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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Navigations- und Kontrollzentrum des riesigen Habitats
    war nämlich in einer kompakten Kapsel untergebracht, die an
    der Außenseite des mächtigen Zylinders angeflanscht war ‒
    wie ein Pilz auf einem langsam rotierenden Baumstamm.
    Captain Nicholson trug den Titel ehrenhalber. Sie hatte
    schon Raumschiffe zum Asteroiden-Gürtel geflogen und
    einmal sogar einen Verband von drei Schiffen auf einer
    Versorgungsmission für die wissenschaftlichen Stützpunkte
    auf dem Mars befehligt.
    Von der vierköpfigen Besatzung, die im Navigations- und
    Kontrollzentrum arbeitete, wollten Nicholson, ihr erster
    Offizier und der Navigator zur Erde zurückkehren, sobald sie
    die Goddard in einen Orbit um den Saturn gebracht hatten. Nur
    der System-Ingenieur, Ilja Timoschenko, hatte sich für die
    volle Dauer der Mission verpflichtet. Timoschenko rechnete
    auch nicht damit, die Erde jemals wiederzusehen.
    Samantha Nicholson sah nicht aus wie ein typischer
    Raumschiffkapitän. Sie war eine kleine Frau, die ihr Haar hatte
    silbergrau werden lassen. Sie stammte von einer langen Linie
    von Großreedern ab und war die Erste ihrer Familie, die dem
    Lockruf des Weltraums und nicht des Meeres folgte. Ihr Vater
    enterbte sie wegen ihrer Eigenwilligkeit und Unabhängigkeit,
    und ihre Mutter weinte bitterlich, als sie die Erde verließ.
    Nicholson tröstete ihre Mutter und sagte ihrem Vater, dass sie
    das Familienvermögen weder brauchte noch wollte. Sie kehrte
    nie mehr zur Erde zurück, und Selene wurde ihre zweite
    Heimat.
    Timoschenko bewunderte die Kapitänin. Nicholson war
    fähig, intelligent und schaltete sich bei Auseinandersetzungen
    als ›ehrlicher Makler‹ ein. Und wenn es darauf ankam,
    vermochte sie die Besatzung mit einer Sprache zur Raison zu
    bringen, bei der ihre Mutter wohl in Ohnmacht gefallen wäre.
    »X minus dreißig Sekunden«, sagte die synthetische Stimme
    des Computers.
    Timoschenko warf einen Blick auf seine Konsole. Alle
    Lampen und Symbole leuchteten grün.
    »Zündung der Triebwerke auf mein Kommando«, sagte
    Captain Nicholson gelassen.
    »Roger«, erwiderte der erste Offizier.
    Normalerweise hätte Timoschenko sich darüber mokiert,
    dass sie auf menschlicher Kontrolle bestand. Die vier
    Besatzungsmitglieder wussten nämlich ganz genau, dass die
    Computer das Antriebssystem überwachten. Dieses träge,
    überdimensionale Abflussrohr würde exakt im richtigen
    Moment aus dem Mondorbit ausscheren, auch wenn keiner
    von ihnen auf der Brücke wäre. Der Käpt'n pflegte jedoch die
    alten Traditionen, und sogar Timoschenko ‒ der sonst immer
    so verdrießlich und spöttisch war wie ein hochmütiger
    Universitätsprofessor ‒, respektierte die Entscheidung der
    alten Dame.
    Der Computer sagte: »Zündung in fünf Sekunden, vier…
    drei… zwei…«
    »Triebwerke zünden«, sagte der Käpt'n.
    Timoschenko grinste, als seine Konsole zeigte, dass der
    Computerbefehl und die menschliche Handlung gleichzeitig
    stattfanden.
    Die Triebwerke feuerten. Die Goddard scherte aus dem
    Mondorbit aus und schwenkte auf die lange Flugbahn zum
    Planeten Saturn ein.
    Selbst mit Duncan-Drive-Fusionstriebwerken flitzt ein so
    massives Objekt wie das Habitat Goddard nicht durchs
    Sonnensystem, wie Passagierfähren und sogar automatisierte
    Erzfrachter es zu tun pflegen.
    Das liegt zum Teil an der schieren Masse. Mit über
    hunderttausend Tonnen entspricht das Habitat einer ganzen
    Flotte interplanetarer Raumschiffe. Um dem Habitat auch nur
    eine Beschleunigung von einem Zehntel Ge zu verleihen, wäre
    ein enormer Schub erforderlich, was wiederum einen
    exzessiven Brennstoffverbrauch zur Folge hätte.
    Das größte Problem ist jedoch die rotationsinduzierte
    Schwerkraft im Innern des Habitats. Eine Beschleunigung
    durch Raketenschub würde die Welt im Innern des Zylinders
    durcheinander wirbeln. Anstatt nur einen sanften,
    erdähnlichen Zug nach ›unten‹ zu verspüren, würden die
    Bewohner auch in Richtung des Raketenschubs beschleunigt
    werden. Dadurch würde das Leben im Habitat erschwert,
    wenn nicht unmöglich werden.
    Die Bewohner hätten das Gefühl, ständig bergauf oder
    bergab zu gehen, obwohl sie auf einem normal wirkenden
    flachen Boden gingen.
    Also entfernte die Goddard sich mit einer gemächlichen
    Beschleunigung vom Mond, mit einem winzigen Bruchteil
    eines Ge. Die zehntausend Bewohner spürten die Kraft der
    Beschleunigung überhaupt nicht, doch von den Antriebs-
    Ingenieuren des Habitats wurde sie sorgfältig

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