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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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jemand Ihre Sammlung entdeckt, dann lässt sich die Spur bis zu uns verfolgen.«
    »Deshalb fahre ich mit Ihnen nach London«, erklärte Mary. »Ich warte ab, bis sich alles wieder beruhigt hat. Allerdings glaube ich nicht, dass man eine Verbindung zu mir herstellen wird. Als Einzige wusste die Vermieterin, dass ich den Keller gemietet hatte, und die ist tot.«
    »Tot?« Ich kniff die Augen zusammen. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie …«
    »Natürlich nicht«, beruhigte Mary mich. »Sie war schon tot, als ich dort eintraf. Blutleer.«
    »Du hast wirklich eine ganz neue Mode in Gang gebracht, Frederick«, sagte John.
    »Wenn Harry Ihnen vom Friedhof aus gefolgt ist«, sagte Mary, »dann hat er auf dem Weg zum Leichenhaus bei mir Halt gemacht.«
    »Das klingt einleuchtend«, stimmte ich zu. »Er hat eine deutliche Leichenspur hinterlassen. Ein beunruhigender Gedanke, länger als ein paar Stunden an ein und demselben Ort zu verweilen.«
    »Sie können von Glück reden, dass er nicht Ihren Körper gestohlen hat«, sagte John.
    »Nur weil er die Vermieterin angegriffen hat, muss er noch lange nicht hinter meinem Körper her sein«, widersprach Mary. »Einmal passen wir überhaupt nicht zueinander, und außerdem hat er noch nie einen Körper gestohlen.«
    »Heute Morgen hat er Gwen gestohlen«, erinnerte John uns.
    »Hm«, machte ich mit zunehmendem Unbehagen.
    »Vielleicht hat er einen Körper gestohlen, aber er hat uns auch einen dagelassen.« Sie tätschelte Gustavs Rücken. »Also ist es doch gar nicht so schlimm.«
    »Ja, aber Gwen war noch am Leben, als er sie mitnahm«, warf ich ein. »Wer weiß, in welcher Verfassung wir sie zurückbekommen. Wenn sie so ähnlich aussieht wie Gustav …«
    In diesem Moment rutschte Gustav von der Fensterbank herunter und prallte auf den Boden. Ich schlug mir die Hände vor das Gesicht und stöhnte laut auf.

London · Vormittag
    Es war fast schon Zeit für das Mittagessen, als wir in London eintrafen. Die Kutsche brachte uns zu Percys Wohnung, und wir drei – oder wir vier, sofern man Gustav dazuzählte – sahen dem Fahrer hinterher, bis er hinter der nächsten Ecke verschwunden war.
    »Ich frage mich, wie lange es dauert, bis Harry ihn tötet«, seufzte John sehnsüchtig.
    »Da wir gerade bei unerfreulichen Themen sind«, sagte ich, »könnten wir Percys Wohnung einen Besuch abstatten. Er muss bis heute Abend in der Bank arbeiten, und wir haben viel zu erledigen.« Das Schloss an der Vordertür war noch nicht repariert, doch er hatte von innen etwas Schweres dagegengestellt. Es gefiel mir nicht, bei vollem Tageslicht einzubrechen, doch ich untersuchte alle Fenster, ob ich einen Zugang fände. Zu meiner Überraschung stand ein Fenster weit offen. Die Vorhänge flatterten leicht in der Zugluft. Ich winkte Mary und John zu mir, und dann hoben wir Gustav gemeinsam hoch und beförderten ihn mit Schwung nach drinnen.
    »Aaaah!«, schrie jemand.
    »Still!«, herrschte ich Mary an. »Ich dachte, Sie verstünden sich auf heimliches Eindringen.«
    »Ich habe nicht geschrien«, protestierte sie.
    »Aaaah!«, machte jemand noch einmal.
    »Diesmal war es Frederick«, vermutete John.
    »Nein, das war nicht ich«, widersprach ich. »Ich kreische viel tiefer. Es muss eine Frau gewesen sein.«
    »Aaaah!«, ließ sich die Stimme zum dritten Mal vernehmen.
    »Also, ich war es auch nicht«, versicherte uns Mary. »Es klang, als wäre es von drinnen gekommen.«
    John und ich wechselten einen Blick. »Percy!«, sagten wir wie aus einem Mund. Ich zog mich an der Wand zum Fenster hinauf, indem mich John von unten stützte. Als der Schrei zum vierten Mal ertönte, sprang ich den Schreier an, riss ihn zu Boden und legte ihm die Hand auf den Mund. Es war tatsächlich Percy. Er war ungekämmt, die Kleidung zerzaust, die Augen hatte er vor Entsetzen weit aufgerissen.
    »Ich bleibe lieber hier unten!«, rief Mary von draußen. »Ich trage ein Kleid nach neuester Mode, und das eignet sich nicht zum Klettern.«
    Ich wollte mich aufrichten und die Vordertür öffnen, doch sobald ich die Hand von Percys Mund nahm, schrie er weiter, und ich musste ihn abermals zum Schweigen bringen.
    »Ich bin leider beschäftigt«, entschuldigte ich mich. »John könnte helfen, wenn er hinter mir hereinklettert.« Ich sah mich um. Das Zimmer war völlig durcheinander, überall auf dem Boden und auf den Möbelstücken häuften sich Papiere, Gustavs Leiche lag unmittelbar vor mir. Percy wehrte sich schwach gegen meine

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