Saturn
heraus.
»Er war doch mein Freund. Ich hätte ihm doch nie etwas
angetan.«
»Vielleicht ist er zudringlich geworden«, suggerierte Eberly.
Das war ein Griff nach dem Strohhalm. »Vielleicht haben Sie
ihn in Notwehr getötet. Oder vielleicht war es sogar ein
Unfall.«
»Unsinn«, murmelte Morgenthau, die neben Vyborg stand.
»Sie sind eine Geschworene«, sagte Eberly. »Sie dürfen
keinen Kommentar abgeben.«
»Sie ist schuldig«, blaffte Vyborg. »Wir können uns die
Beweisaufnahme sparen.«
Wenn ich die Wärme aus dem Anzug entweichen lasse,
verjage ich sie vielleicht, sagte Gaeta sich. Und wenn nicht, bin
ich sowieso tot. Was habe ich also zu verlieren?
Er nickte im vereisten Helm. Dann tu es auch. Worauf
wartest du noch?
Er programmierte das Steuergerät in der Anzugsbrust um,
damit es die Zugangsluken in den Anzugsärmeln und ‒beinen
öffnete. Die vier Tasten glühten vor seinen Augen. Die vier
Finger der rechten Hand schwebten über ihnen.
Tu es!, befahl er sich.
Gaeta schloss fest die Augen und atmete heftig aus, um die
Lunge möglichst vollständig zu entleeren; dann stach er mit
den Fingern auf die Tasten.
Und zählte: tausendeins, tausendzwei, tausenddrei…
Vorm geistigen Auge sah er, was geschah. Die warme
Anzugsluft strömte aus den offenen Zugangsluken. Eine
plötzliche Hitzewelle würde gegen die Eis-Kreaturen
anbranden. Vielleicht würde sie sie töten. Auf jeden Fall
müsste sie ihnen Unbehagen verursachen.
…tausendacht, tausendneun…
Gaeta verspürte ein Knacken in den Ohren. Er vermochte die
Luft nicht viel länger anzuhalten. Er wagte es auch nicht, die
Augen wieder zu öffnen. Er erinnerte sich an Geschichten von
Leuten, die durch die jähe Dekompression geplatzt waren. Das
Blut und die Eingeweide werden im ganzen Anzug
umherspritzen, sagte er sich.
…tausendzwölf, tausend…
Er hieb wieder auf die Tasten und hörte, wie die
Zugangsluken zuschlugen. Er öffnete die Augen einen Spalt
weit, aktivierte die Luftsteuerung und hörte, wie die Luft aus
dem Reservetank in den Anzug zischte und ihn wieder
auffüllte.
Doch das Helmvisier war immer noch vollständig vereist.
Vor lauter Verzweiflung hieb er wieder auf die Taste für die
Schubdüsen.
Es war, als ob ein Böller unter seinem Hintern gezündet
worden wäre. Der Schub der Düsen setzte völlig unerwartet
ein. Er jaulte in einer Mischung aus Überraschung, Freude und
Schmerz auf, als der Anzug sich in Bewegung setzte. Er flog
blind, aber wenigstens flog er.
Morgenthau und Vyborg mussten sich nicht einmal
anschauen, um sich auf ein Urteil zu verständigen.
»Schuldig«, sagte Morgenthau.
»Schuldig im Sinne der Anklage«, sagte Vyborg. »Und Ihr
Komplize auch.«
»Komplize«, platzte Tavalera heraus.
Kananga versetzte ihm wieder einen Tritt.
»Die Geschworenen haben Sie schuldig gesprochen«, sagte
Eberly zu Holly. »Möchten Sie noch etwas sagen?«
»Jede Menge«, spie Holly förmlich aus. »Aber nichts, was
euch gefallen würde.«
Morgenthau trat vor Holly. Sie zog einen Palmtop aus dem
grellbunten Kaftan und sagte: »Es gäbe da noch etwas, das ich
gern hören würde. Ich will ein Geständnis, dass Sie und Ihr
Freund hier zusammen mit Dr. Cardenas an der Entwicklung
von Killer-Nanobots gearbeitet haben.«
»Das ist nicht wahr!«, sagte Holly.
»Ich sage auch nicht, dass es wahr sein muss«, erwiderte
Morgenthau mit einem verschlagenen Lächeln auf den Lippen.
»Ich will es nur von Ihnen hören.«
»Da können Sie lange warten.«
»Das gilt auch für mich«, sagte Tavalera.
Kananga schaute auf den verwundeten und malträtierten
Ingenieur hinab und drehte sich dann wieder zu Holly um.
»Ich glaube, ich kann sie überzeugen«, sagte er mit einem
wölfischen Grinsen.
Er trat Holly in den Leib, sodass sie sich krümmte. »Das ist
für den Tritt ins Gesicht, den Sie mir versetzt haben«, sagte er
und fasste sich ans Kinn. »Das war aber nur eine Anzahlung.«
Fritz hatte seit Stunden angespannt an der Haupt-
Steuerkonsole gesessen, ohne etwas zu sagen oder sich auch
nur zu rühren. Die anderen Techniker schlichen auf
Zehenspitzen um ihn herum. Weil die Verbindung zu Gaeta
unterbrochen war, vermochten sie nichts anderes zu tun als zu
warten. Die Missionszeituhr auf Fritz' Konsole zeigte, dass
Gaeta noch immer für über dreißig Stunden Luft hatte, aber sie
hatten keine Ahnung, in welchem Zustand er war.
Nadia Wunderly kam in die Werkstatt und spürte
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