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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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tut mir leid«, hörte ich ihn flüstern. »Gwen, ich . . .« Plötzlich klang er hilflos, aber ich war viel zu verstört, um darüber Genugtuung zu empfinden.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrich, während wir einfach nur dastanden. Mir liefen noch immer die Tränen herunter. Was er tat - ich konnte es nicht sehen.
    Irgendwann knipste er die Taschenlampe wieder an, räusperte sich und leuchtete dann auf seine Armbanduhr. »Noch drei Minuten, dann springen wir zurück«, sagte er in sachlichem Ton. »Du solltest aus der Ecke herauskommen, sonst landest du auf der Truhe.« Er ging zum Sofa zurück und hob die Polster wieder auf, die er auf den Boden geworfen hatte.
    »Weißt du, von allen Wächtern erschien mir Mr George immer einer der loyalsten zu sein. Einer, dem man auf jeden Fall trauen kann.«
    »Aber Mr George hat damit wirklich nicht das Geringste zu tun«, sagte ich, während ich zögernd aus meiner Ecke herauskam. »Es war ganz anders.« Mit dem Handrücken wischte ich mir die Tränen vom Gesicht. Besser, ich erzählte ihm die Wahrheit, damit er wenigstens nicht den armen Mr George der Illoyalität verdächtigen konnte. »Als ich das erste Mal allein zum Elapsieren geschickt wurde, habe ich meinen Großvater zufällig hier getroffen.« Okay, vielleicht nicht
ganz
die Wahrheit. »Er war auf der Suche nach dem Wein ... ist ja jetzt auch egal. Es war eine merkwürdige Begegnung, vor allem, als wir begriffen hatten, wer wir waren. Er hat den Schlüssel und die Parole für meinen nächsten Besuch in diesem Raum versteckt, damit wir uns noch mal unterhalten konnten. Und deshalb bin ich gestern, beziehungsweise 1956, als Violet Purpleplum hier zu Besuch gewesen. Um meinen Großvater zu treffen! Er ist seit ein paar Jahren tot und ich vermisse ihn sehr. Hättest du nicht das Gleiche getan, wenn du gekonnt hättest? Noch einmal mit ihm zu reden, war so . . .«Ich verstummte wieder.
    Gideon schwieg. Ich starrte auf seine Silhouette und wartete.
    »Und Mr George? Er war damals schon der Assistent deines Großvaters«, sagte er schließlich.
    »Ich habe ihn tatsächlich kurz gesehen, mein Großvater hat ihm erzählt, ich sei seine Cousine Hazel. Er hat das sicher längst vergessen - für ihn war das eine unwichtige Begegnung, die geschlagene fünfundfünfzig Jahre her ist.« Ich legte die Hand auf meinen Magen. »Ich glaube . . .«
    »Ja«, sagte Gideon. Er streckte die Hand aus, besann sich dann aber offenbar anders. »Es geht gleich los«, sagte er nur lahm. »Komm noch ein paar Schritte hier rüber.«
    Der Raum begann sich um mich drehen, dann blinzelte ich leicht schwankend ins helle Licht und Mr Whitman sagte: »Da seid ihr ja.«
    Gideon legte seine Taschenlampe auf den Tisch und warf mir einen kurzen Blick zu. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber diesmal lag so etwas wie Mitgefühl darin. Ich wischte mir noch einmal verstohlen übers Gesicht, aber Mr Whitman sah trotzdem, dass ich geweint hatte. Außer ihm war niemand hier. Xemerius war es sicher zu langweilig geworden.
    »Was ist denn los, Gwendolyn?«, fragte Mr Whitman in seinem einfühlsamsten Vertrauenslehrerton. »Ist etwas passiert?« Wenn ich ihn nicht besser gekannt hätte, wäre ich vermutlich versucht gewesen, wieder in Tränen auszubrechen und ihm mein Herz auszuschütten. (»Der bö-höse Gideon hat mich geä-härgert!«) Aber dazu kannte ich ihn viel zu gut. Den gleichen Ton hatte er letzte Woche auch angeschlagen, als er uns gefragt hatte, wer die Karikatur von Mrs Counter an die Tafel gemalt hatte. »Ich finde ja, der Künstler hat wirklich Talent«, hatte er gesagt und dabei amüsiert gelächelt. Prompt hatte Cynthia (natürlich!) verraten, dass es Peggy gewesen war, und Mr Whitman hatte zu lächeln aufgehört und Peggy einen Eintrag ins Klassenbuch verpasst. »Das mit dem Talent war übrigens nicht gelogen. Dein Talent, dich in Schwierigkeiten zu bringen, ist bemerkenswert«, hatte er noch gesagt.
    »Hm?«, machte er jetzt und lächelte vertrauenswürdig und mitfühlend. Aber ich würde bestimmt nicht darauf reinfallen.
    »Eine Ratte«, murmelte ich. »Sie haben gesagt, es gäbe keine .. . Und dann ist die Glühbirne kaputtgegangen und Sie haben mir keine Taschenlampe mitgegeben. Ich war ganz allein im Dunkeln mit dieser fiesen Ratte.« Beinahe hätte ich noch »Das sage ich meiner Mummy« hinzugefügt, aber ich verkniff es mir gerade noch einmal.
    Mr Whitman sah ein bisschen betroffen aus. »Das tut mir leid«, sagte er. »Beim

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