Sasori, S: Schlangenfluch: Samuels Versuchung
Hallo Sohn. Ich bin dein Vater und aufgrund diverser Umstände leider nicht in der Lage, mich dir persönlich vorzustellen. Er wusste nicht einmal, ob sein Vater sprechen konnte. Vom Schreiben ganz abgesehen. Mias Berichte waren wirr, wie alles, was ihren Mund verließ. Samuel schraubte sich höher. Außerhalb des Sees warteten andere Probleme auf ihn. Darrens bevorstehender Tod war nur eines davon. Toms naives Buhlen ein anderes. Er wartete in London auf ihn. Wunderte sich, dass der Mann, den er begehrte, ständig vor ihm auswich und mitten im Sommer hochgeschlossene Kleidung trug.
Er strich dicht über einem Felsen entlang. Der raue Stein schrammte über seine linke Körperhälfte, gerade fest genug, um zu stimulieren, und zart genug, um nicht zu schmerzen. Und wenn er Tom die Wahrheit über sich gestand? Vielleicht liebte er ihn dann trotzdem noch. Tom mit dem weichen Haar, dem glühenden Blick und dem Verlangen, Samuel viel näher zu kommen, als er es jemals zulassen konnte. Sein stummes Lachen klang fremd in seinem Kopf. In dieser Nacht würde er eine Entscheidung treffen. Er hatte Tom lange genug hingehalten und würde morgen nach London fahren, um Klarheit in eine unmögliche Verbindung zu bringen, indem er sie löste.
Er tauchte aus dem Wasser auf und schwamm zum Ufer. Das fahle Licht glitt über den Bootssteg, und er streckte sich auf den morschen Planken aus. Der Nachtwind kühlte seinen nassen Körper, der immer schwerer wurde, bis er sich nicht mehr aufraffen konnte, hoch zum Haus zu gehen. Das lange Tauchen kostete Kraft, auch wenn er es genoss. Das für menschliche Augen kaum wahrnehmbare Licht verwandelte die Unterwasserwelt in einen verwunschenen Ort der Konturen und Silhouetten. Ein Paradies, das nur für ihn geschaffen war. Er hätte es gern geteilt, aber selbst Raven hielt es nicht lange genug im Wasser aus. Er besaß die Schuppen und die aufgefächerten Lungen, Raven die Giftzähne und den hypnotischen Blick einer Schlange. Sie hatten sich die Monstrosität ihres Vaters brüderlich geteilt.
Schritte. Samuel setzte sich auf. Wer kam nachts in diese winzige Bucht? Das Geräusch knirschender Steine wurde lauter. Eine Gestalt näherte sich. Der Kragen der Barbourjacke war hochgestellt und über der Schulter lag das Jagdgewehr. David. Was zum Teufel machte er hier? Sein Magen krampfte sich zusammen, er musste weg. Seine Jeans und sein Hemd lagen am Anfang des Stegs. Samuel sprang auf. Nackt durfte David ihn auf keinen Fall vorfinden. Die Schritte wurden lauter, aber nicht lauter als sein Herz, das wie wild gegen seine Rippen schlug. Er war kein Teenager mehr, aber David überragte ihn immer noch. Samuel wurde schlecht, seine Hände flatterten und schafften es erst nach Ewigkeiten, den Gürtel zu schließen.
„Lass das. Du wirst ihn doch wieder öffnen.“ Hohn und Gier. Beides schwang in der verhassten Stimme. David stand hinter ihm. Zu nah. „Du warst lange weg. Wir haben viel nachzuholen.“
Gleich würde er sich übergeben müssen. Samuel atmete zischend ein und drehte sich um. David sollte sehen, dass er kein Kind mehr war. „Warum bist du früher als geplant zurückgekommen? Ein Zusammentreffen mit dir hätte ich mir gern erspart.“ Er zwang Gleichgültigkeit in seinen Blick.
Sie wurde mit Davids Gier erwidert, der ihn in aller Ruhe betrachtete. „Wie ich sehe, haben sich deine Schuppen weiter verdunkelt. Sie stehen dir sehr gut, auch die silbernen Strähnen in deinem schwarzen Haar. Hast du sie mir zu verdanken?“ Ein Hauch Bedauern klang mit, doch schon verzog sich der schmale Mund zu einem Grinsen. „Ich kann einen Teil des Druckes, den du zweifellos empfindest, von dir nehmen. Jetzt gleich, wenn du willst.“
Bis zum Ufer war es nur ein Sprung. Sollte David ihn anrühren, würde er ihn in die Tiefe ziehen und ertränken. David musste seine Gedanken erraten haben, denn er nahm die Büchse von der Schulter und klemmte sie lässig unter den Arm. Als das metallische Ratschen erklang, hielt Samuel den Atem an.
„Du willst einem Sohn den Vater nehmen?“ Mit gespieltem Entsetzen schüttelte David den Kopf. „Du weißt, wie sehr mich Ian liebt. Würdest du ihn über unser kleines Geheimnis aufklären, wem würde er dann glauben? Ist es nicht naheliegender, dass er dich für deine perversen Verleumdungen verachtet?“
Ian würde ihn hassen bis in die Ewigkeit, würde keine einzige Wahrheit über David akzeptieren. David leckte über seine Unterlippe, während sein Blick auf Samuels
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