Saturn
Computer schicken. Dann werde ich mit
Urbains Planetenschutz-Team sprechen.«
Gaeta grinste und klopfte Fritz so herzhaft auf die Schulter,
dass der kleine Mann ins Wanken geriet. »Ich wusste doch,
dass Sie es schaffen würden, amigo !Ich wusste es.«
142 Tage nach dem Start
Eberly hatte für über zwei Stunden gelangweilt dagesessen,
während alle sechzehn Abteilungsleiter des Habitats ihre
langen, drögen Wochenberichte herunterleierten. Wilmot hatte
auf diesen wöchentlichen Besprechungen bestanden; Eberly
hielt sie freilich für sinnlos und überflüssig. Es ging Wilmot
doch nur darum, sich wichtig zu machen, sagte er sich.
Es bestand überhaupt keine Veranlassung, zwei bis drei
Stunden in diesem engen Konferenzraum zuzubringen. Jeder
Abteilungsleiter hätte seinen oder ihren Bericht auch
elektronisch an Wilmot zu übermitteln vermocht. Aber nein,
der alte Mann musste am Kopfende des Tisches thronen und
so tun, als ob er wirklich etwas leisten würde.
Für eine Gemeinschaft von zehntausend angeblichen
Störenfrieden war das Habitat eigentlich ganz störungsfrei
zum Saturn unterwegs. Der größte Teil der Population war
noch relativ jung und voller Energie. Eberly hatte mit Hollys
engagierter Hilfe alle wirklichen Unruhestifter aussortiert, die
sich für einen Platz im Habitat beworben hatten. Diejenigen,
die er akzeptiert hatte, waren auf die eine oder andere Art mit
den restriktiven Strukturen der hoch organisierten
Gesellschaften auf der Erde in Konflikt gekommen: Sie waren
unzufrieden mit dem ihnen zugewiesenen Arbeitsplatz,
ärgerten sich über die Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit durch die örtlichen Behörden und
waren auch nicht bereit, den Bescheid einer genetischen
Prüfungskommission bezüglich des Antrags auf die Geburt
eines Kindes zu akzeptieren.
Manche hatten sogar versucht, auf friedlichem Weg eine
Änderung des politischen Systems zu erreichen ‒ jedoch ohne
Erfolg. Also waren sie nun hier im Habitat Goddard, einer von
Menschen erschaffen Welt, in der es reichlich Platz für
Wachstum gab. Sie drehten der Erde den Rücken zu und
waren bereit, auf der lächerlichen Suche nach persönlicher
Freiheit bis zum Saturn zu reisen.
Der Trick ist, sagte Eberly sich, als der Leiter der
Instandhaltung sich über triviale Probleme ausließ, ihnen die
Illusion persönlicher Freiheit zu vermitteln, ohne ihnen diese
Freiheit jedoch zu gewähren. Sie müssen mich als Garanten
der Freiheit und Hoffnungsträger betrachten. Sie müssen mich
als unverzichtbaren Anführer akzeptieren.
Es wird Zeit, diesen Prozess einzuleiten, beschloss er, als der
Chef der INST sich endlich setzte. Sofort.
Zuvor musste er aber noch den Bericht des Sicherheits-
Direktors abwarten. Leo Kananga war eine eindrucksvolle
Gestalt: ein großer, tiefschwarzer Ruander, der darauf bestand,
als ›Oberst‹ tituliert zu werden ‒ sein Rang in der ruandischen
Polizei, bevor er sich freiwillig für die Saturn-Mission
gemeldet hatte. Er hatte den Kopf kahl geschoren und war
ganz in Schwarz gekleidet, wodurch er noch größer wirkte.
Trotz des eindrucksvollen Auftritts hatte er jedoch wenig
Neues zu berichten; es gab keine besonderen Vorkommnisse.
Nur ein paar Rangeleien in der Cafeteria, normalerweise
zwischen jungen Männern, die in einer hormonellen
Aufwallung jungen Frauen imponieren wollten. Und eine
Rauferei bei einem Fußballspiel in einem der Parks.
»Hooligans«, sagte Kananga grimmig. »Manchmal haben wir
sogar den Fall, dass es nach der Übertragung bedeutender
Sportveranstaltungen von der Erde zu Ausschreitungen
kommt.«
»Vielleicht sollten wir solche Übertragungen gar nicht mehr
zulassen«, schlug eine der Frauen vor.
Der Sicherheitschef schaute sie mit einem mitleidigen
Lächeln an. »Das müssen Sie nur versuchen, und es gibt einen
richtigen Aufstand.«
Großer Gott, sagte Eberly sich, sie werden das noch für die
nächste halbe Stunde durchkauen. Und wirklich meldeten sich
nun noch weitere Personen zu Wort. Wilmot saß stumm am
Kopfende des Tisches; er beobachtete, hörte zu und fasste sich
manchmal an den Bart.
Welche von diesen Figuren wird mir gegenüber wohl loyal
sein?, fragte Eberly sich. Und wen werde ich austauschen
müssen? Sein Blick fiel sofort auf Berkowitz, den
übergewichtigen Leiter der Kommunikations-Abteilung. Ich
habe Vyborg seine Stelle versprochen, sagte Eberly sich.
Zumal Berkowitz mir gegenüber nie loyal wäre; wie sollte
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