Satori - Winslow, D: Satori - Satori
liegen. Was Besseres kann ich hier oben leider nicht anbieten.«
Er führte sie zu einer Regenüberdachung aus Zeltstoff abseits der Piste, unter der ein Klapptisch und drei Hocker standen. Ein Bediensteter griff in eine Kühltruhe und zog drei Flaschen Tiger-Bier heraus, öffnete sie und stellte sie auf den Tisch.
Signavi erhob seine Flasche. »Santé.«
»Santé« , wiederholte Nikolai.
»Noch drei Wochen«, sagte Signavi, »dann ist die Piste ein einziges Schlammloch. Unbenutzbar. Die Straße hier rauf auch. Sehr schwierig. Ich bin froh, wenn ich wieder in Saigon bin.«
Er nahm sein Barett ab, und ein dichter schwarzer Haarschopf kam zum Vorschein.
»Ich habe Fracht«, sagte Bay, »für diesen Flug. Ist das okay?«
»Sicher«, erwiderte Signavi. »Wir haben noch Platz.«
»Und zwei zusätzliche Passagiere?«
»Sie und er?«, fragte Signavi.
Bay nickte.
Signavi schien zu zögern.
»In meiner Branche«, sagte Nikolai, »ist Diskretion von größter Bedeutung. Ich sehe nichts und erzähle noch weniger weiter.«
»Ich bürge für ihn«, sagte Bay.
»Sie werden verstehen«, sagte Signavi, »dass all das hier … äußerst sensibel ist. Wir befinden uns im Krieg, jemand muss dafür aufkommen und die Roten in Paris weigern sich. Also hält man die Luft an und tut, was notwendig ist.« Er zeigte mit dem Kinn auf das Opium, das gerade verladen wurde.
Nikolai zuckte mit den Schultern. »Wer bin ich, das zu verurteilen?«
»Eben«, sagte Signavi. Sein nuancierter Ton ließ keinen Zweifel daran, dass er den Waffenhändler aus praktischen Gründen tolerierte, auch wenn dessen Geschäft ihn anwiderte.
Nikolai war jedoch nicht bereit, die unterschwellige Beleidigung auf sich sitzenzulassen. Er fragte: »Signavi, ist das ein korsischer Name?«
»Erwischt«, sagte Signavi. »Napoleon und ich, wir haben beide unser Glück bei der französischen Armee versucht. Wir starten morgen in aller Frühe. Ich lasse Betten für heute Nacht herrichten und hoffe, Sie beide werden mir beim Essen Gesellschaft leisten.«
Nikolai staunte immer wieder über die Franzosen, die es verstanden, selbst unter den widrigsten Bedingungen ausgezeichnet zu speisen. Hier an einer geheimen Landepiste mit ten im laotischen Hochgebirge standen plötzlich Vichyssoise, kalter Perlhuhnbraten und ein sehr annehmbarer Salat aus einheimischem Gemüse auf dem Tisch, das Ganze wurde mit einem anständigen Weißwein hinuntergespült.
Nach Beendigung des Essens führte Signavi sie zu einem großen Barackenzelt, das mit Stacheldraht abgesichert war.
Sein Proximitätssinn weckte ihn.
Er lag ganz still und lauschte auf das Klipp-klipp des Drahtschneiders, der den Zaun durchtrennte, dann dem Geräusch eines kriechenden Mannes.
Bay Vien schlief tief und fest in seinem Bett an der Zeltwand.
Nikolai duckte sich genau in dem Moment, in dem die Klinge das Zeltleinen durchstieß. Er warf Bay vom Bett hinunter auf den Boden, stand auf und verließ das Zelt durch den Eingang.
Der Attentäter rannte bereits zum Zaun zurück.
Eine Sirene ertönte und ein Suchscheinwerfer fegte über den Boden. Nikolai hörte Schäferhunde bellen und sah unmittelbar darauf einen von ihnen dem Mann über die umzäunte Fläche hinterherjagen. Der Mann sprang auf den Zaun zu, verhedderte sich aber im Stacheldraht. Die Kugeln der Maschinengewehre trafen ihn, und er wand sich im Drahtgeflecht, als wollte er ein groteskes akrobatisches Kunststück vorführen.
Signavi, im Satin-Schlafanzug, stürmte mit einer Pistole in der Hand ins Freie, und einen Augenblick später kam auch Bay Vien aus dem Zelt und betrachtete den Leichnam, der im Zaun hing.
»Viet Minh«, sagte Bay. Er wandte sich an Nikolai. »Sie haben mir das Leben gerettet, Guibert.«
»Ich habe in meinem eigenen Interesse gehandelt«, erwiderte Nikolai. Er ging zurück zum Zelt und legte sich wieder hin.
Bay kam herein. »Ich stehe in Ihrer Schuld«, sagte er.
»Vergessen Sie’s.«
»Das werde ich nicht«, sagte Bay. »Für mich ist das eine Frage der Ehre.«
Nikolai verstand.
103
Oberst Yu klopfte an Pengs Bürotür und erhielt die Erlaubnis einzutreten.
Peng blickte von dem Papierstapel auf seinem Schreibtisch auf. »Ja?«
»Der Viet-Minh-Agent, der Hel treffen sollte, wurde getötet.«
»Ach.«
»Hel ist zu dem Rendezvous nicht erschienen.«
»Natürlich nicht.«
»Es gibt einen unbestätigten Bericht«, sagte Yu, »demzufolge er mit den Binh Xuyen verschwunden ist.«
»Bringen Sie die Sache in Ordnung«,
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