Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
würde. Die Aussicht gefiel
    ihr zwar nicht, aber sie wollte unbedingt herausfinden, was
    der Sicherheitschef über Don Diegos Tod in Erfahrung
    gebracht hatte.
    Nein, nicht über seinen Tod, sagte Holly sich. Über seine
    Ermordung.
    Manuel Gaeta fühlte sich unbehaglich ‒ was ihm in seinem
    bisherigen Leben noch nicht allzu oft passiert war. Während er
    den Gang entlang zu Nadia Wunderlys kleinem Büro ging,
    war er nervös wie ein Teenager vor seiner ersten Verabredung.
    Wie ein kleiner Junge, der zur Beichte geht.
    Die Tür mit der Aufschrift PLANETENWISSENSCHAFTEN
    stand weit offen. Der Bereich dahinter war ein Labyrinth aus
    schulterhohen Trennwänden, zwischen denen Wissenschaftler
    und ihre Assistenten konzentriert arbeiteten. Gaeta war schon
    oft genug hier gewesen, um den Weg zu kennen, doch an
    diesem Morgen war er so verwirrt und orientierungslos, dass
    er sich durchfragen musste. Alle schienen zu wissen, wer er
    war, und wiesen ihm lächelnd den richtigen Weg. Er hatte den
    Eindruck, dass die Frauen besonders warmherzig lächelten.
    Dafür ist jetzt keine Zeit, rief er sich zur Ordnung.
    Gaeta fühlte sich irgendwie wie eine Maus im Labyrinth
    eines Psychologen; schließlich erreichte er Wunderlys
    winziges Büro, das im hintersten Winkel des Raums gelegen
    war.
    »Guten Morgen, Manny«, sagte sie und schaute kaum auf,
    als er am Eingang stehen blieb.
    »Hi«, sagte er so fröhlich, wie es ihm nur möglich war. »Hast
    du die Ergebnisse für mich?«
    Sie nickte ernst. Unaufgefordert setzte Gaeta sich auf den
    wackeligen kleinen Plastikstuhl an der Seite des Schreibtischs.
    Suma friadad, sagte er sich. Eine Eiseskälte hier drin.
    Wunderly projizierte eine Reihe von Tabellen auf die
    Trennwand, die zugleich die Rückwand des Büros bildete.
    »Das sind die Frequenzen der Teilchen im hellsten Gürtel,
    dem B-Ring, mit einer Größe von über zehn Zentimetern«,
    sagte sie mit einer monotonen Stimme, die so emotionslos
    klang wie eine Maschine. »Und hier sind die Ableitung, die
    sie…«
    »Ich kann es dir nicht verdenken, dass du sauer auf mich
    bist«, unterbrach er sie.
    Sie blinzelte langsam, geradezu feierlich mit den großen
    grauen Augen.
    »Ich weiß, dass du und Kris euch unterhalten habt.«
    »Auch mit Holly.«
    Er gestand es mit einem Achselzucken und einem schrägen
    jungenhaften Lächeln ein. »Ja, auch mit Holly.«
    »Und weiß Gott mit wem sonst noch.«
    »Moment mal«, sagte er und hob beschwichtigend die Hand.
    »Die Sache ist doch so schon schlimm genug. Da muss man sie
    nicht noch unnötig aufbauschen.«
    »Ich will nicht darüber sprechen«, sagte Wunderly.
    »Ich möchte mich bei dir entschuldigen.«
    Sie schaute ihn für einen Moment finster an. »Ich will nicht
    darüber sprechen«, wiederholte sie. »Nie wieder.«
    »Aber ich…«
    »Nie wieder, Manny!« Ihre Augen blitzten. Er wurde sich
    bewusst, dass sie es ernst meinte.
    Wunderly holte tief Luft und sagte: »Unsere Beziehung ist
    von nun an rein geschäftsmäßig. Du willst einen Sturzflug
    durch die Ringe machen, und ich will die Ringe einer breiten
    Öffentlichkeit präsentieren. Wir werden bei dieser Sache rein
    beruflich zusammenarbeiten. Keine persönlichen Momente.
    Verstanden?«
    »Verstanden«, sagte er matt.
    »Mit etwas Glück bekomme ich einen Batzen Fördergeld, um
    die Ringe zu studieren, und du brichst dir den Hals.«
    Gaeta grinste sie an, obwohl ihm eigentlich nicht danach
    war. »Mit etwas Glück«, sagte er.
    Holly ging zur Stelle im Bewässerungskanal, wo Don Diego
    ermordet worden war. Als sie die Böschung hinabging, hielt
    sie Ausschau nach Kananga. Er war nirgendwo zu sehen.
    Er ist nicht da, sagte sie sich. Was geht hier vor?
    Dann sah sie seine große, schlanke Gestalt vielleicht hundert
    Meter entfernt auf der Böschung auf sie warten. Wie immer
    war er ganz in Schwarz gekleidet: das Gewand, die Hose, die
    Stiefel ‒ alles kohlrabenschwarz.
    »Hallo«, rief sie.
    Kananga kam auf sie zu.
    »Das ist die Stelle, genau hier«, rief Holly. »Dort bei den
    Pfirsichbäumen.«
    »Sind Sie sicher«, rief Kananga zurück.
    »Ich erinnere mich an jede Einzelheit.«
    Er blieb eine Armlänge von ihr entfernt stehen. »Sie haben
    ein ausgezeichnetes Gedächtnis.«
    »Ein fotografisches«, sagte Holly und versuchte ihre
    Nervosität angesichts des über ihr dräuenden Kananga zu
    verbergen. Sie sah, dass die Abdrücke, die seine Stiefel im
    Schmutz hinterließen, mit denen am Ort des Verbrechens
    identisch

Weitere Kostenlose Bücher