Sassinak
bin davon überzeugt, daß du eines Tages wieder frei sein wirst –, dann wirst du verstehen, was ich getan habe und warum. Der Ruf eines Menschen bedeutet hier nichts. Die Wahrheit aber immer. Du wirst einmal eine Schönheit sein, Mädchen, und ich hoffe, daß du dich in jeder Hinsicht an deinem Körper erfreuen wirst. Was bedeuten soll, daß du entscheidest, wann und wie.«
Danach fühlte sie sich eine Zeitlang nicht wohl in seiner Gegenwart. Einige Tage später überbrachte er ihr schreckliche Neuigkeiten.
»Du wirst verkauft«, sagte er und wich ihrem Blick aus. »Morgen, am nächsten Tag – so bald schon. Wir sehen uns heute das letzte Mal. Sie haben es mir nur gesagt, weil sie mir eine andere angeboten haben …«
»Aber, Abe …« Sie fand schließlich wieder Worte, auch wenn ihre Stimme schwach und zittrig klang.
»Nein, Sass.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nichts daran ändern.«
Tränen traten ihr in die Augen. »Aber … aber es kann doch nicht sein …«
»Sass, denk doch mal nach!« Seine Stimme klang tadelnd; die Tränen trockneten auf ihren Wangen. »Habe ich dir das etwa beigebracht? Wie ein dummes verwöhntes Gör zu weinen, wenn’s schwierig wird?«
Sass starrte ihn an und bemühte sich dann um die körperliche Disziplin, die er ihr beigebracht hatte. Ihr Atem beruhigte sich und wurde stetiger; sie hörte auf zu zittern. Ihr Geist entledigte sich des ersten nackten Entsetzens.
»Das ist schon besser. Und jetzt hör mir zu …« Abe sprach schnell und leise, in einem anfänglich seltsamen und dann zwingenden Rhythmus. Als er verstummte, konnte sich Sass kaum erinnern, was er gesagt hatte, nur daß es wichtig war und es ihr später wieder einfallen würde. Dann umarmte er sie zum ersten Mal, und seine Kraft verlieh ihr Zuversicht. Sie lehnte immer noch den Kopf an seine Schulter, als der Aufseher kam, um sie wegzubringen.
Sie brachte die Verkaufsbaracke hinter sich, ohne sie nennenswert zur Kenntnis zu nehmen; diesmal ließ der Käufer sie zum Raumhafen zurückbringen und auf ein verschrammtes Schiff ohne erkennbare Registriernummern bringen. Im Innern übergab ihre Begleitperson ihren Kragenriemen an einen hageren Mann mit scharlachroten und goldenen Kragenabzeichen. Sass erinnerte sich an den Rang – Seniorpilot – von irgendeinem fernen Frachtkonsortium. Er sah zur ihr herüber und schüttelte den Kopf.
»Noch eine Anfängerin. Gütiger Himmel, man sollte meinen, sie hätten inzwischen gemerkt, daß ich etwas besseres als einen Nachwuchspiloten brauche. Und nicht ein blödes nacktes Mädchen, das wahrscheinlich nicht einmal dieselbe Sprache spricht.« Er wandte sich ab und schlug mit der Faust gegen das Schott. Mit einem Klicken und Zischen öffnete sich ein Spind; er kramte darin herum und zog eine zerknitterte Jacke und eine oft geflickte Hose heraus. »Hier. Was zum Anziehen. Verstehst du?« Er machte ihr vor, wie man sich anzog, und Sass nahm ihm die Sachen ab und zog sie unter seiner Beobachtung über. Dann führte er sie durch einen Korridor in eine Förderröhre, die sie ins ›Haus‹ des Piloten schoß – eine kleine, enge, mit Videoschirmen und Steuerpulten ausgekleideten Kabine. Zu Sass’ Erleichterung befähigte sie ihre Ausbildung, das Durcheinander aus Knöpfen, Schaltern und Blitzlichtern zu durchschauen. Das hier mußte der Insystem-Computer sein, und das hier der FTL-Schalter, an dessen eigenem abgeschirmtem Computer jetzt, während das Schiff sich im nicht ganz normalen Raum aufhielt, Lichter blitzten. Das Schiff verfügte über zwei Insystem-Antriebe, von denen sich einer für atmosphärische Landungen eignete. Der Pilot zerrte an ihrer Leine und grinste, als sie ihn ansah.
»Ich merke, das du die meisten Instrumente hier erkennst. Hast du schon einmal die Station verlassen?« Er schien vergessen zu haben, daß sie möglicherweise nicht seine Sprache beherrschte. Glücklicherweise konnte sie es.
»Nein … seit ich hergekommen bin nicht.«
»Du bist hoch eingestuft – schauen wir mal, wie du hiermit zurechtkommst …« Er zeigte auf einen der drei Sitze, und Sass setzte sich vor ein Terminal, das dem ihrer Ausbildung stark ähnelte – bis hin zum selben Herstellerlogo auf dem Gehäuse. Er beugte sich über sie, so daß sie seinen warmen Atem an ihrem Ohr spürte, und gab eine Aufgabe ein, an der sie früher einmal gearbeitet hatte.
»Das habe ich schon einmal gemacht«, sagte sie.
»Nun, dann mach’s noch mal.« Ihre Finger flogen nur so über das
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