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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Eine schäumende Wasserwand würde durch die Röhre
    auf sie zuschießen, gegen sie anbranden und mit
    unwiderstehlicher Wucht mitreißen ‒ sie würde von den
    Fluten umhergewirbelt und ertrinken.
    Was soll der Blödsinn, rügte sie sich. Du machst dich nur
    selbst verrückt wie ein kleines Kind, das sich vor Ungeheuern
    unterm Bett fürchtet. Dennoch lauschte sie, während sie durch
    die trockene Pipeline kroch, nach dem Rauschen von Wasser
    und tastete mit den Fingerspitzen nach der leichtesten
    Erschütterung der Röhre. Zumal die Rohrleitung doch nicht so
    trocken war: Hier und da sagten feuchte Stellen und sogar
    Pfützen ihr, dass vor nicht allzu langer Zeit hier Wasser
    durchgeflossen war.
    Ursprünglich hatte sie in der Pipeline bleiben wollen, bis sie
    am Habitat-Ende eine große U-Kurve beschrieb. Vielleicht
    würde sie doch früher aussteigen. Sie verspürte nämlich das
    Bedürfnis, wieder aufrecht zu stehen und sich zu recken und
    zu strecken. Also rutschte sie weiter durch die Pipeline, wobei
    die Angst vorm Ertrinken ständig an ihr nagte.
    Der Scout erreichte mit Leichtigkeit die Luke, durch die Holly
    in die Pipeline eingestiegen war. Der elektronische Detektor
    folgte der Geruchsspur, die sie hinterlassen hatte, ohne
    Probleme. Mein braver Bluthund, sagte er sich mit einem
    schiefen Lächeln.
    Nun musste er eine Entscheidung treffen. Soll ich in die
    Rohrleitung gehen und ihr folgen oder draußen bleiben? Er
    beschloss, draußen zu bleiben. Er käme schneller voran, wenn
    er ging, als wenn er durch die dunkle Rohrleitung kröche. Sie
    muss früher oder später herauskommen, und wenn sie das tut,
    wird das Spürgerät mir sagen, durch welche Luke sie
    ausgestiegen ist.
    Aber welche Richtung hat sie eingeschlagen? Er wusste, dass
    sie sich von der Ortschaft entfernte und in Richtung des
    Habitat-Endes bewegte. Ich werde diesem Vektor folgen. Die
    Wahrscheinlichkeit, dass sie umgekehrt ist und wieder zur
    Ortschaft zurückgeht, ist ziemlich gering. Trotzdem rief er
    Kananga an. Er schilderte ihm die Situation und riet ihm, ein
    paar Leute an den Pipeline-Luken in der Nähe der Ortschaft
    zu postieren.
    »Ich werde etwas ganz anderes tun«, sagte Kananga mit
    einem sardonischen Grinsen. »Ich werde die Instandhaltung
    anweisen, den Hauptwasserfluss in diese Rohrleitung
    umzuleiten. Dann wird sie herausgespült.«
    Tavalera fuhr mit dem Fahrrad auf dem Pfad, der sich durch
    die Obstgärten und das Ackerland zog, zum Habitat-Ende. Er
    ließ das Rad am Ende des Pfads stehen und folgte dem
    Gehweg, der durch den Wald am Ende des Habitats führte. Es
    war ein merkwürdiges Gefühl: Er sah, dass er eine leichte
    Steigung erklomm und hatte dennoch das Gefühl, bergab zu
    gehen; die Gravitation nahm mit jedem Schritt spürbar ab.
    Schließlich erreichte er die Stelle im Wald, wo er und Holly
    einmal gepicknickt hatten. Ich kann nicht das ganze Habitat
    nach dir absuchen, Holly, sagte er sich. Also musst du zu mir
    kommen.
    Tavalera setzte sich auf den Boden und wartete darauf, dass
    sie auftauchte. Das war nach seinem Dafürhalten die beste
    Vorgehensweise.
    Gaeta verspürte die gleiche Aufregung, die ihn immer befiel,
    wenn er im Anzug eingeschlossen war, wenn alle Systeme
    eingeschaltet waren und funktionierten. Aber es war nicht nur
    Aufregung. Was er verspürte, war ein Gefühl der Macht. Der
    Anzug verlieh ihm die Kraft eines Halbgottes. Der Anzug
    schützte ihn vor den Gefahren, mit denen das Universum ihn
    bedrohte. Er fühlte sich praktisch unverletzlich und
    unbesiegbar. Wenn du dich weiter dieser Illusion hingibst,
    wirst du am Ende tot sein, ermahnte er sich. Atme tief durch
    und mach dich an die Arbeit. Und vergiss nicht, dass es
    verdammt gefährlich ist dort draußen.
    Trotzdem fühlte er sich wie Superman.
    »Wir nähern uns dem Eintrittspunkt«, ertönte Timoschenkos
    rauhe Stimme im Helm-Kopfhörer.
    Gaeta nickte. »Der Anzug ist geschlossen. Öffne die
    Ladeluke.«
    »Öffne Luke.«
    Gaeta hatte diese Prozedur schon viele Male durchlaufen. Er
    verspürte immer einen Nervenkitzel, wenn die Luke aufglitt
    und er ins Universum mit der endlosen schwarzen Leere und
    den unzähligen leuchtenden Sternen schaute. Diesmal war es
    jedoch etwas anderes.
    Als die Luke sich öffnete, wurde die Ladebucht mit Licht
    geflutet ‒ mit blendendem, gleißendem Licht. Gaeta schaute
    auf ein schier endloses, strahlend weißes Feld: so weit das
    Auge reichte, war nichts außer glitzerndem, funkelndem Licht.
    Es

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