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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Kommunikations-
    Abteilung befassen musste. Dann war er gegangen und hatte
    sich in sein Apartment zurückgezogen. Über die Kameras auf
    dem Dach des Verwaltungsgebäudes sah Vyborg Romero den
    Weg zum Apartmentgebäude entlanggehen. Er ging langsam,
    als ob er alle Zeit dieser Welt hätte. Nach ein paar Minuten
    kam er wieder zum Vorschein. Er war nun mit einem alten,
    verschlissenen Arbeitsanzug bekleidet und steuerte auf den
    Wald jenseits des Dorfs zu ‒ auch wie gehabt.
    Den Zugang zu den Kameras in Romeros Apartment hatte
    Morgenthau ihm jedoch verwehrt.
    »Das sind sensitive Daten«, hatte sie gesagt. »Nur mir und
    einem sehr kleinen Kader eingeschworener Gläubiger ist es
    gestattet, diese Aufzeichnungen zu sehen. Außerdem«, sagte
    sie mit einem spöttischen Lächeln, »wollen wir doch
    niemandes Privatsphäre verletzen, oder?«
    Also musste der frustrierte Vyborg sich über die
    Außenkameras ein Bild machen.
    Ungeduldig schaltete er von einer Kamera zur andem und
    behielt Romero im holografischen Blick, bis der alte Mann auf
    der zum Bewässerungskanal hin abfallenden Böschung
    verschwand. Es gab dort keine Kameras. Vyborg wusste aber,
    dass er allein dort draußen war ‒ außer dieser jungen Frau aus
    Morgenthaus Abteilung, die ihm hin und wieder zur Hand
    ging. Ich werde Morgenthau veranlassen, sie an dem Tag zu
    beschäftigen, wenn ich zuschlage. Das sollte ein Leichtes sein.
    Aber wie soll ich den alten Mann beseitigen? Es muss wie ein
    Unfall aussehen.
    Vyborg löschte den Bildschirm. Dann schloss er die Augen
    und sann über das Problem nach. Kananga, sagte er sich.
    Kananga wird wissen, was zu tun ist. Dieser Auftrag wird ihm
    bestimmt Spaß machen.
    Eberly schaute wie ein Kunstliebhaber, der einen Rembrandt
    bewundert, auf das über dem Schreibtisch schwebende
    Dokument.
    Sie ist perfekt, sagte er sich und lehnte sich zurück. Eine
    Verfassung, gegen die unmöglich jemand zu stimmen
    vermochte. Jede hochgestochene Floskel aus der Geschichte,
    die von der Freiheit des Menschen kündete, war im Dokument
    enthalten. Und diese winzige Klausel, die tief im ganzen
    verbalen Dickicht versteckt war und es der Regierung
    erlaubte, alle Bürgerrechte für die Dauer eines Notstands
    außer Kraft zu setzen.
    Es wird Zeit, sie den Leuten zu präsentieren. Sollen sie die
    Feinheiten erörtern und den Wortlaut Paragraph für
    Paragraph, Satz für Satz, zerpflücken. Sollen sie die nächsten
    Monate damit zubringen, das Dokument auseinander zu
    nehmen und wieder zusammen zu setzen. Sollen sie ausgiebig
    diskutieren und sich die Köpfe heiß reden. Am Ende werden
    sie sich auf etwas einigen, das dieser Vorlage sehr nahe
    kommt. Und ich werde dafür sorgen, dass die
    Notstandsklausel unverändert übernommen wird.
    Er faltete andächtig die Hände und führte sie an die Lippen.
    Da wird Morgenthau sich aber freuen. Ich werde den
    uneingeschränkten Rückhalt der Neuen Moralität, der
    Heiligen Jünger und aller anderen Gläubigen genießen, die in
    der Bevölkerung verstreut sind. Sie werden für diese
    Verfassung stimmen. Sie werden einen massiven
    Stimmenblock bilden, auf den ich zählen kann. Falls
    überhaupt, werden sie den Text noch restriktiver fassen
    wollen, als er ohnehin schon ist. Ich vermag mir jetzt schon
    vorzustellen, wie Wilmot, Urbain und der Rest der
    Wissenschaftler sich mit den Gläubigen in die Haare kriegen!
    Das wird bestimmt lustig. Das Unterhaltungsprogramm für
    die nächsten Wochen steht schon fest.
    Wenn die Verfassung dann in Kraft getreten ist, wird auch
    die Zeit kommen, die neuen Führer des Habitats zu wählen.
    Nein, Führer im Plural ist falsch. Es kann hier nur einen
    Führer geben, und der bin ich.
    Und wenn ich gewählt worden bin, werde ich erst einmal
    eine Säuberungsaktion durchführen. Dann werden alte
    Rechnungen beglichen, und ich sorge dafür, dass Morgenthau
    und diese Spinner von der Neuen Moralität vor mir im Staub
    kriechen.
    Während sie zum Büro zurückging, wusste Holly nicht, ob sie
    Enttäuschung oder Erleichterung verspürte. Sie verspürte
    beides. Und sie war verwirrt.
    Das Essen mit Manny war angenehm, sogar vergnüglich
    gewesen. Er hat auch nicht gefragt, ob wir zu mir gehen
    wollten. Wieso eigentlich nicht?, fragte sie sich. Er war
    warmherzig und freundlich, aber es schien, ais ob ihr
    kürzliches intimes Zusammensein nie stattgefunden hätte. Als
    ob er an Gedächtnisschwund oder so etwas litte. Einfach aus
    seinem Speicher gelöscht.
    Sind

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