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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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alle Männer so? Hat es ihm denn überhaupt nichts
    bedeutet? Sie wurde sich bewusst, dass es ihr jedenfalls viel
    bedeutet hatte. Aber da war noch Malcolm. Vielleicht ist es
    auch besser, dass Manny sich eigentlich gar nicht für mich
    interessiert. Er hatte nur ein Abenteuer mit mir, das ist alles.
    Ich sollte es nicht so ernst nehmen. Aber er war so…
    Sie spürte, dass sie den Tränen nahe war.
    Vielleicht sollte ich mit Don Diego darüber sprechen, sagte
    sie sich. Dann schüttelte sie den Kopf. Damit kann ich ihm
    doch nicht kommen. Ich würde dastehen wie ein dummes
    Schulmädchen oder noch schlimmer. Aber ich muss mit
    jemandem darüber sprechen. Ich brauche einen Freund, und
    er ist der einzige wahre Freund, den ich habe.
    Kananga lauschte Vyborg, ohne ein Wort zu sagen, ohne ein
    Kopfnicken oder eine sonstige Geste ‒ und er schien nicht
    einmal zu blinzeln. Er ging im trüben Abendlicht neben
    Vyborg her, sein kahl geschorener Schädel glänzte im Schein
    der Lampen am Wegesrand, und hörte so konzentriert zu,
    dass Vyborg sich schon fragte, ob der Mann vielleicht die
    Sprache verloren hätte.
    »Was glauben Sie, was wir in dieser Sache tun können?«,
    fragte Vyborg schließlich.
    »Wieso kommen Sie mit diesem Problem überhaupt zu
    mir?«, fragte Kananga seinerseits.
    Vyborg schaute ihn finster an. »Weil Sie ein Mann der Tat
    sind. Weil Sie ohne mich nicht an Bord dieses Habitats wären.
    Ich habe die Friedenstruppe davon überzeugt, Sie auswandern
    zu lassen. Sonst hätte man Sie wegen Genozids vor Gericht
    gestellt.«
    Kanangas dunkles Gesicht blieb unbewegt. Aber die alte Wut
    wallte wieder in ihm auf. Genozid! Die Hutus haben uns zu
    Tausenden abgeschlachtet, und niemand hat auch nur einen
    Finger gerührt. Und als wir dann die Macht ergriffen und es
    den Hutu mit gleicher Münze heimzahlten, kamen die
    Friedenstruppen mit ihren Satelliten-Kameras und Laser-
    Waffen. Sie haben uns verhaftet und vors Internationale
    Kriegsverbrechertribunal gestellt.
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Vyborg ‒ in Verkennung der
    Wut in Kanangas Augen ‒ in einem etwas moderateren Ton.
    »Niemand sonst vermag das für mich zu tun. Helfen Sie mir,
    diesen alten Mann loszuwerden. Bitte.«
    Der große, schlanke Ruander holte tief Luft. »Da gäbe es aber
    ein Problem«, sagte er und wies auf einen der Laternenpfähle,
    die den Weg säumten, auf dem sie gingen.
    Vyborg begriff sofort. »Die Kameras.«
    Kananga nickte bedächtig. »Morgenthau hat sogar Kameras
    in den Apartments installieren lassen.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Wenn wir aber etwas in seinem Apartment unternehmen,
    bin ich sicher, dass wir Morgenthau dazu bewegen könnten,
    das Video zurückzuhalten.«
    »Dann könnten wir ihn also unauffällig im Apartment um
    die Ecke bringen«, sagte Vyborg hoffnungsvoll.
    »Aber was sollen wir hinterher mit der Leiche machen?«
    Kananga legte eine kaum wahrnehmbare Betonung auf das
    Wort ›wir‹, aber Vyborg hörte es dennoch und zog die
    richtigen Schlüsse daraus.
    »Es muss wie ein Unfall aussehen. Oder wie ein natürlicher
    Tod. Er ist schließlich ein alter Mann.«
    »In einer ausgezeichneten gesundheitlichen Verfassung. Ich
    habe seine Krankenakte überprüft.«
    »Menschen sterben trotzdem«, blaffte Vyborg.
    »Ja, vor allem, wenn sie Sterbehilfe bekommen«, sagte
    Kananga mit einem heiseren Kichern.
    »Wollen Sie mir nun helfen oder nicht?«, fragte Vyborg, der
    zunehmend ungehalten wurde.
    Kananga schwieg für eine so lange Zeit, dass Vyborg schon
    mit einer Ablehnung rechnete. Schließlich sagte er jedoch: »Es
    gibt keine Überwachungskameras unten in den Kanälen, wo er
    so viel Zeit verbringt, nicht wahr?«
    Das stimmt, sagte Vyborg sich.
    328 Tage bis zur Ankunft
    Alle Abteilungsleiter hatten sich um den ovalen
    Konferenztisch versammelt. Wilmot saß an einer Seite in der
    Mitte, flankiert von Urbain und der rundgesichtigen
    dunkelhaarigen Andrea Maronella, der Leiterin der Agro-
    Gruppe. Eberly, der Wilmot genau gegenübersaß, betrachtete
    die Frau nach wie vor als ›Landpomeranze‹.
    Einer nach dem andern referierten die Abteilungsleiter eine
    Kurzfassung der Wochenberichte. Eberly war schier zu Tode
    gelangweilt. Wieso zeichnet Wilmot nicht eine dieser
    Besprechungen auf und spielt sie jede Woche wieder ab?,
    fragte er sich. Damit würden wir alle ein paar Stunden Zeit
    sparen, und im Ergebnis käme es fast aufs Gleiche 'raus.
    »Das war's dann wohl«, sagte Wilmot, nachdem der letzte
    Redner

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