Saturn
hatte sie sogar einen
Mord begangen. Sie hatte es zugelassen, dass ihre Kenntnisse
der Nanotechnik für die Sabotage eines Raumschiffs
missbraucht wurden, was den Tod des Industriellen Dan
Randolph zur Folge gehabt hatte.
Die Regierung von Selene hatte sie aus ihrem eigenen
Nanotech-Labor ausgesperrt. Sie war zur Bergbau-Station auf
Ceres im Asteroiden-Gürtel geflogen, wo sie für viele Jahre
blieb; zuerst als Ärztin und schließlich als Mitglied des
Regierungsgremiums von Ceres. Tätige Reue. Sie half bei der
Errichtung der Bergbau-Niederlassung auf Ceres, und seit der
Flucht von Selene hatte sie sich geweigert, irgendwelche
Nanotech-Arbeiten durchzuführen.
Mache ich vielleicht einen Fehler?, fragte sie sich nun.
Sollte ich mich doch für einen Platz bei der Saturn-
Expedition bewerben? Würden sie mich überhaupt nehmen,
wenn ich mich bewerben würde?
Cardenas schaute auf Panchos vergrößertes Bild, das auf
dem Wandbildschirm erstarrt war und beschloss, es zu
versuchen. Es wird Zeit, ein neues Leben in einer neuen Welt
zu beginnen, sagte sie sich. Zeit für einen Neubeginn.
Als sie Cardenas' Anfrage erhielt, verließ Holly sofort ihren
Platz am Schreibtisch und rannte los, um Eberly zu suchen. Er
befand sich in der Cafeteria des Bürokomplexes. Er saß dort
mit Morgenthau und einem spindeldürren Mann, dessen
Hautfarbe noch dunkler war als ihre: Es war das purpurne
Schwarz des echten Afrikaners. Sie waren in eine angeregte
Diskussion vertieft und hatten die Köpfe wie Verschwörer
zusammengesteckt.
Holly lief zu ihrem Tisch und blieb neben Eberlys Ellbogen
stehen. Keiner von ihnen nahm Notiz von ihr. Sie setzten das
Gespräch fort und sprachen dabei so leise, dass Holly ihre
Worte über dem Stimmengewirr, das von den kahlen Wänden
der gut besuchten Cafeteria widerhallte, nicht zu verstehen
vermochte.
Sie wartete eine Weile, wobei sie ziemlich ungeduldig
herumzappelte. Dann wurde es ihr zu bunt: »Entschuldigung!
Malcolm, ich unterbreche Sie höchst ungern, aber…«
Eberly schaute ungehalten zu ihr auf; es lag deutliche
Verärgerung in seinem stechenden Blick.
»Es tut mir Leid, Malcolm, aber es ist wichtig.«
Er holte Luft und sagte dann: »Was ist denn so wichtig, dass
Sie mich mitten in einem Gespräch stören?«
»Dr. Cardenas möchte sich uns anschließen!«
»Cardenas?«, fragte Morgenthau.
»Kristin Cardenas«, sagte Holly mit freudigem Grinsen. »Die
Nanotech-Expertin. Sie hat den Nobelpreis gewonnen! Und sie
will mit uns kommen!«
Eberly schien nicht übermäßig erfreut. »Brauchen wir
überhaupt einen Experten in Nanotechnik?«
»Das ist ein gefährliches Feld«, sagte der schwarze Mann mit
einer erstaunlich hohen Tenorstimme. Der Schädel war kahl
rasiert, aber er hatte einen Kinnbart.
»Nanotechnik ist auf der Erde verboten«, pflichtete
Morgenthau ihm bei. »Unheilig«, fügte sie gemurmelt hinzu.
Holly wunderte sich über ihre Zurückhaltung. »Nanotech
könnte wirklich hilfreich für uns sein. Wir könnten zum
Beispiel die meisten Instandhaltungsarbeiten im Habitat von
Nanomaschinen verrichten lassen. Und was die Gesundheit
betrifft, so könnten Nanomaschinen…«
Eberly gebot ihr mit erhobenem Finger, zu schweigen.
»Nanomaschinen sind auf der Erde verboten, weil sie Amok
laufen und alles auf ihrem Weg vernichten könnten.«
»Und alles in Grau verwandeln«, murmelte Morgenthau.
»Aber nur, wenn sie entsprechend programmiert werden«,
erwiderte Holly. »Diese Flachländer auf der Erde haben Angst
davor, dass Terroristen oder Verrückte mit Nanomaschinen
Unheil anrichten.«
Morgenthau schaute sie wütend an, sagte aber nichts.
»Sollten wir uns darüber nicht auch Sorgen machen?«, fragte
Eberly mit sanfter Stimme.
»Wir haben jeden an Bord gründlich überprüft«, sagte Holly.
»Wir haben hier keine gewalttätigen Individuen. Und auch
keine Fanatiker.«
»Wie können wir uns da so sicher sein?« Morgenthau war
offensichtlich nicht überzeugt.
»Bei sachgerechter Anwendung«, sagte der schwarze Mann
nachdenklich und schaute auf Eberly, »könnten
Nanomaschinen durchaus eine große Hilfe für uns sein.«
Eberly schaute ihn für eine Weile an. »Glauben Sie
wirklich?«
»Ja, das glaube ich.«
»Ich frage mich nur, ob Dr. Cardenas bereit wäre, zu unseren
Bedingungen zu arbeiten«, sinnierte Eberly.
»Wir können sie doch fragen und es herausfinden«, sagte
Holly. »Sie ist zurzeit auf Ceres. Wir könnten sie
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