Saturn
sofort,
dass eine Stimmung wie bei einem Begräbnis herrschte.
»Was ist mit ihm?«, fragte sie den nächsten Techniker
flüsternd.
Der Mann zuckte die Achseln.
Sie ging zu Fritz. »Haben Sie schon irgend etwas von ihm
gehört?«
Fritz schaute mit verquollenen Augen zu ihr auf. »Seit zwei
Stunden nicht mehr.«
»Oh.«
»Sind diese Eisflocken wirklich lebendig?«, fragte Fritz.
»Ich glaube schon«, sagte sie mit Betonung auf ich. »Wir
werden aber noch ein paar Proben nehmen und ein paar
Untersuchungen durchführen müssen, bis wir eine endgültige
Bestätigung haben.«
»Sie fressen den neuen Mond wirklich auf?«
Wunderly nickte verdrießlich. »Sie schwärmen über die
gesamte Oberfläche. Ich habe die Instrumente darauf
programmiert, Messungen vorzunehmen, aber es wird einige
Zeit dauern, bis wir eine Abnahme des Monddurchmessers
feststellen werden.«
»Ich verstehe. Dann haben Sie also eine große Entdeckung
gemacht.«
»Ich wünschte, ich hätte das gewusst, bevor Manny nach
draußen gegangen ist…«
»He, Fritz!«, drang es knisternd aus dem Lautsprecher des
Funkgeräts. »Hörst du mich?«
»Manny!« Fritz sprang auf. »Manny, du lebst!«
»Ja, aber ich weiß nicht, wie lang noch.«
Rückkehr
Timoschenko, der allein im Cockpit des Raumboots saß, hatte
der Unterhaltung zwischen Gaeta und den Technikern
gelauscht und war dann in Niedergeschlagenheit verfallen, als
Gaeta verstummt war. Dann haben die Wissenschaftler also
eine große Entdeckung gemacht, sagte er sich. Sie werden
Preise einheimsen und mit Champagner anstoßen, und Gaeta
wird schmählich vergessen.
Das ist der Lauf der Welt. Die Großkopfeten klopfen sich
gegenseitig auf die Schultern, während der kleine Mann
einsam stirbt, sagte er sich. Vielleicht wird man noch ein paar
Video-Dokumentationen über Gaeta bringen: der tollkühne
Stuntman, der in den Ringen des Saturns gestorben ist. Doch
in ein paar Wochen wird kein Hahn mehr nach ihm krähen.
Timoschenko hatte das Raumboot so programmiert, dass es
die Cassini-Teilung zwischen dem A- und B-Ring durchstoßen
und in eine Position gehen würde, wo Gaeta gemäß der
Programmierung unterhalb der Ringebene herauskommen
sollte. Er wusste aber, dass der Stuntman nicht an dieser Stelle
herauskommen würde ‒ nicht nach dem, was mit ihm
geschehen war. Wahrscheinlich würde Gaeta überhaupt nicht
mehr herauskommen, doch Timoschenko wartete trotzdem an
der vereinbarten Stelle.
»He, Fritz! Hörst du mich?«
»Manny!«, platzte Fritz heraus. »Du lebst!«
Der Klang von Gaetas Stimme elektrisierte Timoschenko. Er
schaute durchs Cockpitfenster auf die schimmernde Weite der
Saturnringe; sie waren so hell, dass es ihm schier die Tränen in
die Augen trieb. Dann setzte der Verstand wieder ein, und er
überprüfte die Radarbilder. Da war ein Objekt von der Größe
eines Menschen, der wie eine Gewehrkugel aus den Ringen
herausgeschleudert wurde.
»Gaeta!«, schrie Timoschenko ins Mikrofon, »ich komme
dich holen!«
Gaeta brauchte ein paar Sekunden, um sich vom Schock der
plötzlichen Schubdüsen-Zündung zu erholen. Er hatte keine
Kontrolle darüber; er hieb verzweifelt auf die Tasten, doch die
Rakete feuerte einfach weiter, bis ihr der Brennstoff ausging
und sie stotternd verstummte. Erst dann versuchte Gaeta, eine
Verbindung herzustellen. Er hörte Fritz' Stimme im
Lautsprecher. Dem Cheftechniker schien es vor Überraschung
und Freude förmlich die Sprache verschlagen zu haben; ein so
seltener Vorgang, dass Gaeta lachen musste. Der alte cabrón
hat sich Sorgen um mich gemacht!
»In welcher Verfassung bist du?«, fragte Fritz wieder in
seiner normalen professionellen Nüchternheit. »Die
diagnostischen Daten, die wir erhalten, sind noch immer
ziemlich uneinheitlich.«
Gaeta sah Eispartikel vom Helmvisier wegfliegen und sagte:
»Ich bin in Ordnung, außer dass ich nicht weiß, wohin, zum
Teufel, ich fliege. Wie sind meine Position und der Vektor?«
»Wir arbeiten daran. Dein Triebwerk ist anscheinend
ausgebrannt.«
»Richtig. Ich habe keine Möglichkeit mehr, zu bremsen oder
den Kurs zu ändern.«
»Keine Sorge«, ertönte Timoschenkos Stimme. »Ich habe dich
auf dem Radar. Ich bin schon auf Rendezvous-Kurs.«
»Super«, sagte Gaeta. Das Helmvisier war nun wieder fast
eisfrei. Er sah noch eine kleine Eisflocke, die umherirrte wie
eine mit Amphetamin gedopte Ameise und schließlich
verschwand.
»Und tschüss, amigito «, sagte
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