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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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alles zu, was stark schmeckt und beißend riecht, auch auf Zimt und Lauge. Mich hat man einmal mit einem Stück altem Cheddar vertrieben.«
    »Aber alle diese Geschichten!«, rief John. »Es gibt doch so viele wundervolle Legenden und Sagen über Vampire, die schon lange überliefert werden – wie sie wehrlose Jungfern überwältigen und so weiter. Allerdings muss ich einräumen, dass dies erst richtig bekannt wurde, als die neue Welle der Gruselromantik begann.«
    »Genau das ist es ja«, bestätigte Schwarz traurig. »Nur wegen dieser Schauerromane konnten wir überhauptgewisse Fortschritte machen. Das Mittelalter war grauenhaft – wenn man da in einer Gasse ein Mädchen anfallen wollte, hatte man schneller einen Milcheimer am Kopf, als man blinzeln konnte. Das war für uns die finsterste Zeit, aber leider nicht die Art von Dunkelheit, die wir bevorzugen.«
    »Deshalb haben wir die Schauerromane erfunden«, pflichtete ihm ein anderer bei.
    »Ihr habt die Schauerromane erfunden?«, wiederholte John voller Ehrfurcht.
    »Das war die einzige Möglichkeit, die Menschen tatsächlich zu überwältigen«, erklärte Schwarz. »Wir besitzen keine echte Macht, deshalb haben wir das Bild des wehrlosen Opfers in den Mittelpunkt gerückt. Es hat Wunder gewirkt. Heutzutage stehen die Jungfern praktisch in den Gassen herum und warten nur auf uns. Die Vorstellung, sie seien nicht fähig zu fliehen, lähmt sie so sehr, dass sie es nicht einmal versuchen.«
    »Das Unangenehme daran ist, dass wir nur noch Jungfern bekommen«, gab ein anderer Vampir zu bedenken. »Zwar will ich mich nicht über die Hälse beschweren, aber es ist … die ganze Einstellung dahinter. Wir verfolgen diesen Plan schon seit Jahren und haben Dutzende Jungfern mit glasigen Augen eingemeindet, die sich an ihrer schauerlichen Angst ergötzen. Leider sind sie völlig nutzlos.«
    »Mit denen kann man nichts anfangen«, stimmte ein anderer Vampir zu, der weiter hinten stand. »Eine nennt sich die Herrin der Nacht. Das ist ja gut und schön, aber statt loszuziehen und ein paar Bauern zu ängstigen, hat sie einen Lesezirkel gegründet. Lauter traurige Gedichteüber dunkle Sturmnächte, aber dabei kommt rein gar nichts heraus.«
    »Wenn wir etwas erreichen wollen«, fuhr Schwarz fort, »dann brauchen wir frisches Blut. Das meine ich ganz wörtlich, und deshalb sind wir so abscheulich froh, dich bei uns zu haben, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Ich runzelte die Stirn. »Mich schaudert, wenn ich mir vorstelle, was ihr möglicherweise erreichen wollt.«
    Ermutigt richtete er sich auf. »O Erhabener, wir fassen die erquicklichsten Schreckenstaten ins Auge! Da du nun hier bist, wirst du uns zum Ruhm führen und uns neue Kraft schenken.«
    »Ich habe nicht die Absicht …«
    »Sie sind wieder da!«, zischelte ein Vampir an der Tür. Alle verstummten. Leise Stimmen, fern und gedämpft, drangen durch die Geheimtür und den Gang herüber. Wir lauschten aufmerksam, bis ich schließlich den Kopf schüttelte.
    »Ich kann nicht verstehen, was da vor sich geht.«
    »Wenn sie klug sind, sprechen sie ein Gebet.«
    »Nicht jetzt, John!«
    Niemand wagte auch nur zu atmen, doch die Polizisten – falls sie es waren – redeten zu leise, und wir bekamen nichts mit.
    »Ich glaube, ich höre etwas«, hauchte John. »Ein Raunen.«
    »Wir wissen doch schon, dass sie flüstern.«
    »Nein, keine Stimmen. Etwas anderes.«
    »Das Rauschen dunkler Schwingen?«, fragte ein Vampir hoffnungsvoll.
    »Das ist nicht dein Ernst«, murmelte ich.
    »Es ist etwas anderes«, erklärte John und legte den Kopf schief. Dabei runzelte er vor Anstrengung die Stirn. »Fast wie ein Pfeifen.«
    »Vielleicht dieses neue Lied über die schottische Katze«, warf ein Vampir ein. »Es soll sehr beliebt sein.«
    »Nein, das ist es auch nicht«, wehrte John ab. »Es hat keine richtige Melodie und klingt melancholisch – wie das Flüstern einer erlöschenden Kerze.«
    »Mit ziemlicher Sicherheit ahnt niemand hier, wovon du redest«, stellte ich fest.
    »Ich rede über den Wind«, flüsterte John entrüstet. »Das müsste doch ein eingängiges Bild sein.«
    »Der Wind?«
    »Eine Brise, die durch ein Loch pfeift.«
    »Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie hier Wind hereinkommen kann«, erklärte Schwarz. »Die Haupttür und den Weg, auf dem ihr gekommen seid.«
    Tatsächlich strich ein Lufthauch an mir vorbei, der einen Schleier aus wirbelndem Mehl mit sich trug. Mir wurde angst und bange.
    »Der Wind führt sie zu

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