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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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›Planetenwissenschaft‹ saß
    angespannt hinterm Schreibtisch, als sei er eine Barrikade
    gegen anstürmende Revolutionäre. Und dabei wollte
    Wunderly doch nur ein wenig Hilfe.
    »Das Hauptteleskop ist komplett für die Beobachtung des
    Titan reserviert«, fuhr Urbain fort, als verkündete er ein
    Todesurteil. »Dies ist eine Gelegenheit, die wir unbedingt
    nutzen müssen.«
    »Aber die Ringe sind doch…«
    »Zweitrangig«, sagte Urbain.
    »Ich wollte eigentlich ›einzigartig‹ sagen«, ergänzte
    Wunderly ihren Satz.
    »Das gilt auch für die Lebensformen auf Titan.«
    Sie fragte sich, wie sie ihn wohl überzeugen könnte. »Ich
    brauchte gar nicht viel Zeit am Teleskop. Nur eine Stunde
    oder so täglich, um…«
    »Eine Stunde?« Urbain wirkte geschockt; ihm sträubten sich
    schier die sorgfältig gestutzten, dunklen Barthaare.
    »Unmöglich.«
    »Aber wir sollten die Zeit während des Anflugs auf den
    Planeten nutzen, um Langzeit-Studien zur Ringdynamik
    durchzuführen. Es wäre ein sträfliches Versäumnis, das nicht
    zu tun.«
    Urbain strich sich nervös übers pomadig zurückgekämmte
    Haar und sagte: »Dr. Wunderly, dieses Habitat wird für viele
    Jahre im Orbit um den Saturn stehen. Im Grunde für immer.
    Sie werden noch reichlich Gelegenheit haben, die Dynamik
    Ihrer Ringe zu studieren.«
    Er sprach diese letzten Worte fast spöttisch aus. Wunderly
    wusste, dass die anderen Wissenschaftler sie hinter ihrem
    Rücken als ›Herrin der Ringe‹ bezeichneten.
    Sie zog die Trumpfkarte. »Ich dachte, wenn wir die Ringe
    während des mehrmonatigen Anflugs studieren und eine
    synoptische Studie erstellen ‒ eine gründliche ‒, könnten wir
    die Ergebnisse veröffentlichen, bevor wir in eine Umlaufbahn
    um den Saturn gehen und bevor die Universitäts-Teams
    herkommen, um unsere Forschungsarbeit zu übernehmen.
    Wobei Sie natürlich namentlich als Forschungsleiter erwähnt
    würden.«
    Doch anstatt nach dem Köder zu schnappen, den sie ihm
    hinhielt, versteifte Urbain sich nur noch mehr bei der
    Erwähnung der Universitäts-Teams, die ihn überflüssig
    machen würden.
    »Jede Ressource, die mir zur Verfügung steht«, sagte er
    sichtlich zitternd, mit aschfahlem Gesicht und mit leiser, harter
    Stimme, »wird für das Studium des Titan verwendet. Alle
    Mitarbeiter meines Stabs machen Überstunden und arbeiten
    Tag und Nacht, um die Rover fertig zu stellen, die wir auf die
    Oberfläche hinunterschicken werden. Dieser Mond trägt
    Leben! Einzigartige Lebensformen. Sie sind die einzige
    Mitarbeiterin meines Stabs, die nicht an Titan arbeitet ‒ Sie
    und Ihre wertvollen Ringe! Sie dürfen sie in Ruhe studieren.
    Geben Sie sich damit zufrieden und behelligen Sie mich nie
    wieder mit Forderungen, die ich nicht erfüllen kann.«
    Wunderly war sich der kaum verhohlenen Drohung
    bewusst. Ich soll ihn in Ruhe lassen, oder er vergattert mich
    zur Arbeit an Titan wie alle anderen.
    Sie stand schwerfällig auf. Sie fühlte sich besiegt, leer und
    hilflos. Und zornig. Der Mann ist vollkommen auf den
    übermächtigen Titan fixiert, grämte sie sich, als sie Urbains
    Büro verließ. Er ist so engstirnig, dass er mit beiden Augen
    durch ein Schlüsselloch gucken könnte.
    Exakt um 17:00 Uhr klopfte Gaeta einmal an den Rahmen von
    Hollys offener Tür und betrat ihr Büro.
    »Schluss für heute«, verkündete er. »Komm mit, ich will dir
    etwas zeigen.«
    Trotz des inneren Aufruhrs lachte Holly und sagte dem
    Computer, dass sie Feierabend machte. Die holografische
    Abbildung blinkte einmal und erlosch.
    »Worum geht's denn?«, fragte Holly, während sie sich von
    ihm aus dem Gebäude führen ließ.
    »Ich sagte mir, du würdest vielleicht gern mal einen Blick auf
    unseren Bestimmungsort werfen«, sagte Gaeta.
    »Saturn?«
    »Ja. Man erkennt ihn mittlerweile mit dem bloßen Auge als
    Scheibe.«
    »Wirklich?«
    Er lachte. »Dachte ich's mir doch. Du hast ihn noch nicht
    gesehen, stimmt's?«
    »Seit einiger Zeit schon nicht mehr«, sagte Holly.
    Er hatte schon zwei Elektrofahrräder vor dem Gebäude
    bereitgestellt. Holly folgte ihm, und sie fuhren den
    verschlungenen Pfad durch den Park entlang, durch den
    Obstgarten und das Ackerland in Richtung des Endstücks. Sie
    stellten die Fahrräder im Ständer am Ende des Weges ab und
    beschritten dann einen schmalen Fußweg, der zwischen
    blühenden Büschen und ein paar Bäumen aufwärts führte.
    »Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen«, murmelte
    Gaeta.
    »Woran?«
    »An die

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