Saturn
Kommunikations-
Abteilung befassen musste. Dann war er gegangen und hatte
sich in sein Apartment zurückgezogen. Über die Kameras auf
dem Dach des Verwaltungsgebäudes sah Vyborg Romero den
Weg zum Apartmentgebäude entlanggehen. Er ging langsam,
als ob er alle Zeit dieser Welt hätte. Nach ein paar Minuten
kam er wieder zum Vorschein. Er war nun mit einem alten,
verschlissenen Arbeitsanzug bekleidet und steuerte auf den
Wald jenseits des Dorfs zu ‒ auch wie gehabt.
Den Zugang zu den Kameras in Romeros Apartment hatte
Morgenthau ihm jedoch verwehrt.
»Das sind sensitive Daten«, hatte sie gesagt. »Nur mir und
einem sehr kleinen Kader eingeschworener Gläubiger ist es
gestattet, diese Aufzeichnungen zu sehen. Außerdem«, sagte
sie mit einem spöttischen Lächeln, »wollen wir doch
niemandes Privatsphäre verletzen, oder?«
Also musste der frustrierte Vyborg sich über die
Außenkameras ein Bild machen.
Ungeduldig schaltete er von einer Kamera zur andem und
behielt Romero im holografischen Blick, bis der alte Mann auf
der zum Bewässerungskanal hin abfallenden Böschung
verschwand. Es gab dort keine Kameras. Vyborg wusste aber,
dass er allein dort draußen war ‒ außer dieser jungen Frau aus
Morgenthaus Abteilung, die ihm hin und wieder zur Hand
ging. Ich werde Morgenthau veranlassen, sie an dem Tag zu
beschäftigen, wenn ich zuschlage. Das sollte ein Leichtes sein.
Aber wie soll ich den alten Mann beseitigen? Es muss wie ein
Unfall aussehen.
Vyborg löschte den Bildschirm. Dann schloss er die Augen
und sann über das Problem nach. Kananga, sagte er sich.
Kananga wird wissen, was zu tun ist. Dieser Auftrag wird ihm
bestimmt Spaß machen.
Eberly schaute wie ein Kunstliebhaber, der einen Rembrandt
bewundert, auf das über dem Schreibtisch schwebende
Dokument.
Sie ist perfekt, sagte er sich und lehnte sich zurück. Eine
Verfassung, gegen die unmöglich jemand zu stimmen
vermochte. Jede hochgestochene Floskel aus der Geschichte,
die von der Freiheit des Menschen kündete, war im Dokument
enthalten. Und diese winzige Klausel, die tief im ganzen
verbalen Dickicht versteckt war und es der Regierung
erlaubte, alle Bürgerrechte für die Dauer eines Notstands
außer Kraft zu setzen.
Es wird Zeit, sie den Leuten zu präsentieren. Sollen sie die
Feinheiten erörtern und den Wortlaut Paragraph für
Paragraph, Satz für Satz, zerpflücken. Sollen sie die nächsten
Monate damit zubringen, das Dokument auseinander zu
nehmen und wieder zusammen zu setzen. Sollen sie ausgiebig
diskutieren und sich die Köpfe heiß reden. Am Ende werden
sie sich auf etwas einigen, das dieser Vorlage sehr nahe
kommt. Und ich werde dafür sorgen, dass die
Notstandsklausel unverändert übernommen wird.
Er faltete andächtig die Hände und führte sie an die Lippen.
Da wird Morgenthau sich aber freuen. Ich werde den
uneingeschränkten Rückhalt der Neuen Moralität, der
Heiligen Jünger und aller anderen Gläubigen genießen, die in
der Bevölkerung verstreut sind. Sie werden für diese
Verfassung stimmen. Sie werden einen massiven
Stimmenblock bilden, auf den ich zählen kann. Falls
überhaupt, werden sie den Text noch restriktiver fassen
wollen, als er ohnehin schon ist. Ich vermag mir jetzt schon
vorzustellen, wie Wilmot, Urbain und der Rest der
Wissenschaftler sich mit den Gläubigen in die Haare kriegen!
Das wird bestimmt lustig. Das Unterhaltungsprogramm für
die nächsten Wochen steht schon fest.
Wenn die Verfassung dann in Kraft getreten ist, wird auch
die Zeit kommen, die neuen Führer des Habitats zu wählen.
Nein, Führer im Plural ist falsch. Es kann hier nur einen
Führer geben, und der bin ich.
Und wenn ich gewählt worden bin, werde ich erst einmal
eine Säuberungsaktion durchführen. Dann werden alte
Rechnungen beglichen, und ich sorge dafür, dass Morgenthau
und diese Spinner von der Neuen Moralität vor mir im Staub
kriechen.
Während sie zum Büro zurückging, wusste Holly nicht, ob sie
Enttäuschung oder Erleichterung verspürte. Sie verspürte
beides. Und sie war verwirrt.
Das Essen mit Manny war angenehm, sogar vergnüglich
gewesen. Er hat auch nicht gefragt, ob wir zu mir gehen
wollten. Wieso eigentlich nicht?, fragte sie sich. Er war
warmherzig und freundlich, aber es schien, ais ob ihr
kürzliches intimes Zusammensein nie stattgefunden hätte. Als
ob er an Gedächtnisschwund oder so etwas litte. Einfach aus
seinem Speicher gelöscht.
Sind
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