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Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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mit Organhandel zu tun. Ein Kult vielleicht? Soweit ich weiß, kann man mit einer Niere groß Kohle machen, so um die hundert Riesen.«
    » O Mann«, murmelte Faith. » Das ist das Blödeste, was ich je gehört habe.«
    » Die Niere wurde nicht entfernt?« Leo schien enttäuscht.
    Faith antwortete nicht, und Will wollte Leo Donnelly keine Informationen geben, mit denen er dann im Bereitschaftssaal hausieren gehen konnte. Er fragte: » Hat Felix schon irgendwas gesagt?«
    Leo schüttelte den Kopf und zeigte seine Marke, damit man sie in die Notaufnahme einließ. » Der Junge hat völlig zugemacht. Ich habe den Sozialdienst gerufen, aber die kriegen auch nichts aus ihm raus. Ihr wisst doch, wie die in diesem Alter sind. Der Kleine ist wahrscheinlich ein bisschen zurückgeblieben.«
    Faith wurde wütend. » Der Junge ist wahrscheinlich verstört, weil er mit ansehen musste, wie seine Mutter entführt wurde. Was erwartest du denn?«
    » Wer weiß das schon. Du hast doch einen Jungen. Ich dachte mir, du weißt besser, wie man mit ihm redet.«
    Will fragte Leo: » Hast du keine Kinder?«
    Leo zuckte mit den Achseln. » Sehe ich aus wie ein Mann, der eine gute Beziehung zu seinen Kindern hat?«
    Die Frage erforderte eigentlich keine Antwort. » Wurde dem Jungen irgendwas angetan?«
    » Die Ärztin meint, er ist okay.« Er stieß Will den Ellbogen in die Rippen. » Weil wir gerade von der Ärztin reden, die ist wirklich was anderes. Ein Klasseweib. Rote Haare, Beine bis hierher.«
    Faith hatte ein Lächeln auf den Lippen, und Will hätte sie noch einmal nach Victor Martinez gefragt, wenn Leo nicht seinen Ellbogen in Wills Leber gerammt hätte.
    Aus einem der Zimmer ertönte ein lautes Alarmsignal, und Schwester und Ärzte rannten mit schepperndem Notfallwagen und fliegenden Stethoskopen an ihnen vorbei. Bei den vertrauten Aktivitäten und Geräuschen zog sich Will der Magen zusammen. Er hatte schon immer Angst vor Ärzten gehabt – vor allem vor den Ärzten des Grady, die das Waisenhaus versorgt hatten, in dem Will aufgewachsen war. Sooft er von einer Pflegefamilie wieder weggeholt wurde, hatten die Polizisten ihn hierhergebracht. Jeder Kratzer, jeder Schnitt, jede Abschürfung und jeder blaue Fleck mussten fotografiert, katalogisiert und präzise beschrieben werden. Die Schwestern waren erfahren genug, um zu wissen, dass man für diese Arbeit eine gewisse Distanziertheit brauchte. Die Ärzte waren nicht so erfahren. Sie schimpften und stritten mit den Sozialarbeitern, dass man als Junge auf den Gedanken kam, dass sich jetzt endlich etwas ändern würde, aber dann war man ein Jahr später wieder in diesem Krankenhaus, und ein neuer Arzt schimpfte und schrie herum.
    Jetzt, da Will bei den Gesetzeshütern arbeitete, wusste er, dass ihnen die Hände gebunden waren, aber das änderte nichts daran, dass sich ihm immer noch der Magen umdrehte, wenn er die Notaufnahme des Grady betrat.
    Als würde Leo spüren, dass er die Situation noch schlimmer machen konnte, klopfte er Will auf den Arm und sagte: » Tut mir leid, dass Angie weg ist, Mann. Ist wahrscheinlich besser so.«
    Faith sagte nichts, aber Will war glücklich, dass Blicke nicht töten konnten.
    Leo sagte: » Ich mache mich mal auf die Suche nach der Ärztin. Sie hatten den Jungen im Ärztezimmer und versuchten, ihn zu beruhigen.«
    Er ging, und Faiths Schweigen sprach Bände. Will lehnte sich an die Wand und steckte die Hände in die Taschen. In der Notaufnahme ging es nicht so hektisch zu wie letzte Nacht, aber noch immer liefen genug Menschen umher, um eine private Unterhaltung schwierig zu gestalten.
    Faith schien es nichts auszumachen. » Wie lange ist Angie schon weg?«
    » Ein knappes Jahr.«
    Ihr stockte der Atem. » Sie sind doch erst seit neun Monaten verheiratet.«
    » Na ja.« Er schaute sich um, aber diese Unterhaltung wollte er weder hier noch sonst wo führen. » Sie hat mich nur geheiratet, um zu beweisen, dass sie tatsächlich vorhatte, mich zu heiraten.« Er musste trotz der peinlichen Situation grinsen. » Es ging mehr darum, einen Streit zu gewinnen, als tatsächlich zu heiraten.«
    Faith schüttelte den Kopf, als könne sie nicht begreifen, was er da sagte. Will war sich nicht sicher, ob er ihr helfen konnte. Er hatte seine Beziehung zu Angie Polaski nie verstanden. Er kannte sie seit seinem achten Lebensjahr, und in den folgenden Jahren hatte er nicht viel über sie herausgefunden, außer dass sie in dem Augenblick, da sie sich ihm nahe fühlte, zur

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