Sara Linton 01 - Tote Augen
andere Seite herum, und Will schaute in die Fenster, versicherte sich, dass nichts verdächtig aussah. Als sie dann wieder vor der Vordertür standen, hatte das Blackberry den Text fertig geladen.
Auf seinem Verhaftungsfoto hatte Jake Berman einen Vollbart – die ungepflegte Art, die Vorstadt-Daddys gern trugen, wenn sie subversiv aussehen wollten. Faith zeigte Will das Bild. » Als ich mit ihm sprach, war er glatt rasiert«, sagte sie.
» Felix sagte, der Mann, der seine Mutter verschleppt hatte, hätte einen Schnurrbart gehabt.«
» So schnell hätte er sich keinen wachsen lassen können.«
» Wir könnten Skizzen anfertigen lassen, wie Jake ohne Gesichtsbehaarung oder mit einem Schnurrbart oder wie auch immer aussehen würde.«
» Amanda muss entscheiden, ob wir das veröffentlichen oder nicht.« Eine solche Skizze an die Öffentlichkeit zu geben, könnte bei Jake Berman Panik auslösen und ihn dazu bringen, sich noch besser zu verstecken. Wenn er ihr Bösewicht war, könnte ihn das außerdem warnen. Er könnte beschließen, alle Zeugen umzubringen und den Staat zu verlassen – oder noch schlimmer, das Land. Hartsfield International Airport bot jeden Tag zweitausendfünfhundert Flüge nach überallhin an.
Will sagte: » Er hat dunkle Haare und dunkle Augen wie Pauline.«
» Das haben Sie auch.«
Will zuckte die Achseln und gab zu: » Er sieht nicht aus wie ihr Zwilling. Vielleicht wie ihr Bruder.«
Faith hatte mal wieder auf dem Schlauch gestanden. Sie schaute die Geburtstage nach. » Berman feierte einen Geburtstag, nachdem er verhaftet wurde. Er wurde achtzehn Monate vor Pauline geboren.«
» Trug er einen Anzug, als er verhaftet wurde?«
Faith suchte in dem Bericht. » Jeans und Pullover. Dasselbe wie im Grady, als ich mit ihm sprach.«
» Gibt der Bericht seine Beschäftigung an?«
Faith schaute nach. » Arbeitslos.« Sie las die anderen Details und schüttelte den Kopf. » Das ist so ein schlampiger Bericht. Ich kann nicht glauben, dass ein Lieutenant den hat durchgehen lassen.«
» Ich habe solche Einsätze auch schon mitgemacht. Man bekommt da zehn, vielleicht fünfzehn Typen pro Tag. Die meisten leugnen einfach oder bezahlen die Strafe und hoffen, dass die Sache damit ausgestanden ist. Man lässt sich nicht auf ein Gerichtsverfahren ein, weil man auf keinen Fall seinem Ankläger gegenübertreten will.«
» Was ist die › typische Handbewegung ‹ , die man macht, um nach Sex zu fragen?«, erkundigte sich Faith neugierig.
Will zeigte eine obszöne Geste mit den Fingern, und Faith wäre es lieber gewesen, sie hätte nicht gefragt.
Er blieb hartnäckig. » Es muss doch einen Grund geben, warum Jake Berman sich versteckt.«
» Was sind unsere Alternativen? Er ist entweder ein Schmarotzer, er ist Paulines Bruder, oder er ist unser Bösewicht. Oder alles zusammen.«
» Oder nichts davon«, gab Will zu bedenken. » Wie auch immer, wir müssen auf jeden Fall mit ihm reden.«
» Amanda lässt das ganze Team nach ihm suchen. Sie benutzen alle Ableitungen seines Namens, die ihnen einfallen – Jake Seward, Jack Seward. Sie versuchen es mit McGhee, Jackson, Jakeson. Der Computer sucht nach allen Varianten.«
» Wie ist sein zweiter Vorname?«
» Henry. Also nehmen wir Hank, Harry, Hoss …«
» Wie kann jemand ein Vorstrafenregister haben, und wir können ihn trotzdem nicht finden?«
» Er benutzt keine Kreditkarten. Er hat keine Handyrechnung und keine Hypothek. Keine seiner letzten bekannten Adressen hat irgendwas ergeben. Wir wissen nicht, wer sein Arbeitgeber ist oder wo er in der Vergangenheit gearbeitet hat.«
» Vielleicht läuft alles auf den Namen seiner Frau – den Namen, den wir nicht haben.«
» Wenn mein Mann erwischt würde, wie er sich in einem Einkaufszentrum den Pimmel polieren lässt, während ich mit unseren Kindern draußen stehe …« Faith machte sich nicht die Mühe, den Satz zu beenden. » Es würde schon helfen, wenn der Anwalt, der diesen Fall von Erregung öffentlichen Ärgernisses bearbeitete, kein totales Arschloch wäre.« Der Anwalt weigerte sich, irgendwelche Informationen über seinen Mandanten preiszugeben, und behauptete, er habe keine Möglichkeit, mit Jake Berman in Kontakt zu treten. Amanda hatte einen Gerichtsbeschluss zur Akteneinsicht beantragt, aber solche Gerichtsbeschlüsse brauchten ihre Zeit – und Zeit war etwas, das knapp wurde.
Ein blauer Ford Escape hielt vor dem Haus. Der Mann, der ausstieg, sah aus wie ein Paradebeispiel für Angst,
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