Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
andere Kleidung und vor allem viel Schmuck. Nur eines ist bei ihnen gleich: Goldenes Haar und bernsteinfarbene Augen. Fasziniert versuche ich die kleinen Unterschiede zu bemerken, die für sie selbstverständlich sind. Vermutlich fiel es anderen Ilyea ähnlich schwer, die Bewohner meines Dorfes auseinanderzuhalten. Nur ich stach dank meiner Augen immer hervor.
Vergangenheit, Niamh.
Die Bilder verschwimmen und ich bin wieder im hier und jetzt.
„Folge mir.“
Ich nicke den umherstehenden Berg-Ilyea höflich zu und folge Cedric, der geradewegs auf die Wand des großen runden Raumes zuläuft. Erst jetzt bemerke ich die verschiedenen Tunnel, die vom großen Hauptraum wegführen und die Balkone und Fenster, welche die große Höhlenwand zieren.
„Hier lebt ihr also?“
Ich betrachte die meisterhaft gearbeiteten und geschmückten Balkone und Fenster, die eins mit dem Stein zu sein scheinen. Einige der Fenster sind mit kunstvollen Blumenranken aus Stein verziert, andere Balkons werden von merkwürdigen Figuren gestützt, die den Stein auf ihren buckeligen Rücken tragen.
In Bodennähe erspähe ich einige unbeholfene, von Kindern geschaffene Steinformationen. Ich schmunzle, während ich einer Fee aus Stein mit zwei ungleichen Flügeln über den Kopf streichle.
Die Oberfläche ist nicht glatt poliert und so füge ich mir eine kleine Verletzung zu. Fluchend führe ich die Hand zum Mund um die Wunde auszusaugen.
„Nun komm schon.“
Gespannt steht Cedric in einem der Höhleneingänge und schlägt mit seinem Fuß einen ungeduldigen Takt.
„Ja doch“, murmele ich und folge ihm brav. Für wenige Schritte verschluckt uns vollkommene Schwärze, dann stehen wir vor einer grazilen Wendeltreppe. Das Geländer besteht aus steinernen Rosenranken, in die schillernde Wand sind die Taten mehrerer Ilyea eingeritzt.
Ehrfurchtsvoll streife ich mit meiner Hand darüber während ich Cedric die Treppe nach oben folge.
„Wohin bringst du mich?“
„Zu meinem Vater.“
Die Angespanntheit in seiner Stimme macht mich nervös.
Nachdem wir die Wendeltreppe hinter uns gelassen haben, enden wir vor einer steinernen Wand. Dieses Mal bin ich nicht überrascht, dass Cedric lediglich seine Hand auflegen braucht, um das massive Gestein zu bewegen.
Es öffnet sich ein Durchgang und ich erspähe einen Raum, in dem alle Möbel aus Stein gearbeitet sind. Tisch und Stühle scheinen direkt mit dem Zimmer verwachsen zu sein, genauso wie die Regale und Bilder an den Wänden.
Am Ende des langgezogenen Tisches steht ein thronähnlicher Stuhl auf dem ein Berg-Ilyea sitzt. Sein hohen Alter und die Weisheit, die damit einhergeht, sind allein an seinen wenigen grauen Haaren zu erkennen, die sich durch das makellose Gold ziehen.
Ehrerbietig verbeuge ich mich, was der Dorfälteste mit einem sanften Lachen quittiert.
„Setz dich nur, Strahlende.“
Verwundert sehe ich ihn an.
„Aber woher her...?“
„Alriel hat mir von dir erzählt.“
„Alriel?“
Der Name löst schmerzhafte Erinnerungen in mir aus.
„Aber wie...?“
„Wir Dorfältesten haben unsere eigenen Wege, miteinander über weite Strecken hinweg zu kommunizieren“, antwortet er schlicht. Stumm akzeptiere ich seine Geheimniskrämerei, obwohl ich gerne Antworten gehabt hätte. Gegen die erhabene Autorität, die er ausstrahlt, bin ich machtlos.
„Mein Name ist Ciyan“, fährt er fort während ich es mir auf einem der Steinstühle so bequem wie möglich mache. Cedric setzt sich ebenfalls.
„Ich weiß bereits um den Überfall und Alriels Tod – möge sie bei den Elementen ruhen – und auch, dass du vermutlich mit einem Dämon unterwegs bist. Anders kann ich mir deine Flucht nicht erklären. Sie benutzen dich als Marionette, nicht wahr?“
Sein eindringlicher Blick sucht in meiner Miene nach einem verräterischen Anzeichen, dass ich durch irgendeinen mysteriösen Zauber noch immer an die Dämonen gebunden bin.
„Ich konnte mit Hilfe eines Freundes entkommen“, erkläre ich schlicht und höre, wie Cedric geräuschvoll die Luft einzieht, als er die Verbindung erkennt.
„Ist dein Freund ein Dämon?“
Die Anspannung in der Luft ist greifbar und drückend.
„Nein“, entgegne ich wahrheitsgemäß. Die beiden Berg-Ilyea wechseln einen verblüfften Blick, lassen es aber dabei beruhen.
„Ich weiß, dass du einen weiten Weg auf dich genommen hast, leider muss ich dir jedoch sagen, dass dieser vergeblich war. Wir wissen alles und die entsprechenden Vorkehrungen sind
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