Sara & Fuxia: Das Zauberamulett (German Edition)
Inzwischen saß sie mit dem Rücken fest an die Wand gepresst, die Arme noch immer um ihre Knie geschlungen. Sie starrte den Vampir an. Sie hechelte leise - was ihr gar nicht auffiel - und klitzekleine Schweißtropfen kullerten von ihrer Stirn über ihre Nase und Lippen. Mit einem deutlich hörbaren „Klack“ schloss Sara ihren Mund. Die Zähne klappten aufeinander. Ein wenig zu heftig, denn einer von Saras Vampirzähnen bohrte sich leicht in ihre Unterlippe. Ein einzelner Bluttropfen löste sich aus den schmalen Lippen der Vampirin und rann über ihr Kinn. Der Tropfen hinterließ eine blassrote Spur, nicht unähnlich einer Narbe.
Eine Hand des Eindringlings schoss ohne Vorwarnung vor. Sie war lang und fein geschwungen. Die Nägel waren lang wie die einer Frau, aber die Figur, so überzeugte sich Sara nochmals mit einem Blick in sein Gesicht, war eindeutig männlich. Mit einem langen Zeigefinger strich der Vampir den Bluttropfen von Saras Kinn. Dann führte er die Hand an den eigenen Mund und leckte das Blut vom Finger.
„Gerade ein bisschen Ketchup genascht?“, fragte er mit einem süffisanten Lächeln.
„W-wo-woher weißt du das?“, stammelte Sara ein wenig angeekelt und ziemlich ängstlich.
„Man kann im Blut schmecken, was jemand zuletzt gegessen hat“, antwortete der Vampir seelenruhig, „Aber davon weißt du natürlich nichts, du bist ja schließlich nur ein Waldvampir.“
„Was heißt da ‚nur’?“, empörte sich Sara.
„Das heißt, dass ihr eigentlich eine Schande für alle Vampire seid. Richtige Vampire trinken Menschenblut. Von mir aus auch noch Tierblut. Aber was ihr macht ist kindisch und hat nichts mit echten Vampiren zu tun.“ Die Stimme des Eindringlings war noch immer kühl, um nicht zu sagen kalt. Ständig umspielte ein süffisantes Lächeln seine blassblauen Lippen.
„Ich werde dir zeigen, was ein echter Vampir ist“, antwortete Sara. Die kurze Diskussion hatte ihr Blut in Wallung gebracht. Die Furcht war verflogen, stattdessen überwiegte jetzt der Ärger über die Frechheiten, die ihr in ihrem eigenen Zimmer entgegen geschleudert wurden. Sara machte einen Satz nach vorne. Sie sprang auf ihre Beine und konnte der Gestalt jetzt direkt in die Augen sehen. Zuvor war der Vampir bedrohlich über ihr gestanden, jetzt waren sie auf gleicher Höhe – auch wenn Sara dabei auf ihrem Bett stehen musste. Sara zog die Lippen zurück und versuchte ihre Vampirzähnchen zu richtigen Hauern wachsen zu lassen. Und – es gelang! Die Wut und der Ärger hatten ihre Zähne wieder wachsen lassen. Natürlich waren sie im Vergleich zu dem anderen Vampir noch immer kurz, aber Sara fühlte sich jetzt wesentlich besser, stärker. Die Nasenspitzen der beiden Vampire waren nur durch wenige Zentimeter getrennt. Saras Mund war weit aufgerissen und ihre Zähne stachen im wahrsten Sinne des Wortes deutlich hervor. Sie fauchte und glaubte sogar ein wenig dabei gespuckt zu haben.
„Aber, aber, kleine Sara. Schon gut, beruhig dich wieder“, antwortete der andere Vampir weiter ruhig lächelnd. Er klopfte ihr sanft auf die Schultern. Sara wollte sich aber nicht beruhigen. Und sie wollte sich auch nicht wieder hinsetzen. Die Arme des anderen Vampirs übten aber eine unglaubliche Kraft, sanft und druckvoll zugleich, aus. Und schließlich fand sich Sara wieder auf ihrem Hintern sitzend, während sich der andere Vampir über sie beugte. Mit seinen Armen stützte er sich links und rechts von Sara ab.
„Wie heißt du überhaupt?“, fragte Sara bedrängt. Sie saß wieder mit ihrem Rücken ganz an die Wand gedrängt.
„Reißzahn. Reinhard Reißzahn, ist mein Name. Ich bin ein richtiger Vampir und ich bin gekommen, um dir zu zeigen, wie richtige Vampire leben. Es wäre doch schade, wenn so ein hübsches Mädchen wie du hier im Wald versauern würde, nicht?“
„Wäre es das?“, fragte Sara erstaunt, interessiert und auch ein wenig geschmeichelt.
„Ja, wäre es!“, bekräftigte Reinhard Reißzahn, „Du weißt ja gar nicht, wie aufregend das Leben in der Stadt ist.“
Sara schüttelte entschlossen den Kopf, „Schon möglich, aber du hast ja keine Ahnung, wie aufregend das Leben im Wald sein kann.“
Reißzahn fuhr fast unmerklich zusammen. Offenbar war er Widerspruch nicht gewohnt. Einen Moment später zeigte er aber wieder alle Anzeichen seiner gewohnten Souveränität und Selbstsicherheit. „Für ein Kind ist es im Wald vielleicht ganz spannend. Aber auch du wirst einmal erwachsen werden. Und was
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