Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
zurück. » Willst du damit sagen, er hat sich mit einer Frau getroffen? «
Philipp Brand nickte.
» Vielleicht hat er sich eine vom Strich geholt « , schlug Levic vor. » In dem Zusammenhang wird uns jeder glauben, dass man deinem Vater die Drogen ohne sein Wissen verabreicht hat. Nur für den Fall, dass die Sache tatsächlich an die Öffentlichkeit dringt, sollten wir vorbereitet sein. Wir könnten an der Geschichte festhalten, bis wir wissen, was wirklich passiert ist. «
» Eine vom Strich? « , wiederholte Philipp Brand irritiert. Er fuhr sich mit der Hand über den Kopf.
» Nicht von dem Strich, an den du jetzt denkst. Nicht vom Straßenstrich. Das wäre nicht Oskars Stil … wenn überhaupt. Es gibt auch Edelnutten « , erklärte Levic.
» Ich glaube nicht, dass mein Vater sich eine Prostituierte ins Bett geholt hat. « Doch ganz so überzeugt, wie er klang, war er nicht. Noch vor wenigen Stunden hätte er seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sein Vater ein zurückgezogenes und sowohl drogen- als auch sexfreies Leben geführt hatte.
Er ließ sich auf einen Stuhl fallen, stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf und legte seinen Kopf in die Hände. Welcher Skandal würde höhere Wellen schlagen? Der, dass Oskar Brand Drogen genommen hatte, oder der, dass er es vor seinem Tod mit einer Nutte trieb? Und dann verdüsterte eine weitere dunkle Wolke seine Gedanken: Möge es bloß kein junger Stricher gewesen sein!, flehte Philipp Brand stumm. Verdammte Scheiße! Warum konnte sein Alter nicht ganz normal sterben, so wie andere Menschen auch?
Das Telefon auf dem Schreibtisch läutete.
Gerhard Levic hob ab, hörte eine Weile zu, dann presste er den Hörer auf seine Brust. » Die Katrin. Sie will wissen, ob du jetzt für eine Journalistin vom Wiener Boten zu sprechen bist. Sie heißt Sarah Pauli, wenn ich den Namen richtig verstanden habe, und ruft schon zum zigsten Mal an. «
» Keine Interviews « , sagte Philipp Brand ohne aufzusehen. » Keine Interviews. Nicht diese Woche. «
Gerhard Levic nahm den Hörer wieder an sein Ohr. » Katrin? Hast du gehört? Keine Interviews. Dafür kannst du die Pressemeldung rausschicken. Und sag den Presseleuten, dass Philipp nicht im Haus ist und heute auch nicht mehr kommt. Dann rufen sie nicht ständig hier an. «
Philipp Brand hob den Kopf. » Sag mir die Wahrheit, Gerhard. Hat mein Vater jemals Drogen genommen? «
» Ich weiß nichts von Drogen « , wiederholte Levic.
12
SARAH PAULI
W ütend knallte Sarah den Hörer auf.
» Verdammt! Diesen Kerl bekommt man einfach nicht ans Telefon « , brüllte sie die Wände ihres Büros an. » Erst ist er nicht zu sprechen, dann ist er angeblich nicht mehr im Büro. Verdammte Scheiße! «
Sie schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. Ihr Glücksschwein kippte um.
» Entschuldige. « Sie richtete es wieder gerade.
Sollte sie einfach hinfahren und vor Philipp Brands Bürotür warten? Dass er nicht in der Firma sei, war garantiert gelogen. Alles reine Schutzbehauptungen. Wenigstens hatte sie erreicht, dass Katrin Niedler nachfragte, nachdem sie Sarah genervt noch einmal erklärt hatte, dass Philipp Brand nicht für Interviews zur Verfügung stehe.
Also gut, sie würde weder zu Philipp Brands Büro fahren, noch würde der ihr ein Interview geben. Kein Zweifel. Eher würde man die Polizei rufen und sie wegen Ruhestörung festnehmen lassen.
Die Pressemitteilung der Brand & Sohn AG war hohl. Sie erfuhr nichts, was sie nicht schon aus dem Polizeibericht wusste, bis auf den Hinweis, man möge Verständnis dafür haben, dass Philipp Brand derzeit nicht für Interviews zur Verfügung stehe. Als Pressekontakt waren Telefonnummer und Mailadresse der Kommunikationsleiterin Ulrike Kastler angegeben.
Mit der zu sprechen konnte Sarah sich ersparen. Sie würde nur das allgemeine Statement abgeben und nichts darüber hinaus.
Vielleicht sah sie ja auch bloß Gespenster, wo es keine gab. Was war passiert? Der Chef eines international tätigen Konzerns war gestorben. Das passierte jeden Tag irgendwo auf der Welt.
Dennoch fand Sarah es befremdlich, dass nirgends die Todesursache genannt wurde. Keine Erkrankung. Kein Herzinfarkt. Als hätte Oskar Brand einfach so aufgehört zu leben. Und das erschien Sarah ungewöhnlich.
Dazu die Formulierung in der Polizeimeldung: tot aufgefunden. Warum wurde nicht einfach gesagt, dass er plötzlich verstorben sei. Tot aufgefunden klang für Sarah nach einem Verbrechen. Sie hätte allerdings nicht
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