Saturn
nicht.«
»Ich auch nicht«, gestand Eberly. Ich traue niemandem, fügte
er stumm hinzu.
»Und dann ist da noch diese Cardenas, die mit Nano-
Maschinen arbeitet. Sie sind die Saat des Teufels, und doch
erlauben Sie ihr, mitten unter uns mit diesem Teufelswerk
fortzufahren.«
»Nur so lange, bis ich an der Macht bin«, sagte Eberly.
»Sie muss verschwinden. Sorgen Sie dafür.«
Eberly nickte verdrießlich, und plötzlich stand die Lösung
für seine Probleme mit der gleißenden Helligkeit einer
Offenbarung vor seinem geistigen Auge. Ja, sagte er sich. Das
ist die Lösung für alles!
Er rang sich für die noch immer schmollende Morgenthau
ein Lächeln ab und tätschelte ihr Knorpelknie. »Machen Sie
sich deswegen keine Sorgen. Ich werde mich schon um alles
kümmern.«
Ihr Stirnrunzeln milderte sich etwas ab und wich einem
Ausdruck der Neugier.
»Vertrauen Sie mir«, sagte Eberly mit einem noch breiteren
Grinsen.
Laboratorium Lavoisier
Kris Cardenas fragte sich, wieso Urbain sie um ein Treffen
gebeten hatte. Aber nicht in seinem Büro, nicht einmal in der
Astronomie-Kapsel, wo die großen Teleskope stationiert
waren. Sondern hier im Wissenschaftsgebäude, in seinem
Hauptlabor, das nach dem Begründer der modernen Chemie
benannt worden war: nach dem Franzosen Antoine Laurent
Lavoisier, der im achtzehnten Jahrhundert gelebt hatte.
Cardenas' eigenes Labor (benannt nach dem amerikanischen
Physiker Richard P. Feynman) befand sich in einem anderen
Gebäude auf dem Hügel, wo Athen errichtet war ‒ so weit wie
möglich von den anderen Labors entfernt. Als sie den
gepflasterten Pfad entlangging, der sich an den niedrigen,
weiß getünchten Apartmenthäusern und Geschäften der
Ortschaft vorbeischlängelte, spürte Cardenas wieder den alten
Zorn wegen der unbegründeten Furcht vor der Nanotechnik
in sich aufkeimen.
Beherrsch dich, sagte sie sich. Konzentriere dich auf das
Wesentliche. Vergiss nicht, dass Lavoisier während der
Französischen Revolution enthauptet wurde. Man muss sich
doch ständig mit irgendwelchen Idioten und Halbaffen
herumschlagen.
Also setzte sie ein strahlendes Lächeln auf, als sie den
Laborkomplex betrat und Edouard Urbain im Eingang seines
Labors stehen sah. Er erwartete sie bereits. Und er machte
einen nervösen Eindruck. Nein, sagte Cardenas sich. Nicht
nervös. Aufgeregt. Erwartungsvoll. Beinahe wie ein kleiner
Junge, der vorm Weihnachtsbaum stand und es kaum
erwarten konnte, endlich die Geschenke auszupacken.
»Dr. Cardenas!«, begrüßte Urbain sie. »Ich freue mich über
Ihr Kommen.«
»Und ich freue mich über Ihre Einladung«, erwiderte sie.
Er führte sie ins Labor. Cardenas war etwas größer als
Urbain; ihr flachsblondes Haar und die strahlend blauen
Augen standen in scharfem Kontrast zu seinem dunklen,
zurückgekämmten Haar und den rehbraunen Augen.
Das Labor nahm zwei Stockwerke ein: Die kahle Metalldecke
war zugleich das Dach des Gebäudes. Eine große Trennwand
stand direkt hinterm Eingang und verstellte den Blick auf den
eigentlichen Laborbereich. Der Ort mutete Cardenas wie ein
Flugzeughangar oder ein leeres Lagerhaus an. Mit einer
kleinen Geste führte Urbain Cardenas an der Trennwand
entlang.
»Ich wollte Ihnen das hier zeigen«, sagte er mit einem
freudigen Tremolo. Sie dachte schon, dass sein Schnurrbart
jeden Moment zu zittern anfinge. »Ich bin sehr stolz auf unsere
Leistung.«
Sie erreichten das Ende des Schirms. Mit Verve bog Urbain
um die Ecke und deutete auf ein massives Objekt, das mitten
im Labor stand.
Das Erste, was Cardenas auffiel, war, dass das Labor
ausgeräumt und der Fußboden gefegt war. Kein Papierfetzen
und keine Werkzeuge waren zu sehen. Keine Kabel
schlängelten sich über den Boden oder hingen von der Decke
herab. Er hat das Labor aufgepeppt, sagte Cardenas sich. Es
sieht aus wie ein alter Ausstellungsraum für Autos.
»Hier ist es«, sagte Urbain glühend vor Stolz. »Titan Alpha.«
Cardenas identifizierte es als ein Raumschiff: Über zwei
Meter groß, fast drei, schätzte sie. Es stand auf einem
Kettenfahrgestell wie ein altmodischer Panzer. Wuchtig.
Silbergrau. Titan, vermutete sie. Der längliche Korpus war mit
Vorsprüngen gespickt.
»Es ist komplett hier gebaut worden«, sagte Urbain fast im
Flüsterton. »Es existierte noch nicht, als wir die Erde verließen.
Nicht einmal ansatzweise. Meine Leute und ich haben es
konstruiert.«
Dann wurde Cardenas sich bewusst, dass
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