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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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hatte Wu gewartet. Er machte ein Hohlkreuz und warf Nikolai ab. Noch im Fall versuchte Nikolai, auf die Füße zu kommen, doch sein verletztes Bein gehorchte ihm nicht.
    Wu hatte seinerseits Mühe aufzustehen, während Nikolai sich langsam, noch immer am Boden liegend, auf den Händen zurückzog, jetzt den Schutz der Wand suchte, vor der er sich zusammenrollen und versuchen würde, den Sturm zu überstehen, von dem er wusste, dass er gleich über ihm hereinbrechen würde.
    Der erste Tritt traf seine Niere, der nächste sein Kreuz, der darauffolgende sein verletztes Bein.
    Nikolai hörte sich selbst vor Schmerz aufheulen.
    Er zog sich nach hinten, doch seine Arme waren jetzt zu schwach und seine Füße fanden keinen Halt mehr auf dem Boden.
    Er wollte stehend sterben.
    Bei dem Versuch, sich hochzustemmen, gaben seine Arme nach und er fiel hin. Er konnte nichts weiter tun, als sich auf die andere Seite zu rollen, so dass er seinem Gegner wenigstens ins Gesicht sehen konnte, wenn er den tödlichen Schlag empfing. Den gewissen Tod vor Augen, sah er das Go-Brett vor sich und wusste, warum Haverford den schwarzen Stein unberührt auf seiner Position gelassen hatte.
    Weil es gar nicht so war.
    Er hatte ihn nicht dortgelassen.
    Wu Zhang machte sich bereit, ihm den tödlichen Axttritt zu versetzen.
    »Salaama« , sagte er.
    Frieden.
    Die Kugel traf Wu Zhang mitten in die breite Stirn, und er fiel nach hinten.
    Nikolai drehte den Kopf in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war.
    Oberst Yu ließ die Pistole sinken.
    Der Mönch, der hinter Yu gestanden hatte, kauerte jetzt neben Nikolai und sagte: »Satori.«
    »Du kommst spät«, sagte Nikolai.
    Dann verlor er das Bewusstsein.

Dritter Teil
    Wuliang Shan,
Provinz Yunnan, China

87
    Nikolai erwachte vom Klang einer Flöte.
    Zunächst hatte er es für Vogelgezwitscher gehalten, doch dann hörte er die gezielte Wiederholung einer bestimmten Tonfolge und erkannte, dass er einer lusheng lauschte.
    Aber im Hintergrund vernahm er auch den Gesang von Vögeln.
    Vogelgezwitscher und saubere frische Luft, und da wusste er, dass er nicht mehr in der Stadt oder auf der engen, von Abgasen erfüllten Ladefläche eines Militärlasters lag, sondern sich irgendwo draußen auf dem Land befand, vielleicht sogar in der Wildnis.
    Er drehte sich in die Richtung des leichten Luftzugs, den er am Hinterkopf spürte, aber jede Bewegung verursachte ihm Schmerzen, und es dauerte über eine Minute, bis er sich auf die andere Seite gerollt hatte und ihm die kühle Luft den Schweiß im Gesicht trocknete.
    Sein Bein protestierte pochend gegen die Anstrengung.
    Eine Stimme blaffte einen Befehl in einer Sprache, die Nikolai nicht verstand, und dann hörte er schnelle Schritte auf dem Holzfußboden.
    Er wusste nicht, wo er war, aber es schien überhaupt lange her zu sein, seitdem er irgendwas gewusst hatte. Das Letzte, woran er sich deutlich erinnerte, war die Begegnung mit dem hervorragenden bajiquan -Kämpfer und seine Ret tung durch Yu und den Mönch. Er erinnerte sich, dass er ein mal kurz aufgewacht war – es musste der Laderaum eines Lasters gewesen sein –, doch dann wurde er so heftig durchgeschüttelt, dass er einen Schmerzensschrei unterdrückte und erneut das Bewusstsein verlor. Er wusste, dass er eine Spritze bekommen hatte – wahrscheinlich Morphium –, erinnerte sich an den tiefen schmerzfreien Schlaf, der darauf folgte, und verschwommen auch daran, vom Laster gehoben und auf einen anderen verfrachtet worden zu sein – sanfte, besorgte Stimmen hatten ihn umgeben –, außerdem an einen Alptraum, in dem er betroffenes Geflüster vernommen hatte, gedämpfte Diskussionen darüber, ob sein Bein amputiert werden müsse.
    Erschrocken griff er nach unten und spürte mit ungeheurer Erleichterung, dass sich beide Beine noch an seinem Körper befanden. Sein linkes Bein allerdings war heiß und geschwollen, und jetzt erinnerte er sich auch wieder an das Fieber und an das Zittern – und daran, dass jemand seinen Kopf ein wenig angehoben hatte, damit er bitteren Tee schlürfen konnte. Und an die schrecklichen Schmerzen, als der Laster über holprige Straßen gepoltert war, erst bergauf und dann bergab.
    Nikolai sah, dass er sich jetzt in den Bergen befand. Draußen vor dem Fenster blickte er auf Bergketten mit üppigen Tannen-, Fichten-, Kampferbaum- und Nanmuwäldern. Nach dem Weiß und Silber Pekings und der Schwärze, die ihn auf seiner Reise hierher umgeben hatte, wirkte die Landschaft

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