Saturn
ganze
Welt lag in Scherben. Ich wünschte, Pancho wäre hier, gestand
sie sich ein. Pancho wüsste, was zu tun ist.
Holly holte den Palmtop aus der Tasche und betrachtete ihn.
Es hat keinen Sinn, Pancho anzurufen; es würde fast eine
Stunde dauern, bis die Nachricht sie erreichte. Und was sollte
ich ihr überhaupt sagen? Hilfe, jemand versucht mich zu
ermorden? Was würde das bringen?
Kris. Ich werde Kris anrufen. »Kris Cardenas«, sagte sie zum
Palmtop.
Doch es tat sich nichts. Holly sah, dass der Monitor dunkel
blieb. Das Gerät funktionierte nicht.
Sie haben mein Telefon deaktiviert! Wieso, fragte sie sich
und gab sich auch gleich selbst die Antwort: Weil sie wollen,
dass ich einen Festnetzanschluss benutze, damit sie mich
lokalisieren können. Sie sind hinter mir her! Sie wollen mich
aufspüren und aus dem Verkehr ziehen.
Zum ersten Mal hatte Holly richtig Angst.
Nanotech-Laboratorium
»Wir werden am darauf folgenden Tag fliegen, nachdem wir
in eine Umlaufbahn um den Saturn gegangen sind«, sagte
Gaeta.
Kris Cardenas, die in ihrem kleinen Büro am Schreibtisch
saß, wirkte alles andere als erfreut. »Wieso denn schon so
früh? Wieso warten wir nicht noch etwas und sammeln erst
noch ein paar Daten?«
Gaeta lächelte sie an. »Es geht hier nicht um die
Wissenschaft, Kris, sondern ums Showgeschäft. Wenn wir
sofort loslegen, bekommen wir viel mehr Aufmerksamkeit
und ein viel größeres Publikum. Wenn wir warten, bis diese
chingado Wissenschaftler alle gewünschten Daten gesammelt
haben, sind wir alt und grau, und kein Schwein wird sich
mehr dafür interessieren.«
Ihre kornblumenblauen Augen funkelten. »Ich bin auch einer
von diesen chingado Wissenschaftlern, Manny.«
Gaeta schürzte die Lippen und antwortete: »Du wärst eine
chingada, die weibliche Form. Aber das bist du nicht. Das ist
nämlich keine nette Bezeichnung, und du bist doch eine so
nette Person.«
Cardenas war nicht amüsiert. »Ist es denn nicht schon
gefährlich genug, ohne dass du dich gleich nach unserer
Ankunft am Saturn in dieses Abenteuer stürzt?«
»Kris, ich liebe dich, aber ich glaube nicht, dass du mein
Geschäft je verstehen wirst. Je gefährlicher, desto besser.«
»Bis du dich irgendwann selbst umbringst.«
»Ich werde mich schon nicht umbringen. Fritz wird das nicht
zulassen. Es würde nämlich den verdammten Anzug
ruinieren. Er würde mich umbringen, wenn ich das täte.«
Nun musste Cardenas doch lachen.
Raoul Tavalera steckte den Kopf über die Trennwand des
Büros. »Ich mache jetzt Feierabend. Okay?«
»In Ordnung, Raoul«, sagte Cardenas.
Ein unsicherer Ausdruck umwölkte Tavaleras langes
Gesicht. »Haben Sie heute Nachmittag schon von Holly
gehört?«
»Nein.«
»Sie sagte, dass sie mich anrufen würde. Wir wollten
zusammen zu Abend essen. Aber ich habe den ganzen Tag
noch nichts von ihr gehört. Und sie geht auch nicht ans
Telefon.«
»Ich dachte, wir würden heute Abend ins Nemo gehen,
Kris«, sagte Gaeta, bevor Cardenas etwas zu erwidern
vermochte.
»Soll mir recht sein. Ich habe auch nichts von Holly gehört,
Raoul«, wandte sie sich wieder an Tavalera.
»Komisch«, sagte er. »Das sieht ihr gar nicht ähnlich, nicht
anzurufen, obwohl sie es zugesagt hat.«
»Das ist wirklich seltsam«, pflichtete Cardenas ihm bei.
»Aber egal«, sagte Tavalera. »Ich mache jetzt Schluss. Der
Hauptrechner arbeitet noch an den Assemblern für Dr.
Urbain.«
Sie nickte. »Ich weiß. Schalten Sie noch die UV-Lampen an,
bevor Sie gehen, in Ordnung?«
»Ja.«
»Also, wo ist sie?«, fragte Eberly.
Kananga setzte sich auf Vyborgs Sofa auf. Er hatte das nasse
Handtuch weggelegt, aber die linke Wange war noch immer
leicht geschwollen. »Ich habe alle meine Leute auf sie
angesetzt. Wir werden sie bald haben.«
Eberly ging an Vyborg vorbei, der auf dem Lehnstuhl an der
anderen Seite des Kaffeetischs saß. »Wir müssen sie finden.
Und zum Schweigen bringen.«
»Das werden wir«, sagte Kananga.
»Sie kann nicht weit sein«, gab Vyborg zu bedenken. »Das
Habitat ist zwar groß, aber so groß nun auch wieder nicht.«
Eberly schaute ihn mit gerunzelter Stirn an. Seine Gedanken
jagten sich. Sie haben mich da hineingezogen. Nun bin ich in
ihr Verbrechen verwickelt. Ob ich will oder nicht. Diese
verdammten Idioten; sie schaffen es nicht einmal, auf eine
Frau aufzupassen, eine junge Frau, die fast noch ein Kind ist.
Er schaute Kananga finster an, während er im
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