Sara & Fuxia: Das Zauberamulett (German Edition)
denn?“
„Sie können fliegen, wir können nur schweben. Sie können Gedanken lesen. Das sind nur einige Beispiele. Vor allem aber lieben sie ihren Mythos. Die Menschen fürchten sie, obwohl sie gar nicht wirklich an Vampire glauben. Du musst wissen: Für Menschen gibt es nur Vampire – sie unterscheiden nicht zwischen Stadt- und Waldvampiren. Nicht einmal die Stadtvampire machen das. Für sie sind wir Ausgestoßene. Würden wir uns in ihre Affären einmischen, würden sie uns jagen und zur Strecke bringen wollen. Hast du dich nie gewundert, wieso wir unseren Verwandten in der Stadt nur so selten Besuche abstatten?“
Sara schüttelte den Kopf. Es war immer so gewesen, und damit basta. Sie hatte nichts anderes gekannt. „Und ihr habt das alles aufgegeben?“, fragte sie schließlich erstaunt. Der Gedanke an Fliegen und Gedanken lesen ließ sie wieder an Reinhard Reißzahn denken.
„Ja, haben wir. Und wie gesagt, das Resultat bist du. Zu den Dingen die Vampire nicht können, gehört auch Kinder bekommen. Wenn du das Blut anderer Menschen trinkst, verlierst du alles Menschliche. Es ist der Preis den du zahlst. Und genau das macht dich für die Stadtvampire so interessant: Du bist der erste Vampir, der als Vampir geboren wurde! Niemand hat dich zu einem Vampir gemacht. Du bist als Vampir geboren!“ Titania brach ab, sie musste wieder mit ihren Tränen kämpfen. „Wir hätten dich niemals in die Stadt mitnehmen dürfen. Die anderen Vampire hätten nie wissen dürfen, dass es dich überhaupt gibt. Dass jetzt einer von ihnen im Wald herumgeistert ist nur ein Zeichen dafür, dass sie neugierig geworden sind. Neugierig darauf, was du bist und was du kannst. Wenn sie könnten, würden sie versuchen aus dir einen von ihnen zu machen. Verstehst du, Sara? Du bist etwas Besonderes. Alle anderen Vampire waren einmal Menschen. Aus verschiedenen Gründen wurden sie zu Vampiren gemacht. Woran die Menschen glauben, ist ja lachhaft.“
„Woran glauben sie denn?“
„Dass jeder, der von einem Vampir gebissen wird, auch zu einem Vampir wird.“
„Und das ist nicht so?“
Titania lachte hell auf. Es tat gut, kurz ein anderes Thema anzuschneiden. „Nein, ganz und gar nicht. Stell dir das nur vor. Vampire gibt es seit tausenden Jahren. Wenn jeder Vampir seit damals pro Tag nur einen Menschen gebissen hätte, würde es heute nur noch Vampire geben! Die Realität, Sara, sieht ganz anders aus. Ein Mensch wird nur dann zum Vampir, wenn er auch das Blut eines Vampirs trinkt.“
Sara schüttelte verwirrt den Kopf. „Ich glaub, jetzt komme ich nicht mehr ganz mit“, meinte sie schließlich.
„Es funktioniert ganz einfach: Man trinkt das Blut eines Menschen bis zu dem Moment, der über Leben und sofortigen Tod entscheidet. Dann gibt man ihm das Blut zurück. Es hat sich mit deinem Vampirblut vermischt und wird den Menschen in einen Vampir verwandeln.“ Sara gab keine Antwort, aber ihre Augen wurden immer größer.
„Hast du schon einmal einen Menschen zu einem Vampir gemacht?“, fragte Sara zögernd.
Titania antwortet ebenso zögernd: „Ja, sogar mehrere. Aber dann habe ich damit aufgehört und bin mit deinem Vater in den Wald gegangen. Wir hatten genug davon. Wir wollten nicht mehr. Wir haben Jahrhunderte lang wie echte Vampire gelebt. Aber irgendwann einmal kommt der Zeitpunkt, an dem du dich fragst, ob es wirklich der einzige Weg ist.“ Titania erhob sich und zog Sara ebenfalls auf. „Jetzt aber genug davon. Heute Abend ist eine Versammlung aller Waldgeister. Wir besprechen, wie wir mit diesem Stadtvampir fertig werden können. Er hat schon zuviel Schaden in unserem friedlichen Wald angerichtet.“
„Ist das alles?“, fragte Sara neugierig.
„Was meinst du?“
„Na, besprecht ihr nur das Vampirproblem?“
„Nein“, antwortete Titania verblüfft, es gibt noch ein anderes Problem. Irgendjemand bricht in die Häuser und Hütten ein und lässt kleine Dinge mitgehen. Wir wissen bisher noch nicht, wer es ist. Und außerdem ist da noch das Problem der Trauerweide. Ich weiß nicht, ob du und Fuxia damit schon Bekanntschaft gemacht habt. Aber eine solche Weide ist immer ein schlechtes Zeichen. Bislang haben wir aber dagegen auch noch nichts unternehmen können. Außerdem hat sie ja noch nichts getan.“
„Wenn du wüsstest“, dachte Sara. Sie gab ihrer Mutter einen Kuss auf die eisige Wange und verschwand dann im Haus. Titania blickte ihr kurz nach und folgte ihrer Tochter dann ins Haus. Sie hoffte, dass ihre
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