Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
diesem Eindruck.
Als er jedoch Edans Stimme erkannt, breitet sich ein strahlendes Lächeln auf den Gesichtszügen des Mannes auf und die Tür öffnet sich ebenso wie seine Arme.
Herzlich nimmt er Edan in Empfang und drückt ihn fest gegen seine Brust.
„Setz heißes Wasser auf, Liebling. Er ist wirklich gekommen! Nur herein, herein! Worauf wartet ihr?“
Hektisch winkt er uns in die Wohnung und schließt die Tür. Inzwischen hat er meinen Gefährten losgelassen, der atemlos von der Umarmung nach Luft ringt.
„Ich dachte schon, ihr schafft das nicht. Dachte, Deargh kommt euch auf die Schliche. Aber das ist er nicht, oder? Ihr seid hier! Welche Freude!“
Mein Blick wandert zu Edan, der mich beschwichtigend ansieht. Ich bin mir nicht sicher, was ich von diesem schrulligen alten Mann halten soll.
Seine Ohren sind nicht spitz wie meine, sondern rund. Auf seinem Kopf sitzen nur wenige graue Haare und das Gesicht ist von tiefen Furchen durchzogen. Die dunkelbraunen Augen strahlen Lebensfreude aus, auch wenn ich in ihnen einen Hauch Traurigkeit erkenne. Noch nie habe ich ein ähnliches Wesen gesehen. Ilyea altern nicht, haben spitze Ohren und volles Haar. Dieser Mensch wirkt auf mich falsch, als habe die Göttin ihr Werk frühzeitig beendet.
Stirnrunzelnd beobachte ich, wie er einen Tisch freiräumt, auf dem mehrere Schachteln stehen.
„Verzeiht, ich dachte wirklich, ihr kommt nicht. Ist alles so unordentlich hier... Moment.“
„Joachim, hast du an unseren Plan gedacht?“
Entrüstet plustert sich der Mann auf, ein lächerlicher Versuch, im Anbetracht seiner knochigen Gestalt.
„Selbstverständlich, der Platz im Wagen ist euch sicher.“
Allmählich beginne ich zu verstehen. Dieser Mensch soll uns helfen, zu fliehen. Während er weiterhin Kisten verstellt, werfe ich Edan einen kurzen Blick zu. Er fixiert eisern Joachim und würdigt mich keines Blickes. Mir ist nicht klar, wie ich mich verhalten soll, also starre ich ebenfalls unseren merkwürdigen Gastgeber an. Als der Tisch und vier Stühle kistenfrei sind, fordert er uns auf, Platz zu nehmen.
Dankbar nehme ich sein Angebot an, nur Edan zögert einen Augenblick, ehe er sich ebenfalls niederlässt.
Die Holzstühle sind grob gezimmert und ich achte darauf, nicht zu unruhig zu sein, damit keine Löcher in den schwarzen Umhang kommen.
„Hannah, was ist mit dem Tee?“
„Ich komme gleich!“, ertönt eine fröhliche Stimme. Unsicher sehe ich mich um. Der Raum wird von einem prasselnden Feuer erleuchtet, das in einem Kamin vor sich hin lodert. Über den Flammen hängt ein Topf aus Eisen.
Außer dem Tisch und den Sitzgelegenheiten, die wir benutzen, befinden sich nur noch einige hüfthohe Schränke an der Wand. Über ihnen hängen Kräuter, die an einem Seil befestigt sind, das zwischen zwei Nägeln gespannt wurde.
„Bin schon da.“
Überrascht drehe ich mich um, als eine rundliche Frau in den Raum wirbelt. Sie ist definitiv menschlich, strahlt im Gegensatz zu Joachim aber heitere Leichtigkeit aus. Ihr Mondgesicht wird von goldenen Locken umrahmt und sie trägt ein breites Lächeln auf den Lippen.
„Edan, wie schön dich zu sehen!“
Mit einer nicht zu ihr passenden Geschwindigkeit steht sie neben Edan und nimmt ihn in die Arme. Der Überrumpelte japst lautstark nach Luft, woraufhin Hannah ihn wieder loslässt.
„Entschuldige. Und das muss Niamh sein? Edan hat schon so viel von dir erzählt!“
Noch bevor ich dem Halbdämon einen bösen Blick zuwerfen kann, finde ich mich in Hannahs Armen wieder. Die Wucht ihrer Umarmung raubt auch mir für einen kurzen Augenblick den Atem. Bevor ich jedoch ersticke, lässt sie mich los und sieht mich fragend an.
„Tee?“
Ich nicke benommen und lasse mich wieder auf den Stuhl fallen, von dem sie mich während der Umarmung gehoben hat. Die freundliche Frau eilt zu einem der Schränke und fördert zwei Becher sowie eine Schöpfkelle zutage. Mit ihren Errungenschaften eilt sie zum Kamin, öffnet den Topf und füllt die Behälter mit kochendem Wasser. Im Stillen bewundere ich die Souveränität, mit der sie all das erledigt. Auf eine merkwürdige Art sieht sie sogar elegant aus, als sie die Becher vor uns platziert, einige Kräuter von der Leine nimmt und in unsere Trinkgefäße schmeißt. Dankbar lächle ich die Gastgeberin an, woraufhin ihr Grinsen noch breiter wird.
„Edan hat nicht untertrieben. Du siehst wirklich gut aus.“
Verblüfft schaue ich zu Edan, der mit feuerrotem Kopf zu Boden starrt.
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