Sarg niemals nie
dass wir uns von ihm beobachtet fühlen.«
»Hm.« Wieder ließ ich den Blick durch den Pub wandern, entdeckte abermals nichts und erinnerte mich, dass ich ein paar Sekunden zuvor schon einmal das Gleiche ebenso ergebnislos versucht hatte. Da mir nichts Besseres einfiel, geriet ich in Versuchung, mich ein drittes Mal umzusehen, doch nun fiel mein Blick zufällig auf die Gasse neben der Bank. Ich nahm das letzte Stück Fisch an mich, wickelte es in eine Serviette und stand rasch auf. »Wir müssen aufbrechen.«
John erhob sich ebenfalls, legte ein paar Pence auf den Tisch, und dann gingen wir langsam und ganz unverdächtig hinaus.
»Wir warten in der Gasse«, erklärte ich. »Dort können wir uns ebenso gut verstecken wie anderswo, und wenn Percy kommt, bemerken wir ihn sofort.«
»Und der Mann im Pub?«
»Da wir nicht in die Gasse blicken konnten, konnte er es auch nicht. Falls er uns folgt, wissen wir es genau … dass er uns verfolgt. Und wenn nicht, war er nur ein neugieriger Mann in einem Pub.«
Wir umrundeten das Bankgebäude und stellten fest, dass es außer der Vordertür und der Seitentür in der Gasse keine weiteren Ausgänge gab. Die Gasse zwischen der Bank und dem Nachbarhaus war eng und stank, da dort gleich zwei Abzugsschächte endeten. Eine Ansammlung von Müllbehältern verstärkte die Gerüche noch, und eine dünne Schicht Ruß aus einem Schornstein in der Nähe verlieh der Gegend ein hinreichend trostloses Aussehen. Wir verharrten in einer kleinen Nische, von der aus wir die Gasse und einen großen Teil der Straße überblicken konnten.
»Natürlich kommt er durch diese Tür«, überlegte John, während er sich zufrieden in der Gasse umsah. »Die andere könnte man ebenso gut vernageln. Jeder, der sie kennt, benutzt viel lieber diesen Ausgang.«
»Die Gasse ist jedenfalls einigermaßen schrecklich.«
»Dann hast du es auch bemerkt? Ausgesprochen garstig, würde ich meinen. Wer durch eine solche Tür heraustritt, weiß den Heimweg umso mehr zu schätzen.«
»Verbring einen Nachmittag in einer Gasse wie dieser, und du weißt den Tod zu schätzen.«
»Das ist die richtige Einstellung«, sagte John fröhlich. »Was hältst du davon, wenn wir uns den Fisch teilen, den du eingesteckt hast? Ich habe immer noch großen Hunger.«
»Kein Wunder, du hast das Frühstück ausgelassen«, entgegnete ich und zog den fettigen Fisch hervor, umihn etwas ungeschickt in zwei Teile zu zerbrechen. »Wenn dir das nächste Mal jemand einen Teller mit Würstchen und Stampfkartoffeln ausgibt, solltest du ihn wenigstens leer essen.«
»Und damit alles verderben?«, erwiderte John entsetzt. »Hast du heute Morgen gar nicht zugehört?«
Es war später Abend, ich war schon wieder sehr hungrig, als endlich ein Strom von Schreibern und Sekretären die Bank verließ. Bestürzt musste John feststellen, dass nur wenige den Ausgang in der Gasse benutzten, und Percy ließ sich überhaupt nicht blicken. Schließlich wurde es dunkel und sehr kalt. Ich zog mir die Jacke enger um die Schultern, John hatte seine über den Arm gelegt, sich sogar die Weste und den Kragen aufgeknöpft und war schutzlos der Witterung ausgesetzt. Der Hut, den er erst am Morgen für eine erkleckliche Summe erstanden hatte, lag vor seinen Füßen wie ein vergessener Hund.
»Hast du dich schon einmal gefragt, warum wir bei Gebäuden von Stockwerken reden? Das klingt fast so, als würden die Bauarbeiter Stöcke benutzen, um an den Häusern herumzuwerkeln.«
Ich schwieg dazu. Er wollte mich sicher nur wieder dazu verleiten, irgendetwas zu sagen und ihm so Anlass zu neuen Reimen zu geben. So standen wir noch eine Weile schweigend herum und beobachteten die Bank. Auf einmal aber hörte ich Schritte.
»Was war das bloß?«, flüsterte ich aufgeregt.
»Gewiss kein Reiter hoch zu Ross«, entgegnete John grinsend. Dann war ein weiterer Schritt zu hören, und nun wurde auch mein Freund unruhig.
»Es kommt aus der Gasse«, raunte ich, während ich mich umsah. »Aber an der Tür zur Bank entdecke ich niemanden.«
»Weiter hinten«, flüsterte John. »Jemand betritt die Gasse am anderen Ende.«
»Siehst du, wer es ist?«
Die Schritte näherten sich einem Flecken Mondlicht am Rand der Häuserzeile. John japste erschrocken auf, als die ferne Gestalt vorübergehend ins Helle trat. Er packte mich und zerrte mich in die Mauernische.
»Es ist der Mann aus dem Pub.«
»Der Wachtmeister?«
»Wir wissen nicht, wer er ist.«
»Richtig, er war ja auch nicht wie
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