, sondern auch denken.
Keine Unterschrift. Es war eine andere Handschrift als die auf dem Zettel, eine - ähm - eher elegante, bisschen altmodische.«
    Ich nagte an meiner Unterlippe. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich auch nicht. Ich habe all die Jahre geglaubt, es sei eine Art Prüfung«, sagte der junge Mann. »Ein weiterer Test, sozusagen. Ich habe niemandem davon erzählt, ich habe immer darauf gewartet, dass mich jemand darauf anspricht oder dass weitere Hinweise eintreffen. Aber es ist nie etwas passiert. Und

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