Saturn
Korridorbodens ab. Neben
jedem Ventilator stand eine dunkle Metallröhre, die von einer
kupferfarbenen Spule umhüllt war und Gaeta wie eine
Kreuzung zwischen einem Laborgerät und einer Schrotflinte
anmutete. Der vierte Techniker lud sie mit Kugellagerkugeln.
»Diese Simulation wird nur ein paar Sekunden dauern«,
sagte Fritz, »aber sie soll dir schon einmal ein Gefühl dafür
vermitteln, was dich im Ring erwartet.«
»Das weiß ich doch alles schon, Fritz«, sagte Gaeta
ungeduldig. »Bringen wir's hinter uns.«
»Das Wasser wird zu Eiskristallen gefrieren, und die
Ventilatoren werden dich damit anblasen«, fuhr Fritz so
ungerührt fort, als habe er kein einziges Wort gehört. »Die
elektromagnetischen Kanonen werden die Kugeln auf eine
Geschwindigkeit von annähernd anderthalb Mach
beschleunigen, um größere Eisbrocken des Rings zu
simulieren.«
»Und ich stehe hier rum und kriege alles ab«, sagte Gaeta.
»Ich gehe nicht davon aus, dass der Anzug perforiert werden
wird«, sagte Fritz.
»Die Selbstabdichtung schließt alle eventuellen Lecks.«
»Provisorisch.«
»Lang genug für diesen Test.«
»Aber nicht lang genug, um dir das Leben zu retten, wenn
du draußen in den Ringen bist.«
»Deshalb führen wir diese Simulation doch gerade durch,
um zu sehen, ob der Anzug standhält. Fangen wir endlich an.«
Fritz schaute mit offenem Mund zu ihm auf, wobei sein
Gesichtsausdruck zwischen Unzufriedenheit und Besorgnis
changierte.
»Komm schon, Fritz«, drängte Gaeta ihn. »Bringen wir es
hinter uns.«
Mit einem Kopfschütteln führte Fritz die anderen Techniker
durch die luftdichte Tür, die den Abschluss des Korridors
bildete. Gaeta sah, wie sie sich schloss.
»Ich pumpe nun die Kammer aus«, ertönte Fritz' Stimme im
Helmlautsprecher.
»Dann pump mal schön«, sagte Gaeta.
Der einzige Aspekt des Flugs durch Saturns B-Ring, den
dieser Test nicht zu simulieren vermochte, war die
Schwerelosigkeit. Gaeta hielt das aber auch nicht für wichtig;
schließlich hatte er sich schon oft in der Schwerelosigkeit
bewegt, so dass das kein Problem für ihn war.
Es war jedoch etwas anderes, in einem apokalyptischen
Blizzard zu stehen und mit überschallschnellen Kugeln
beschossen zu werden. Wie vor einem
Erschießungskommando. Ja, sagte er sich, aber ich stecke in
einem gepanzerten Anzug. Wie Superman. Die Kugeln
werden einfach von mir abprallen. Hoffte er zumindest.
James Coleraine Wilmot saß allein in seinem Wohnzimmer
und starrte in die Unendlichkeit. Ich bin ruiniert. Über meine
eigene Dummheit gestolpert.
Er seufzte schwer. Ich könnte ihn bekämpfen. Die meisten
Leute sind nur deshalb in diesem Habitat, weil sie die Gesetze
und Verordnungen der Regierung nicht mehr ertrugen, die sie
strangulierten. Na schön, ich habe einen ziemlich bizarren
Geschmack, was meine Unterhaltung angeht. Ich könnte mich
aber zu psychologischer Beratung oder sogar zu einer
Psychotherapie bereit erklären. Ich muss nicht vor diesem
rotzigen Eberly und seiner Clique zu Kreuze kriechen. Nicht,
wenn ich es nicht selbst will.
Er dachte darüber nach. Eben ‒ nicht, wenn ich es nicht
selbst will. Wieso sollte ich mich aber den Peinlichkeiten und
Belastungen einer öffentlichen Entlarvung aussetzen und mich
zum Gespött der Leute machen? Ich müsste mich gegen
Anschuldigungen verteidigen, mich entschuldigen und um
Verständnis bitten. Nein, dem werde ich mich nicht aussetzen.
Das kann ich nicht.
Vielleicht ist es auch besser so. Nun muss ich wenigstens
nicht mehr so tun, als ob ich Kontrolle ausüben und
Verantwortung tragen würde. Das Experiment läuft nun völlig
frei von möglichen Eingriffen ab. Ich werde Atlanta davon in
Kenntnis setzen müssen.
Er zögerte und runzelte die Stirn. Eberly beobachtet jede
meiner Bewegungen und hört alle meine Gespräche ab. Selbst
in der Privatsphäre meines Quartiers. Er wird mich auch jetzt
beobachten.
Was soll ich tun? Nichts. Absolut nichts. Atlanta wird
Eberlys Machtspiel schon früh genug auf die Schliche
kommen. Sie müssen etliche Spione in die Population
eingeschleust haben.
Holly hatte sich stundenlang den Kopf darüber zerbrochen, ob
sie Kris anrufen sollte. Schließlich beschloss sie, es von einem
Telefon an der Oberfläche aus zu tun. Sie wollte vermeiden,
dass Kananga oder sonst jemand erfuhr, dass die Tunnel ihr
als Versteck dienten. So erklomm sie also, kurz bevor die
Sonnenfenster des Habitats sich für den
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