Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
Vom Netzwerk:
jetzt war er nicht sicher, ob seine Energie ausreichen würde, um Woroschenin leise zu töten. Von der Flucht hinterher ganz zu schweigen.
    Ihm wurde auch bewusst, dass Emotionen an seiner Energie gezehrt hatten. Die Schrecken der Folterkammer, die Mühe, seine Selbstbeherrschung nicht zu verlieren, Chens Schmerz, dessen Zeuge er geworden war, und die aufrichtige Trauer um ihn – all das hatte seinen Tribut gefordert. Den Mord an Kang und seinen drei Handlangern bereute Nikolai keine Sekunde.
    Wenn die Buddhisten Recht hatten, würde Kang sehr lange im bardo schmoren, einem Schwebezustand zwischen Tod und Wiedergeburt, und anschließend in ein leidvolles irdisches Dasein zurückkehren.
    Nikolai konzentrierte sich jetzt auf seine Atmung, versuchte erneut Kraft zu sammeln. Allmählich spürte er, wie sie zurückkehrte, aber ob er rechtzeitig wieder ausreichend Energie haben würde, schien fraglich.
    Der Wagen erreichte das Opernhaus.
    »Fahren Sie noch ein Stück weiter«, sagte Nikolai. Der Fahrer fuhr am Opernhaus vorbei und hielt an der nächsten Straßenecke. Nikolai legte die Pistole ab und verpasste ihm einen shuto gegen den Hinterkopf. Als der Fahrer tot über dem Lenkrad zusammensackte, stieg Nikolai aus und ging zurück zum Zhen Yici Opernhaus.
    Am Eingang versperrte ihm ein Wachsoldat den Weg.
    »Mein Name ist Guibert«, sagte Nikolai. »Ich bin Gast des Genossen Woroschenin.«
    »Die Oper ist fast zu Ende«, meckerte der Soldat.
    »Ich war … anderweitig beschäftigt«, entgegnete Nikolai und schob seinen Zeigefinger durch ein »V«, das er mit den Fingern der anderen Hand bildete.
    Der Wachsoldat kicherte. »Kommen Sie rein.«
    Nikolai betrat den Eingangsbereich, der fast menschenleer war. Er rief sich den Grundriss des Theaters vor Augen, fand schon bald die Treppe, rannte hinauf und eilte den Gang entlang. Zwei von Woroschenins Leibwächtern lehnten an der Wand vor seiner Loge. Als sie Nikolai sahen, richteten sie sich auf, und einer griff in seine Jackentasche.
    Entweder, dachte Nikolai, Woroschenin hat sich nicht einmal von seinen Leibwächtern in die Karten schauen lassen oder ich bin ein toter Mann. Er trat auf einen der Wächter zu und hob die Hände, als wollte er sagen: »Was willst du machen, mich erschießen?«
    Der ohne Pistole war mürrisch. Er klopfte Nikolai von den Achselhöhlen bis zu den Fußknöcheln ab, fand nichts und hielt ihm die Tür zur Loge auf.
    Der plötzliche Lichteinfall ließ Juri Woroschenin zur Tür blicken.
    Selbst bei gedämpfter Beleuchtung konnte Nikolai die Überraschung in seinen Augen sehen. Du hast Recht, dachte er, eigentlich sollte ich tot sein. Er schob sich an dem Wärter im Türrahmen vorbei und setzte sich neben Woroschenin.
    »Entschuldigen Sie die Verspätung«, flüsterte er.
    Auf Russisch.
    Auf der Bühne unter ihnen beklagte der sheng , in zinnoberrotes Licht getaucht, das Gesicht zur Hälfte schwarz, zur Hälfte weiß geschminkt, eine verlorene Schlacht. Der Monolog war wunderbar vorgetragen, jede Silbe perfekt prononciert.
    Bevor Woroschenin antworten konnte, setzte Nikolai hinzu: »Ich war verhindert.«

78
    Xue Xin beobachtete Nikolais Ankunft vor dem Theater.
    Er wandte sich an einen kleinen Jungen, der sich an eine brennende Aschetonne drängte und sagte: »Lauf. Sag deinem sifu , dass die Vorstellung noch nicht vorüber ist.«
    Der Junge lief.
    Xue Xin wartete, bis Nikolai im Gebäude verschwunden war, und hinkte dann langsam durch eine Gasse davon.

79
    » G o-Spieler auf dem Radar.«
    »Großer Gott.« Haverford fühlte sich matt. Verschwitzt und erschöpft. Hel war eine einzige Achterbahnfahrt. »Wo?«
    »Auf der Null.«
    »Kein Scheiß?«
    »Kein Scheiß, Sir.«

80
    Oberst Yu rannte den Gang entlang und platzte in Pengs Büro.
    »Er ist im Zheng Yici.«
    Peng dachte über die neue Entwicklung nach. Dass der amerikanische Agent es bis ins Opernhaus geschafft hatte, war das eine, ob er seine Mission dort aber würde erfüllen können, war eine ganz andere Frage. Wenn er Woroschenin tatsächlich tötete … würde man einiges neu überdenken müssen.
    »Guter Tee«, sagte Peng.

81
    T rommeln und Gongs erklangen, als der gut aussehende sheng erneut die Bühne betrat.
    Die dan , in einem prächtigen Gewand aus Seidenbrokat, überquerte mit winzigen Schritten die Bühne, so zart und leicht wie eine fallende Kirschblüte. Sie wedelte mit ihrem Fächer, sah ihren Geliebten, schaute zum »Mond« auf – einem einzelnen weißen

Weitere Kostenlose Bücher