Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi
gemacht. Wir stimmen ab.«
Die Kommission hatte die Linienführung des Fahrradwegs durch das Seefeldquartier diskutiert. Auf der mehrspurigen, dicht befahrenen Bellerivestraße kam ein Radweg nicht infrage. Es musste also entweder in der Dufourstraße oder der Seefeldstraße eine Lösung gefunden werden. Einfach war es nicht. Die Fläche, die zur Verfügung stand, war gegeben, Fußgänger, Autos, Räder mussten irgendwie aneinander vorbeikommen. Peter Spälti vom Raumplanungsamt hatte anhand von Skizzen erläutert, welche Varianten möglich waren. In der Seefeldstraße war der Platz auch wegen der Tramgleise eng. Besser sah es in der Dufourstraße aus. Aber die zweispurige Straße war nicht besonders breit, das Trottoir auch nicht, links und rechts hatte es, vor allem im oberen Teil, Restaurants, Geschäfte und Firmensitze. Der Zankapfel waren die Parkplätze. Würde man die aufheben, wäre Platz für einen Veloweg. Valerie Gut erklärte, wie wichtig es sei, in diesem langgezogenen Wohnviertel, in dem viele Familie lebten, eine durchgehende, sichere Radwegverbindung zu schaffen. Ruth Noser von der SP und der Grüne Simon Hefti plädierten für die Streichung der Parkplätze. Die Freisinnige Nora Beglinger und der SVP-Vertreter Heinrich Leuzinger, ein Gewerbler, waren strikt dagegen. Man müsse auch an die Restaurantbesitzer und Ladeninhaber in der Umgebung denken. Aber mit der Stimme der Präsidentin würde der Radweg siegen. Sie hatte sich in der Diskussion zurückgehalten, ihre Aufgabe war es, die Diskussion zu strukturieren und zu leiten, aber es war bekannt, dass die CVP in dieser Debatte eine fahrradfreundliche Haltung einnahm.
»Wer ist für die Aufhebung der Parkplätze zugunsten des Velowegs?«
Zwei Stimmen.
Valerie und Lina sahen sich über den Tisch hinweg überrascht an.
»Gegenstimmen?«
Drei Stimmen.
Angela Legler hatte dagegen gestimmt.
Ruth Noser und Simon Hefti warfen der Präsidentin befremdete Blicke zu und flüsterten miteinander. Heinrich Leuzinger strahlte.
»Wir werden bei der Verkehrskommission also beantragen, die Parkplätze in der Dufourstraße nicht aufzuheben. Für einen Fahrradweg muss eine andere Lösung gesucht werden«, erklärte Angela Legler ungerührt.
Valerie runzelte die Stirn. Es gab keine andere Lösung, das wusste Legler doch haargenau. Die Kommission hatte sich lange genug mit diesem Problem herumgeschlagen.
»Die Sitzung ist aufgehoben.«
Peter Spälti packte seine Unterlagen zusammen. Simon Hefti redete auf ihn ein. Spälti zuckte die Schultern. Es war nicht Aufgabe der Verwaltung, die Entscheide einer politischen Kommission zu kommentieren. Ruth Noser wandte sich an Nora Beglinger.
»Das kann ja wohl nicht das letzte Wort in dieser Sache gewesen sein, Nora«, drängte sie. »In eurer Fraktion gibts doch auch Leute, die einsehen, dass es ein durchgehendes Velowegnetz braucht in dieser Stadt.«
»Sicher, aber ihr von der Linken denkt einfach nie ans Gewerbe«, konterte diese. »Eure Klientel braucht auch Arbeitsplätze.«
Heinrich Leuzinger winkte Legler fröhlich zu und verließ das Sitzungszimmer.
Lina packte ihre Sachen, ging rasch zu ihr, legte ihr Mäppchen auf den Tisch und zog den Protokollauszug hervor.
»Hier besteht eine Unklarheit«, meinte sie und deutete auf die beiden Textpassagen. Angela wirkte nervös. Klar, sie wusste, dass von der CVP-Vertreterin ein anderer Entscheid erwartet worden war. Sie bemerkte, dass Ruth Noser darauf wartete, mit ihr zu reden, nahm Lina ungeduldig das Blatt aus der Hand, ohne genau zuzuhören, und überflog es.
»Ja, ja, schreiben Sie das so, wie es hier oben steht, das ist schon richtig«, sagte sie kurzangebunden und schob das Papier zurück in die Mappe. Lina sah auf. Valerie gab ihr ein Zeichen, sie würde drau ß en auf sie warten. Ruth Noser räusperte sich. Angela Legler schob Lina ihr Mäppchen zu und ergriff ihr eigenes. Offenbar hatte sie wirklich etwas von ihrer Kaltschnäuzigkeit verloren, das waren wohl die Nachwirkungen vom Samstag. Sie wandte sich ihrer Kollegin zu.
Noser galt im Rat als integrative Person, die stets das persönliche Gespräch suchte und die Fronten durch Kompromissvorschläge aufzuweichen versuchte. Es gab in jeder Partei einige, die Extrempositionen besetzten, polarisierten, die Fronten markierten. Dann gab es andere, die als Go-Betweens vermittelten, den Konsens suchten, die über die Burggräben hinweg zähe Kleinarbeit leisteten, um Einigungen hinzukriegen. Ruth Noser
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