Saturn
Blick über die kahlen Wände
des Büros schweifen.
»Sie brauchen noch ein paar Bilder an den Wänden«, sagte
sie. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie ein paar Holo-Fenster
bekommen, die man programmieren kann…«
»Ich kann mein Büro selbst einrichten«, sagte Eberly schroff.
Sie verzog keine Miene. »Seien Sie doch nicht gleich so
gereizt. Wo Sie nun die Macht haben, sollten Sie sich auch mit
den Insignien der Macht umgeben. Symbole sind wichtig.
Fragen Sie Vyborg, der weiß alles über die Bedeutung des
Symbolismus.«
»Ich habe zu tun«, blaffte Eberly.
»Sie müssen sich mit Kananga treffen.«
Eberly schüttelte den Kopf. »Das steht nicht in meinem
Terminkalender.«
»Er erwartet Sie an der zentralen Luftschleuse draußen am
Habitat-Ende.«
»Ich werde nicht…«
»Er hat Holly in Gewahrsam. Er will, dass Sie ihrer
Verhandlung beiwohnen. Und ihrer Hinrichtung.«
Standgericht
Gaeta prüfte seine Optionen: Er sah nichts im vom Eis
ummantelten Anzug, die Funkantennen waren blockiert und
die Temperatur im Anzug fiel. Die Schubdüsen funktionieren
nicht, sagte er sich, und ich weiß nicht warum. Die auf die
Innenseite des Helmvisiers projizierte Diagnose-Anzeige
meldete, dass das Antriebssystem voll einsatzbereit war.
»Zum Teufel mit den Ingenieuren«, murmelte er. »Sie haben
alles durchgecheckt, aber es funktioniert trotzdem nichts.«
Auf die Anzugsdiagnostik konnte er also nichts geben. Gaeta
wusste, dass Fritz den Fehler sicher finden würde. Er kennt
alle Details. Er hat sogar die Positionsdaten, die im
Navigationsprogramm gespeichert sind; und alles, was ich
habe, ist eine nicht funktionierende Funkverbindung.
Gaeta hatte aber noch einen Trumpf. Wenn der nicht sticht,
werde ich ein Tiefkühlgericht für diese chingado Eis-Wanzen
abgeben, sagte er sich. Das unter Federspannung stehende
Kabel aus Buckminster-Fulleren durchstieß den Eispanzer und
rollte sich wie eine Peitsche zur vollen Länge von hundert
Metern aus. Gaeta spürte die Vibrationen im Anzug wie das
leise Summen eines Elektrorasierers.
»Fritz! Hörst du mich?«, rief er.
»Manny!«, ertönte Fritz' Stimme. »Wie ist die Lage? Die
Diagnosedaten hier sind uneinheitlich.«
»Anzugsantennen vereist«, erwiderte Gaeta, wobei er
automatisch in den abgehackten, Zeit sparenden Slang der
Piloten und Fluglotsen fiel. »Schubdüsen zünden nicht.«
»Lebenserhaltung?«
»Funktioniert noch. Die Schubdüsen, Mann. Ich muss von
hier verschwinden.«
»Hast du es schon mit dem Notaggregat versucht?«
»Natürlich habe ich es mit dem Notaggregat versucht! Es
sieht so aus, als ob alles eingefroren wäre.«
»Dreh die Anzugsheizung hoch«, ertönte Wunderlys
Stimme.
»Die Heizung?«
»Dreh sie so hoch, dass du es gerade noch aushältst«, sagte
sie. »Die Eis-Wanzen mögen wahrscheinlich keine hohen
Temperaturen.«
» Wahrscheinlich ist mir auch keine große Hilfe«, sagte Gaeta.
»Versuch es wenigstens«, befahl Fritz ihm.
Gaeta wusste, dass die elektrische Energie des Anzugs aus
einem thermionischen Konverter kam: Die Heizung hatte auf
jeden Fall genug Saft.
»Okay«, sagte er widerstrebend. »Ich gehe in den Sauna-
Modus.«
Holly machte sich mehr Sorgen um Tavaleras Bein als um ihre
eigene Zukunft. Zwei schwarz gekleidete Sicherheits-Leute
schleiften Raoul den Hang hinauf zur zentralen Luftschleuse.
Er schien einen Schock zu haben; das Gesicht war
kreidebleich, und er knirschte mit den Zähnen. Es war dumm
gewesen von ihm, mir helfen zu wollen, sagte Holly sich.
Dumm, aber mutig.
Mit dem Äthiopier an der Spitze erklommen sie die sanfte
Steigung und spürten die eigentümliche Abnahme der
Schwerkraft, als sie sich der Mittellinie des Habitats näherten.
Holly fragte sich, ob sie den irritierenden Schwund der
Schwerkraft vielleicht als Waffe einsetzen könnte, aber sie und
der verwundete Tavalera hätten dann vier von Kanangas
Leuten gegenüber gestanden. Sie durfte Raoul nicht in ihren
Fängen lassen, egal was geschehen würde.
»Wieso bringt ihr uns dorthin?«, fragte Holly.
»Wir befolgen nur unsere Befehle«, sagte der stämmige
Anführer des Sicherheits-Teams.
»Befehle? Wessen Befehle?«
»Oberst Kanangas. Er will sich in der zentralen Luftschleuse
mit Ihnen unterhalten.«
Eberly war überhaupt nicht erfreut, aber er wusste, dass er
keine andere Wahl hatte, als Morgenthau zu dieser
Besprechung mit Kananga zu begleiten. Was soll ich sonst tun,
fragte er sich. Ich
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