Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
einem Verhör: Jemand fragte, und das Gegenüber antwortete nur sehr verhalten, um nur ja keine falsche Antwort zu geben, aus der sich dann womöglich ein Strick drehen ließ. Die Sekretärin arbeitete seit drei Jahren in dem Unternehmen. Für ihren Chef war sie voll des Lobes. Er sei immer freundlich, sie habe ihn noch nie grantig erlebt. Auch habe Philipp Brand ihr noch nie einen freien Tag verweigert. Je länger Katrin Niedler sprach, desto lockerer wurde sie. Sie mochte ihren Chef offenbar sehr. Zeit, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
» Kannten Sie Renate Maurer? «
Die Sekretärin sah sie lange an. » Wie kommen Sie jetzt auf Renate? «
» Nur so. «
Auch wenn Katrin Niedler alles andere als eine Plaudertasche war, so erfuhr Sarah dennoch, dass sie und Doris Heinlein ein paar Mal bei Renate Maurer eingeladen waren. Doch nachdem Renate aus der Firma ausgeschieden sei, hätte sie sie nicht mehr gesehen.
Dann war die Zeit um, und Doris Heinlein kam zur Tür herein. Philipp Brands Sekretärin verließ den Raum, sichtlich froh, die Sache hinter sich zu haben.
Wie bei einem Verhör, schoss es Sarah zum zweiten Mal durch den Kopf. Bei Oskar Brands Sekretärin hielt sie sich gar nicht lange mit Fragen über den verstorbenen Chef auf, sondern kam gleich auf den Punkt. Sie wusste bereits, dass Doris Heinlein seit fünf Jahren für das Unternehmen arbeitete.
» Da kannten Sie doch sicher auch Renate Maurer. «
Doris Heinlein nickte.
» Waren Sie mit ihr befreundet? Ich meine, wussten Sie, was sie in ihrer Freizeit so macht? « , näherte sich Sarah vorsichtig ihrer eigentlichen Frage. » Sie waren ja mit Katrin Niedler gemeinsam bei ihr eingeladen. Da lernt man sich doch ein bisschen kennen. «
» Sie interessierte sich für Kunst und ging gerne ins Museum. Glaube ich jedenfalls. Sie hat im Büro öfter mal von irgendwelchen Ausstellungen erzählt. Ich kenne mich da leider nicht so aus, fand es aber immer sehr interessant, was Renate darüber erzählte. «
Doris Heinlein blickte auf ihre Hände.
» Hatte Renate Maurer einen Freund? « , fragte Sarah.
» Warum wollen Sie eigentlich so viel über sie wissen? Das hat doch mit meinem Chef nichts zu tun. Ich dachte, Sie wollen etwas über das Betriebsklima hier erfahren. Jedenfalls hat Herr Magister Levic … «
» Ich weiß, er hat Ihnen sicher die Antworten auf meine Fragen schon vorgegeben. Aber ich möchte gern mehr hinter die Kulissen blicken und dachte, wenn Sie mir etwas über Renate Maurer erzählen, dass mir das auch etwas über Ihren Chef verrät. Aber keine Angst, Frau Heinlein. Wenn Sie etwas ausplaudern, worüber ich nicht schreiben soll, dann werde ich das auch nicht tun. Das verspreche ich Ihnen. «
» Aber was meinen Sie damit? Was sollte ich denn ausplaudern? «
Sarah legte den Ausdruck eines der Fotos, die sie von Conny bekommen hatte, auf den Tisch, und beobachtete die Sekretärin aufmerksam. » Deshalb. So wie es aussieht, hatte Ihre ehemalige Kollegin ein Verhältnis mit Ihrem Chef. Der hier « , sie zeigte auf Mario Kaiser, » ist der Betreiber eines In-Lokals im ersten Bezirk. «
Doris Heinlein warf einen verstohlenen Blick auf ihre Armbanduhr. Dann griff sie nervös nach der Mineralwasserflasche auf dem Tisch und schenkte sich ein Glas ein.
Sie weiß etwas!, triumphierte Sarah innerlich.
» Warum interessiert Sie das alles? « , fragte sie Sarah schließlich.
Die Frau war misstrauisch. Verständlich.
» Ehrlich gesagt, Frau Heinlein, vermute ich, dass der Tod Ihres Chefs mit dem Tod Ihrer Kollegin Renate Maurer zusammenhängt. Sie waren doch seine Sekretärin. Sie waren sicher seine rechte Hand. Ich kenne Chefs, die ohne ihre Sekretärinnen völlig hilflos wären. «
Das Umschmeicheln half. Doris Heinlein lächelte verlegen.
» Ja schon … also gut, ja, Renate Maurer und mein Chef hatten ein Verhältnis. « Ihr Gesicht wurde wieder ernst. » Aber von mir haben Sie das nicht. Schreiben Sie auf keinen Fall, dass ich Ihnen das gesagt habe. Ich verliere sonst meinen Job. «
» Keine Angst, das werde ich sicher nicht. Und von dem Verhältnis haben nur Sie etwas gewusst? «
Doris Heinlein schüttelte den Kopf.
» Es haben fast alle davon gewusst. Deshalb gab es ja auch einen ziemlichen Skandal, weil mein Chef … « Sie stockte. » Entschuldigung … aber er hat sie … also … Renate musste aus ihrer alten Wohnung raus, und als Überbrückung sozusagen hat er sie in seinem Zweithaus am Wilhelminenberg einquartiert.
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