Saturn
sagte Gaeta.
»Und wer?«, fragte Cardenas.
»Wilmot. Oder wenn nicht er, dann kann vielleicht Eberly
etwas deichsein.«
Sie schüttelte erneut den Kopf. »Urbain würde Eberly gar
nicht anhören. Er würde nicht einmal mit ihm sprechen. Sie
treten bei den Wahlen gegeneinander an, schon vergessen?«
Eberly saß derweil angespannt im Wohnzimmer seines
Apartments, das er zur Wahlkampfzentrale umfunktioniert
hatte. Eine Reihe von Computern füllte den Platz aus, wo
zuvor das Sofa gestanden hatte. Jeder Rechner zeichnete
ununterbrochen die Unterhaltungen an jedem öffentlichen
Platz im Habitat und noch in ein paar Privatwohnungen und
Büros auf ‒ einschließlich Wilmots und Urbains.
»Ich mag diese Verfassung nicht«, sagte Morgenthau. »Sie
hat mir nie gefallen, und sie gefällt mir immer weniger, je
näher der Zeitpunkt ihrer Umsetzung rückt.«
Eberly saß auf dem Polsterstuhl am anderen Ende des ovalen
Tisches und musterte ihr fleischiges Gesicht. Ihr übliches
Lächeln war verschwunden; sie war todernst.
»Wieso haben Sie Ihre Bedenken nicht geäußert, als wir sie
aufsetzten?«, fragte er ungnädig.
»Ich glaubte, Vyborg und Jaansen würden ordentlich Rabatz
machen, bis Sie dann verlangten, dass sie mit dem Streit
aufhören sollten.«
»Ich habe es Ihnen doch schon x-mal erklärt«, sagte Eberly
mit wachsender Ungeduld. »Solang die Notstands-Klausel in
der Verfassung in Kraft ist, ist der ganze Rest irrelevant.«
»Es gefällt mir trotzdem nicht«, sagte Morgenthau trotzig.
Eberly glaubte zu wissen, wo das Problem lag. Morgenthau
war keine Kämpfernatur; sie war eine Agentin, die zu dem
angeblichen Zweck im Habitat platziert worden war, ihn zu
unterstützen. In Wirklichkeit sollte sie ihn jedoch beobachten
und an die Heiligen Jünger berichten. Jemand an der Spitze
der Hierarchie musste die neue Verfassung überprüft und
befunden haben, dass sie nicht mit den hohen moralischen
Ansprüchen der Jünger konform ging. Sie würde mich
normalerweise nie so angehen, sagte sich Eberly. Sie muss von
ihren Vorgesetzten auf der Erde unter Druck gesetzt werden.
»Es ist ohnehin zu spät, sie noch zu ändern«, sagte er in
einem bemüht ruhigen Ton. »Die Leute stimmen in drei
Wochen darüber ab.«
»Sie könnten sie doch mit der Begründung zurückziehen,
dass wir noch mehr Zeit für die endgültige Version
brauchten«, sagte Morgenthau.
»Sie zurückziehen?« Trotz aller Selbstbeherrschung schrie
Eberly die Worte beinahe heraus. »Das würde auch bedeuten,
dass wir die Wahl verschieben müssten.«
Morgenthau sagte nichts.
Wie bringe ich sie wieder auf meine Seite, fragte Eberly sich.
Wie vermag ich sie davon zu überzeugen, dass sie besser
damit fahren würde, meine Befehle zu befolgen anstatt die
schwachsinnigen Artweisungen dieser frömmelnden
Sesselfurzer von der Erde?
Er beugte sich auf dem Stuhl vor und lehnte sich halb über
den Tisch. »Hören Sie mir zu«, sagte er. »In drei Wochen
werden die Leute wählen. Sie werden diese Verfassung aus
denselben Gründen annehmen, weshalb Sie ihr misstrauen:
weil sie ihnen nämlich persönliche Freiheit und eine liberale
Regierung verspricht.«
»Ohne Regeln für Geburtenkontrolle. Ohne jede moralische
Norm.«
»Das kommt später, nachdem die Verfassung angenommen
und wir in Amt und Würden sind.«
Morgenthau schien alles andere als überzeugt.
»Wie ich schon mehr als einmal erklärt habe«, sagte Eberly
im Bemühen, sich unter Kontrolle zu halten, »wenn ich erst
einmal an der Macht bin, werde ich den Notstand ausrufen
und all diese liberalen Gesetze aufheben, die Sie stören.«
»Wie können Sie den Notstand ausrufen, wenn doch alle mit
der Verfassung zufrieden sind?«
»Wir brauchen irgendeine Krise. Ich werde mir schon was
einfallen lassen.«
»Sie wurden aus dem Gefängnis entlassen und in diesem
Habitat platziert, um eine strenge und gottesfürchtige
Regierung zu bilden«, sagte Morgenthau mit versteinertem
Gesicht. »Sie halten Ihren Teil der Vereinbarung nicht ein.«
»Das ist nicht wahr!«, protestierte er. Und im Innern
wimmerte eine panische Stimme: Sie können mich doch nicht
wieder ins Gefängnis stecken. Das können sie nicht tun! »Wir
müssen nur eine Krise inszenieren«, sagte er. »Dann werden
Kananga und sein Sicherheitsteam zuschlagen.«
»So einfach wird das nicht laufen«, sagte Morgenthau. »Je
mehr Macht Sie Kananga geben, desto gieriger wird er. Ich
traue ihm
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