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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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dort abholen,
    wenn wir durch den Gürtel fliegen. Ich habe den Flugplan
    kontrolliert; wir werden im Abstand von einem Tagesflug an
    Ceres vorbeikommen. Sie könnte doch in einem Schiff mit
    Fusionsantrieb zu uns fliegen, kein Problem. Ich könnte meine
    Schwester bitten, einen Flugplan für sie zu erstellen, hundert
    Pro.«
    Eberly strich sich übers Kinn. »Wir haben zwar schon eine
    vollständige Besatzung, aber ich glaube, für jemanden von Dr.
    Cardenas' Kaliber haben wir immer Platz.«
    »Falls Wilmot zustimmt«, sagte Morgenthau.
    »Wilmot«, sagte Eberly fast spöttisch. »Ich treffe die
    Entscheidungen im Personalbereich, nicht Wilmot.«
    »Aber bei einer Sache wie dieser…«
    »Ich werde mich darum kümmern«, insistierte er. An Holly
    gewandt sagte er: »Sagen Sie Dr. Cardenas, dass ich dies gern
    mit ihr persönlich besprechen würde.«
    »Kosmisch!«, platzte Holly heraus.
    Sie wollte sich gerade umdrehen und zum Personalbüro
    zurückgehen, als Eberly sie am Handgelenk festhielt.
    »Oberst Kananga haben Sie noch nicht kennen gelernt, nicht
    wahr?«
    Der schwarze Mann stand auf wie ein zusammengelegtes
    Stativ, das nun ausgeklappt wurde. Er war fast zwei Meter
    groß, einen ganzen Kopf größer als Holly.
    »Unser Sicherheitschef, Oberst Leo Kananga aus Ruanda«,
    sagte Eberly. »Holly Lane aus Selene.«
    Kananga streckte die Hand aus. Holly ergriff sie. Seine
    langen Finger fühlten sich kalt und trocken an. Sein Griff war
    kraftvoll, fast schmerzhaft.
    Kananga lächelte sie an, aber es war keine Wärme darin.
    Eher das Gegenteil. Holly lief es eiskalt den Rücken hinunter.
    Es war wie der Anblick eines Totenkopfes.
    145 Tage nach dem Start
    Als sie die Treppe zum Dachstuhl des Verwaltungsgebäudes
    erklomm, fragte Holly sich, wieso Eberly sie ausgerechnet ins
    Dachgeschoss zitiert hatte. Sie trat durch die Metalltür und
    hielt Ausschau nach ihm. Es war aber niemand außer ihr hier.
    Sie näherte sich der Dachkante bis auf zwei Schritte und
    drehte sich im Kreis. Sie war allein.
    Er ist doch sonst immer so pünktlich, sagte sie sich. Wieso ist
    er denn jetzt nicht hier?
    Dann wurde sie sich bewusst, dass sie über eine Minute zu
    früh dran war, und sie entspannte sich etwas. Er wird schon
    noch kommen, sagte sie sich, pünktlich auf die Sekunde.
    Beim Blick aus dem zweiten Stock sah Holly die anderen
    flachen Gebäude des Dorfes weiß im Sonnenlicht leuchten.
    Der lange Schlitz des Sonnenfensters über ihr war so grell,
    dass sie nur einen kurzen Blick darauf zu werfen vermochte.
    Und selbst dann brannte ihr das Nachglühen noch in den
    Augen.
    Es ist alles in Ordnung, sagte Holly sich. Das Habitat
    funktioniert reibungslos, und jeder tut seine Arbeit, die ihm
    zugewiesen wurde. Vor ein paar Tagen gab es zwar Probleme
    mit einem der Sonnenspiegel, aber die Wartungs-Crew ist in
    Raumanzügen ausgestiegen und hat ihn repariert. Nun drehte
    er sich wieder ordnungsgemäß und sorgte dafür, dass
    Sonnenlicht durch die langen Fenster strömte, während das
    Habitat sich um seine Achse drehte.
    Wir brauchen Sonnenlicht wie die Luft zum Atmen, sagte
    Holly sich. Wo auch immer wir hingehen, wie weit auch
    immer von der Erde wir uns entfernen, menschliche Wesen
    brauchen Sonnenschein. Es ist mehr als schlichte Biologie,
    mehr als das Bedürfnis nach Grünpflanzen am Anfang der
    Nahrungskette. Sonnenlicht macht uns glücklich und vertreibt
    Depressionen. Muss schrecklich sein auf der Erde, wenn es
    bewölkt und stürmisch ist und sie die Sonne tagelang nicht
    sehen. Kein Wunder, dass die Flachländer leicht verrückt sind.
    Sie schaute wieder auf die Uhr. Er wird schon kommen,
    sagte sie sich. Er ist bisher immer pünktlich gewesen. Aber
    wieso hat er mich gerade hierher bestellt? Nur wir beide. Sie
    verspürte einen Anflug nervöser Erregung. Nur wir beide.
    Vielleicht empfindet er das für mich, was ich auch für ihn
    empfinde. Vielleicht nur ein bisschen, aber…
    »Da sind Sie ja schon.«
    Sie wirbelte herum und richtete den Blick auf Eberly, der
    über den rutschsicheren Bodenbelag des Dachbodens langsam
    auf sie zukam. Er ist wirklich stattlich, sagte sie sich. So voller
    Energie. Aber er solle sich besser kleiden, sagte Holly sich
    beim Anblick der labbrigen grauen Hose und des noch
    dunkleren formlosen Gewandes, das ihm eine Nummer oder
    so zu groß um die Schultern hing.
    »Ich wollte mich einmal außerhalb des Büros mit Ihnen
    unterhalten«, sagte er und blieb eine Armlänge von ihr
    entfernt

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