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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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war auf Stalin hereingefallen – das Desaster in Korea war das Ergebnis davon –, und jetzt geriet er immer tiefer in die Fänge der Sowjets. Ein kurzer Blick auf die Karte zeigte, worin die Gefahr bestand – die Russen kontrollierten bereits Nordkorea und damit auch die lange nordöstliche Grenze und das strategisch wichtige Gelbe Meer. Sie unterhielten Stützpunkte im Nordosten in der Mandschurei und im Nordwesten in der Äußeren Mongolei. Im Westen bedrohten sie Xinjiang, dessen muslimische Bevölkerung es kaum abwarten konnte, sich ihren Glaubensbrüdern in Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan anzuschließen.
    Wenn die Russen jetzt noch Vietnam kontrollierten, hätten sie auch die südliche Grenze. Die Franzosen waren in Südostasien erledigt; es war nur noch eine Frage der Zeit. Russland würde Kambodscha einkassieren und sich dann die schwächeren Schwesterstaaten Siam und Burma vornehmen. Auch in Indien waren bereits sowjetische Agenten aktiv.
    Die Sowjets konnten China schon bald vollständig eingekreist haben, und dann würden sie sich die Mandschurei und den Rest der Mongolei sowie Xinjiang unter den Nagel reißen.
    Aber im Moment war Vietnam der Schlüssel. An der Pattsituation in Korea würde sich so bald nichts ändern, die Sowjets würden den Norden kontrollieren, die Amerikaner den Süden.
    Vietnam war die nächste Front.
    Das Problem war, dass die Amerikaner an die Stelle der Franzosen treten wollten – ein entsetzlicher Fehler und für China ein Riesenproblem. Wenn die Amerikaner gegen die Viet Minh zu Felde zogen, konnten sich die Beziehungen zwischen Peking und Washington unmöglich entspannen und China würde weiter in die Arme Moskaus getrieben.
    Die Amerikaner arbeiteten eifrig daran, ihren schlimmsten Alptraum Wirklichkeit werden zu lassen – einen kommunistischen Block.
    Doch Chinas Zukunft – General Peng wusste das und Yu war ebenfalls davon überzeugt – lag nicht an der Seite Russlands, sondern bei den Vereinigten Staaten. Nur Amerika konnte ein Gegengewicht zu den Sowjets bilden, nur ein Bündnis mit Washington – oder zumindest eine Arbeitsbeziehung – konnte China den wirtschaftlichen Wohlstand bringen, den es für seine Entwicklung brauchte.
    Erste Annäherungsversuche, indirekt und unverbindlich, waren bereits unternommen, aber von antiprogressiven Elementen in amerikanischen Geheimdienst- und Diplomatenkreisen unterbunden worden. Die Diplomaten in Washington fürchteten sich ebenso sehr vor der eigenen extremen Rechten wie die Chinesen vor ihrer Linken. Trotzdem hatte es diese Versuche gegeben, man war zumindest im Gespräch, und wenn General Peng sich auf die Unterstützung Washingtons verlassen konnte, wäre er vielleicht sogar stark genug, um gegen den falschen kommunistischen Diktator anzugehen, der China derzeit terrorisierte.
    Aber Yu wusste, dass es ein Rennen gegen die Zeit war.
    Die Viet Minh würden in Vietnam siegen.
    Die Amerikaner schickten den Franzosen Hilfe, Geld und Waffen und hatten die CIA überall im Land verteilt, um die Grundlagen für die letztlich unausweichliche Übernahme zu legen. Nur ein schneller und entschiedener Sieg gegen die Franzosen konnte Washington von einem katastrophalen Eingriff abhalten, der Amerika und China auf Jahrzehnte trennen würde.
    Und für einen solch raschen Sieg brauchte man Waffen.
    Bazookas zum Beispiel.
    Aber, dachte Peng, wir dürfen uns jetzt noch nicht dabei erwischen lassen.
    Wir brauchen Mittelsmänner.
    Wir brauchen Leute wie Michel Guibert.

28
    Nikolai kniete vor der Toilette und kotzte Maotai, Wodka, Pernod und einen Großteil des hervorragenden Festessens wieder aus.
    Es ist so, wie die Buddhisten sagen, dachte er, als er vorübergehend nicht würgen musste – alles ist im Fluss, und am Ende wird auch das köstlichste Essen zu einem widerlichen Brei. Er kotzte noch einmal, spritzte sich dann kaltes Wasser ins Gesicht und putzte sich die Zähne.
    Ohne sich vorher auszuziehen, ließ er sich einfach mit dem Gesicht nach unten aufs Bett fallen, um ein paar Stunden zu schlafen. Kurz vor Morgengrauen wachte er auf, zog sich an, schrieb eine kurze kodierte Nachricht, die, wenn Haverford sie entschlüsselt hatte, lautete: Zheng Yici, Donnerstagabend. Er rollte das dünne Papier zu einem festen Röllchen und steckte es sich in die linke Jackentasche.
    Auf der Straße streckte er sich demonstrativ, während sich die zerbrechlich wirkende Sonne über der Stadt erhob und ein verschlafener und

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