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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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schrieb ich, dass ich zu meiner großen Überraschung
    festgestellt hätte, dass der Saturn ein Dreierkörper sei: Das heißt, er ist ein
    Verbund aus drei Sternen, die in einer geraden Linie parallel zur Ekliptik
    angeordnet sind, wobei das Zentralgestirn viel größer ist als die anderen.
    Ich hielt sie zunächst für reglos, denn als ich sie zum ersten Mal sah,
    schienen sie sich fast zu berühren, und so verharrten sie auch für fast zwei
    Jahre ohne die geringste Veränderung. Es bestand deshalb Grund zu der
    Annahme, dass sie in Bezug zueinander starr seien, denn selbst eine
    einzige Bogensekunde (eine Bewegung, die unvergleichlich kleiner ist als
    selbst die in den größten Umlaufbahnen) hätte sich in dieser Zeit
    bemerkbar gemacht, indem diese Sterne sich entweder getrennt hätten oder
    ganz zusammengeführt worden wären. Deshalb stellte ich die Beobachtung
    des Saturn für über zwei Jahre ein. In den letzten Tagen nahm ich sie
    jedoch wieder auf und stellte fest, dass der Saturn allein war ‒ ohne die
    gewohnten flankierenden Sterne und so kugelrund und klar umrissen wie
    der Jupiter. Wie soll man diese seltsame Wandlung nun erklären? Dass die
    beiden kleineren Sterne verzehrt worden sind, in der Art von
    Sonnenflecken? Hat der Saturn seine Kinder verschlungen? Oder war es
    doch nur eine Illusion und ein Streich, den die Linsen meiner Teleskope
    mir die ganze Zeit gespielt hatten ‒ und nicht nur mir, sondern auch
    vielen anderen, die den Saturn mit mir beobachtet haben? Vielleicht ist der
    Tag gekommen, an dem wieder ein Funke Hoffnung in jenen aufflackert,
    die von den Tatsachen geleitet werden, nachdem sie all meine
    Beobachtungen als Luftschlösser entlarvt und ad absurdum geführt haben!
    GALILEO GALILEI
    Briefe über Sonnenflecken • Dezember 1612
    Eine Vision vom Saturn
    Manny Gaetas verwittertes Gesicht erschien auf Hollys
    Computerbildschirm.
    »Hi«, sagte er grinsend. »Wann lässt du denn den Griffel
    fallen?«
    Er rief sie einmal wöchentlich an ‒ so pünktlich, als ob er es
    auf dem Kalender angekreuzt hätte. Holly nahm seine Anrufe
    aber nicht entgegen. Sie hatte keine Lust, ihr Leben zu
    komplizieren. Seit Don Diegos Tod hatte Holly sich in die
    Arbeit gestürzt, die Namensgebungs-Wettbewerbe
    vorangetrieben und das Büro trotz Morgenthaus absoluter
    Pflichtvergessenheit am Laufen gehalten. Nachts zerbrach sie
    sich den Kopf über Don Diego, ging immer wieder den
    Autopsiebericht durch und ließ vorm geistigen Auge jedes
    Detail der Szene im Graben Revue passieren, als sie die Leiche
    des alten Manns gefunden hatte. Holly war davon überzeugt,
    dass es sich nicht um einen Unfall handelte. Ein Unfall war
    ausgeschlossen. Es gibt keinerlei Anzeichen für ein
    körperliches Trauma: Sein Herz war gesund, er hatte keinen
    Schlaganfall, und er hatte nicht einmal eine Beule am Kopf
    oder eine Quetschung am Körper. Aber er war ertrunken.
    Wie? Weshalb?
    Sie traf sich kaum noch mit anderen Leuten, außer hin und
    wieder mit Kris Cardenas. Sie aßen alle paar Tage zu Mittag.
    Holly bat Kris, Don Diegos Krankenakte noch einmal
    gemeinsam durchzugehen. Cardenas überprüfte sie und sagte
    Holly dann, dass sie nichts Verdächtiges finden könne.
    »Sie müssen sich damit abfinden, dass Menschen sterben,
    Holly«, sagte Cardenas ihr beim Mittagessen in der gut
    besuchten Cafeteria. »Es geschieht zwar nicht oft, aber es
    kommt vor. Die Menschen sind eben sterblich.«
    »Es ergibt aber keinen Sinn«, widersprach Holly.
    »Geben Sie es auf, Holly«, sagte Cardenas sanft. »Er war ein
    liebenswürdiger alter Mann, aber nun ist er tot, und Sie
    werden ihn auch nicht wieder lebendig machen.«
    »Jemand hat ihn getötet.«
    Cardenas machte große Augen. »Mord?«
    Holly nickte. Sie wusste, dass sie sich unsterblich blamierte,
    aber sie konnte einfach nicht anders.
    »Ich glaube, Sie müssen sich das aus dem Kopf schlagen,
    Kindchen«, sagte Cardenas. »Sonst werden Sie noch… nun, Sie
    werden sonst noch paranoid.«
    »Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er mal eben so die
    Böschung hinuntergegangen ist, den Kopf ins Wasser getaucht
    hat und dabei ertrunken ist.«
    »Vergessen Sie es, Holly. Sie vergeuden damit nur Ihre Zeit
    und Energie. Gehen Sie mal aus und machen sich einen
    schönen Abend. Machen Sie sich davon frei und denken mal
    wieder an sich.«
    Holly sah, dass Cardenas es ernst meinte. »Mama Kris«,
    murmelte sie. Und lächelte.
    »Es muss doch viele junge Männer geben, die sich

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